Den österlichen Mehrwert im Blick. Группа авторов

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mich stets getragen: Vertrauen auf die Vorsehung Gottes, aber auch Vertrauen in die Lenkung dieses Lebens durch die Kirche.

       Vertrauen bestimmte die Tätigkeit in der Seelsorge

      Von 1954 bis 1959 habe ich als Kaplan, von 1965 bis 1967 als Pfarrer im Jurisdiktionsbezirk Görlitz wirken dürfen. Im Rückblick auf diese Zeit bin ich noch immer darüber erstaunt, welche Verantwortung uns Seelsorgern übertragen wurde und welches Vertrauen uns entgegengebracht worden ist. Misstrauen oder Kontrolle erlebten wir nicht.

      Die hl. Messe feierten wir in der brandenburgischen Diaspora auf Außenstationen, z.T. in den Klassenzimmern der kommunistischen Schulen, mit dem Anblick großer Fotos von Stalin und Ulbricht. Selbst ein Versehgang in das streng abgeschirmte NVA-Lazarett in Bad Saarow war möglich und für mich bis heute unvergessen, weil im Allgemeinen in diesem Umfeld die Spendung der hl. Sakramente undenkbar war.

      Noch im Jahre 1957 hielt ich in Görlitz am Nachmittag Religionsunterricht in einem Klassenzimmer einer staatlichen Schule. Keiner unserer Vorgesetzten hätte uns Priester einer Kumpanei mit Vertretern des Staates verdächtigt: Diese unsere Oberen waren der bald zum Bischof ernannte Kapitelsvikar Piontek, sowie die Ordinariatsräte Theissing und Schaffran. Beide wurden ebenfalls später zu Bischöfen geweiht.

      In der Stadt Görlitz gab es damals drei Kapläne. Wie veranstalteten im Katechetenseminar fröhliche Abende mit Tanz für die Jugend unserer drei Pfarreien, ohne jemals die dazu erforderliche staatliche Genehmigung einzuholen. Natürlich wussten wir, dass die gesamte Seelsorge, insbesondere die Jugendarbeit, von der Staatssicherheit scharf observiert wurde. Kein Bischof hat gegen unsere Arbeit jemals Bedenken geäußert. Ähnliches galt u.a. auch für große Treffen der Kolpingsvereine.

      Zu den unvergessenen Erinnerungen gehören auch Abende oder Nächte, in denen bei uns zwei Kaplänen von Heilig Kreuz polnische Flüchtlinge vor der Tür standen. Sie waren durch die nahe gelegene Neiße geschwommen und baten um Hilfe, um Westberlin erreichen zu können. War der betreffende Flüchtling glaubwürdig, handelte es sich vielleicht um eine Falle? Wir Kapläne haben in etwa fünf Fällen geholfen und waren glücklich, wenn eine Karte mit unverfänglichem Text aus Westberlin das Gelingen der Flucht bestätigte.

      In meiner Zeit als Pfarrer zwischen 1965 und 1967 beauftragte mich mein Bischof mit der Bildungsarbeit und der Akademikerseelsorge im Diözesanbezirk. Die Bildungsarbeit befasste sich hauptsächlich mit der Glaubenslehre unserer Kirche. Sie fand statt für die Pfarreien in Görlitz und Cottbus und für die Pfarrei Senftenberg und die Pfarrei Hoyerswerda. Sie wurde angeboten jeweils monatlich im Winterhalbjahr, unter in Kaufnahme von z.T. schwierigen Straßenverhältnissen. Die Aufgeschlossenheit unserer Gläubigen war in Senftenberg und Hoyerswerda, also in der tiefsten Diaspora, am größten. Dort hatte ich jeweils etwa 50 Zuhörer.

      Über Vertrauen zwischen Bischöfen und Seelsorgern wurde nie gesprochen, es war selbstverständliche Grundlage unserer Beziehungen. Das gegenseitige Vertrauen wurde gelebt.

       Das Vertrauen der Bischöfe in unsere wissenschaftliche Arbeit

      Im Jahr 1967 durfte ich meine Lehrtätigkeit am Philosophisch-Theologischen-Studium Erfurt beginnen. Ich habe niemals erlebt, dass einer unserer Bischöfe unsere Arbeit als Lehrer für Philosophie und Theologie mit Misstrauen betrachtet hätte. Das Gleiche gilt für die Herausgabe unserer Theologischen Studien, unserer Theologischen Schriften, unseres Theologischen Jahrbuches und für die Herausgabe der exegetischen und pastoralen Schriftenreihen. Oft ergaben sich unermessliche Schwierigkeiten für die Drucklegung zwischen Verlag und staatlicher Zensur (Hübner 2010, 294–304). Das Vertrauen der Bischofskonferenz war so groß, dass sie die Erteilung des „Nihil obstat“ in die Verantwortung der Mitglieder unseres Professorenkollegiums legte.

