Aufrichten in Würde. Gabriele Frick-Baer
Fragmentierung traumatischen Erlebens führt bei den meisten Betroffenen dazu, dass sie verunsichert sind und nicht mehr wissen, „woran sie mit sich dran“ sind, wie es eine Klientin ausdrückte. Das geringe Selbstwertgefühl, mit dem die meisten Klient/innen eine Therapie aufsuchen, ist Ausdruck davon. Traumatherapie ist deshalb immer auch Arbeit am Verständnis für die eigene Person, mit allen Fragmentierungen und Zerrüttungen, mit all den Unsicherheiten und Widersprüchlichkeiten.
Das Erleben einer existenziellen Bedrohung ist so chaotisch wie für viele Menschen die Folgen davon. Dieses Erleben sollte zuerst einmal so angenommen werden, wie es ist, ohne dass es zurechtgewiesen wird, weil es nicht in vorgegebene Phasen therapeutischer Behandlung oder in ideologische Vorannahmen der Therapeut/innen passt (dazu später mehr). Würdigen, was ist! In Kapitel 5 werde ich deshalb unser Konzept der 4 B (Boden, Beziehung, Begegnen, Bewältigen) vorstellen, mit dem wir diesem Erleben der Klient/innen gerecht zu werden versuchen, mit Blick auf die konkrete Person mit ihren konkreten Ressourcen und ihrem konkreten Leiden.
2.4.4 Beziehung, Beziehung, Beziehung
Das Erleben der traumatischen Situation ist eine existenzielle Bedrohung und somit eine Überforderung des betroffenen Menschen. Fight oder Flight, Freeze oder Fragment sind Ausdruck dieser Bedrohung und Überforderung. Das Handeln der Täter/innen kann nur deshalb auf Ohnmacht und Hilflosigkeit stoßen, weil die betroffenen Menschen ohne Hilfe, Beistand und Rettung sind.
Das traumatische Erleben ist ein Beziehungserleben in doppelter Hinsicht: Es ist das Erleben einer existenziell bedrohlichen Beziehung zu einem oder mehreren Täter/innen und es ist das Erleben einer Leere, des Fehlens von Hilfe und Unterstützung. Das Alleinsein in der traumatischen Situation setzt sich oft fort im Alleinsein „danach“.
Therapie ist ein Beziehungsangebot. Im therapeutischen Prozess wird die Beziehung zum Täter/zur Täterin ebenso lebendig wie das Erfahren von Leere und unterlassener Hilfeleistung. Und die therapeutische Beziehung ist eine Alternative zum Alleingelassen-Werden, eine Chance, Beziehung neu zu wagen und zu erproben. Deswegen werde ich in Kapitel 6 auf verschiedene Aspekte der therapeutischen Beziehung in der Traumatherapie eingehen.
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