Aufrichten in Würde. Gabriele Frick-Baer

Aufrichten in Würde - Gabriele Frick-Baer


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href="#ulink_00026938-35c1-55eb-8841-0a228b142123">4.10 Gesten

       4.11 Anklageschriften, Briefe und andere literarische Formen

       4.12 Aktives Symbolisieren

       4.13 Kreative Gestaltungen: Scham, Ekel, Schuld

       4.14 Der Tanz der Würde

       5 Essential „Alles würdigen, was ist“: die vier B

       5.1 Die vier B: Beziehung, Boden, Begegnung, Bewältigung

       5.2 Zwei Ideologien: „Immer muss man …!“ und „Niemals darf man …!“

       5.2.1 Lächeln statt Konfrontation?: „Niemals darf man …“

       5.2.2 Erst Stabilisierung, dann Konfrontation?: „Immer muss man …“

       5.2.3 Die Perspektive wechseln: Würdigen, was ist!

       5.3 Die vier B im therapeutischen Prozess

       6 Essential „Beziehungserleben“

       6.1 Widersprüche, Widersprüche, Widersprüche

       6.2 Die Notwendigkeit des Misstrauens

       6.3 Mein Raum, dein Raum, unser Raum

       6.4 Nähren – Spiegeln – Gegenüber

       6.5 Die vier Geißeln der Würde

       6.6 Zuversicht und Alltagsverknüpfung

       7 Traumatisches Erleben und Krankheit

       7.1 Fibromyalgie: die Scham, die zündelt

       7.2 Essstörungen und Trauma

       8 Traumatherapeutische Praxis auf dem Prüfstand

       8.1 Nicht alles ist heilbar – wenn fast die ganze Welt triggert

       8.2 Ähnlichkeit – Falle und Chance

       8.3 Verortung – Werte – Standpunkt

       Literaturverzeichnis

       Danksagung

       1

       Annäherung

      Ich widme dieses Buch den Menschen, die ein Opfer sexueller Gewalt geworden sind.

      Meine therapeutischen Erfahrungen beruhen überwiegend, wenn auch nicht ausschließlich, auf der Arbeit mit erwachsenen Frauen, die als Kinder und Jugendliche tiefe Verwundungen davongetragen haben, mitten in Deutschland, mitten in normalen, sprich: sozial unauffälligen, meist sogar gut „angesehenen“ Familien. Sie haben den Krieg, den Terror und den Horror innerlich erlebt und müssen ihn oft noch tagtäglich weiter erleben mitten in einer Zeit, die gesellschaftlich und politisch gesehen eine Zeit des Friedens ist. Ich bin voller Hochachtung, wie diese Klientinnen und Klienten ihr Leben meistern, und danke ihnen, dass ich von ihnen lernen durfte und darf. Sie verdienen den Schutz ihrer Intimität, wenn über sie geschrieben wird. Diese Intimität in diesem Buch zu wahren und zu gewährleisten – darum werde ich mich bemühen. Wenn ich ihre Erfahrungen mitteile, selbstverständlich anonymisiert und verfremdet, dann nicht, um das Leiden ans Licht der Öffentlichkeit zu zerren, sondern nur deshalb und in dem Maße, wie es mir unerlässlich erscheint, um Wege der Unterstützung aus dem Schrecklichen aufzuzeigen. Ich hoffe, ich erweise mich dieser Menschen als würdig.

      Dieses Buch ist geschrieben für Therapeutinnen und Therapeuten, die mit diesen Menschen arbeiten. Traumahilfe umfasst Traumatherapie und Traumabegleitung. Dieses Buch soll deshalb, so wünsche ich es mir, auch anderen, die traumatisierten Menschen helfend, begleitend und beratend zur Seite stehen, Einsichten bestätigen und vertiefen helfen, Perspektiven eröffnen und Anregungen geben. Es richtet sich an alle Kolleginnen und Kollegen, an die Frauen und Männer mit den unterschiedlichsten beruflichen Identitäten, die persönlich-professionelle Erschütterungen in Kauf nehmen, um den Menschen, die „aus der Welt gefallen sind“, auf ihrem Weg (zurück) ins Leben zur Seite zu stehen. Ich hoffe, auch ihnen erweise ich mich als würdig.

      Der Weg von Menschen, die sexueller Gewalt ausgesetzt waren, führt, wenn er heilsam gelingt, vom „Traumaopfer“ zur oder zum „Traumaüberlebenden“, wie u. a. Michaela Huber formuliert. Wie unterschiedlich dieser Weg und seine Bezeichnung für jede und von jeder einzelne/n Person auch ist, so gibt es doch eine Leitorientierung, die für Therapeut/innen und ebenso für die Klient/innen wegweisend sein kann. Wir, meine Kolleg/innen und ich, die sich den grundlegenden Werten der Kreativen Leibtherapie verpflichtet fühlen, nennen die Leitorientierung: „in Würde aufrichten“.

      Sexuelle Gewalt ist erniedrigend, der Weg des Verarbeitens und der Loslösung aus dem Trauma ist ein Weg des Aufrichtens. Auch andere traumatische Erfahrungen, denen Gewalt und der Verlust des Vertrauens und Selbstvertrauens innewohnt, führen zu Gefühlen der Erniedrigung, der Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins; auch die hiervon Betroffenen brauchen den Weg des Aufrichtens.

      Aufrichten ist das Erleben, aus der Ohnmacht und Erstarrung wieder in Bewegung zu kommen, sich wieder rühren zu können. Aufrichten ist das Erleben, wieder zu stehen, wieder den Kopf zu heben, wieder der Welt in die Augen zu sehen.

      Aufrichten heißt, sich körperlich wieder als durchlässig zu spüren, von unten nach oben und von oben nach unten, den Körper bzw. das Körperempfinden als zu sich selbst gehörend, als eigen, zurückzugewinnen.

      Aufrichten ist der Prozess, aufrichtig werden zu können, mit sich und mit anderen, durch das Misstrauen, die Angst und die Scham hindurch und mit Misstrauen, Angst und Scham.

      Aufrichten bedeutet zu spüren, wer das ist, wenn „ich ‚Ich’ sage“.

      Aufrichten braucht einen Boden, auf dem ein Mensch stehen kann.

      Aufrichten braucht Rückendeckung und ein aufrichtiges bzw. aufrichtige Gegenüber und eine Umgebung, die Freiheit für die Entwicklung von Eigen-Sein ermöglicht und Halt gibt.

      In


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