      Ich kann mich nicht daran erinnern, dass auch nur einer der von uns Professoren für einen Lehrstuhl vorgeschlagenen Kandidaten von der Bischofskonferenz abgelehnt worden ist. Sie entsandte Mitglieder unserer Konferenz zum Zweiten Vatikanischen Konzil und in die bis heute bedeutsame „Internationale Theologenkommission“, ebenso in zahlreiche wichtige philosophische und theologische Gremien, Konferenzen und Arbeitskreise. Besonders – für unseren damaligen gesellschaftlichen Kontext – der Erinnerung wert erscheint mir im Rückblick die Arbeit, die meine Kollegen vor allem in der Ökumene und in der Pastoral geleistet haben. Wir durften ferner viele der anerkanntesten deutschsprachigen Theologen – auf dem Weg einer privaten Einladung! – zu Gastvorlesungen bei uns begrüßen, von Professor Joseph Ratzinger bis hin zu Professor Johann Baptist Metz. Nach meiner Erinnerung gab es in unserem Kollegium nur ein einziges Mal keine Zustimmung für eine Einladung eines bekannten Tübinger Professors, weil wir fürchteten, dass durch diesen Besuch ein Zwiespalt mit unseren Bischöfen entstehen und Vertrauen zerstört werden könnte.

       Gesellschaftliche Relevanz theologischen Wirkens

      Der katholischen Kirche in der DDR wurde häufig zum Vorwurf gemacht, sie habe sich von der Gesellschaft abgeschottet und ein Binnendasein geführt. Im Vergleich zur evangelischen Kirche, die nach dem Krieg eine Volkskirche war, waren wir gewiss nur eine „kleine Herde“. Doch ist dieser Vorwurf gegenüber uns Katholiken nur zum Teil berechtigt. So lebten unsere Gläubigen mitten in einer sozialistischen Gesellschaft, wenn auch nicht gleichberechtigt, oft diskriminiert, aber sie waren präsent und bezeugten ihren Glauben. Ich möchte daran erinnern, dass alle Mitglieder unseres Professorenkollegiums in die Gesellschaft durch vielfältige theologische Arbeit hinein gewirkt haben: bei kirchlichen Veranstaltungen, in unseren Bildungshäusern, mit Vorträgen, durch Literatur und durch vieles andere mehr.

      Für mich hatte zunächst die Pastoralsynode von 1973 bis 1975 in Dresden eine besondere Bedeutung. Die Diözesen wählten selbstständig ihre Kandidaten als Mitglieder diese Synode. Daneben wurden aber auch Teilnehmer aus überpfarrlichen und überdiözesanen Gremien delegiert; aus dem Philosophisch-Theologischen Studium und dem Priesterseminar waren es vier. Ich selbst wirkte in zwei Arbeitsgruppen als Berater mit. Die eine konzipierte einen Beschluss zu dem Thema „Der Christ in der Arbeitswelt“, die andere über den „Dienst der Kirche für Versöhnung und Frieden“. Leiter der Synode war Alfred Kardinal Bengsch. Ihm war es ein primäres Anliegen, jede Nähe zum Staat oder sozialistischen Gruppierungen zu vermeiden. Ein erster Entwurf des Beschlusses über die Arbeitswelt suchte – ohne mein Zutun – Gemeinsamkeiten zwischen Christen und Marxisten herauszuarbeiten. Kardinal Bengsch befürchtete Missverständnisse und Vereinnahmungen seitens des Staates. Er vertraute darauf, dass die zwei in dieser Arbeitsgruppe mitwirkenden Erfurter Professoren, Professor Wilhelm Ernst und meine Person, diesen Gefahren entgegenwirken würden. Unvergesslich bleiben mir die Diskussionen mit dem Kardinal bis in die Nachtstunden hinein. Wir mussten bei beiden genannten, sehr brisanten Themen eine Reaktion der staatlichen Stellen befürchten. Schließlich gelang es in der Arbeitsgruppe über den Christ in der Arbeitswelt, zwei sehr unterschiedlich argumentierende Richtungen der Synode zu einem veränderten Beschlusspapier zu bewegen, welches auf die Betonung einer Gemeinsamkeit zwischen Christen und Kommunisten verzichtete. In der damaligen Situation war es nicht möglich, Missstände in der DDR offen beim Namen zu nennen. Das hätte sofort zu Schikanen gegen unsere pastorale Arbeit geführt. Schwerpunkt war für uns die Darstellung eines christlichen Verständnisses von Arbeit. Es enthielt aber eine bis an die Grenze gehende indirekte Kritik an der herrschenden Ideologie mit ihrer Deutung von Leistung und Arbeit. Später wurde zwar öfter auf Defizite dieses Beschlusses hingewiesen, zugleich aber meistens zugestanden, die Synode habe versucht, das in dieser politischen Situation Mögliche zu sagen, ohne weitere Benachteiligungen für die Christen zu provozieren (Schumacher 1998, 181–193).

      Der Beschluss „Dienst der Kirche für Versöhnung und Frieden“ kam ebenfalls erst nach heftigen, vielleicht noch schärferen Auseinandersetzungen zustande. Entwürfe von Gemeinden und Gruppen wollten dieses Thema mit anderen Fragen in Zusammenhang bringen, wie z.B. mit dem Thema „Jugendweihe“ oder mit dem Problem über das „Verhältnis zwischen Kirche und sozialistischem Staat“. Ein erster Entwurf wurde folglich vom Präsidium der Synode abgelehnt. Daraufhin bat mich Relator Pfarrer Bruno Diefenbach um eine Textvorlage aus eigener Feder. Zunächst lehnte ich diesen Wunsch ab, ich glaubte nicht, dieses Minenfeld heil durchschreiten zu können: Die DDR behauptete, sie sei ein Friedensstaat wie kein anderer. Sie missbrauchte


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