Die astrologischen Häuser. Deborah Houlding

Die astrologischen Häuser - Deborah Houlding


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leicht zu erkennen ist. Diese Theorie ist bestenfalls grobe Vereinfachung. Schlimmstenfalls verwischt sie die Ränder zweier vollkommen separater astrologischer Techniken, was zu einer flachen Symbolik führt, die so vage ist, dass sie kaum von praktischem Nutzen ist.

      Verzerrungen schleichen sich ein, schwächen die Aussagekraft der Symbolsprache und gelangen schließlich zu allgemeiner Akzeptanz aufgrund der einfachen Handhabung. Finanzielle Angelegenheiten und nützliche Ressourcen werden nicht mehr nur auf das 2. Haus eingeschränkt, sondern durch die Assoziation „Stier herrscht über Wohlstand“ und durch Schlussfolgerungen auf die Venus ausgedehnt, so dass diese als natürlicher Signifikator für Geld angesehen wird. Diejenigen, die diese Idee fraglos angenommen haben, sollten eine Denkpause einlegen, bevor moderne Abweichler sich in weiteren Verästelungen verzweigen und wir den Bezug zu den Grundprinzipien völlig verlieren. Die traditionellen Herrscherbezüge bleiben ganz auf der Strecke, da sie mit der Sonnenzeichen-Theorie nicht erklärbar sind. Indem sie missverstanden werden, werden sie an Wert verlieren und werden wahrscheinlich durch ungeeignete Vorschläge ersetzt. Wenn wir nicht sorgfältig sind, dann wird alles, was streng genommen in das 5. Haus gehört, aber nicht mit der Symbolik des Löwen übereinstimmt, aus Bequemlichkeit gestrichen. Und dann müssen wir uns auch nicht mehr mit den Deutungen abmühen, die aus räumlichen Qualitäten hergeleitet werden.

      Überprüfen wir exemplarisch die gedankliche Kette „2. Haus = Stier = Venus = Geld“. In antiken und traditionellen Texten beschreibt das Zeichen Stier keineswegs Wohlstand. Ebenso wenig würde ein Zeichen wie Fische für Gefängnisstrafen stehen. Zeichen und Häuser werden als zwei vollkommen verschiedene Begriffe verstanden, wobei jedes eine spezielle Rolle spielt. Die Zeichen sollen beschreibende Informationen über die Planeten liefern. Die Häuser sollen den Einfluss der Planeten lokalisieren und ein Gespür für deren Befähigung oder Unfähigkeit erbringen. Die alten Astrologen bezogen sich auf die Symbolik des Stiers in beschreibender Weise und waren der Auffassung, dass das Zeichen erdbetont, kalt, trocken, melancholisch, fest, weiblich, nächtlich, fix und ein tierisches ist. Da Stier ein Zeichen ist, das der fruchtbaren Frühlingsperiode angehört, wurde es als erzeugend, gemäßigt und fruchtbar angesehen. Stier herrscht über den Hals und beschreibt anschaulich einen Menschen mit breiter Stirn, großem Mund, dunklem Haar sowie einem starken Nacken. Man ging davon aus, dass Stier sturköpfige und halsstarrige Charaktere hervorbringt, die etwas schwerfällig sind, mit einem einfachen Gemüt und einer unveränderlichen geistigen Haltung, ganz ähnlich wie das Tier, das sie sinnbildlich darstellt. Die Ansicht, dass Stier über die Finanzen herrscht, ist eine neuzeitliche Idee, die man lediglich daraus ableitete, dass man das Zeichen mit dem 2. Haus identifizierte.

      Versuchen Sie, einen Beleg in klassischen Texten dafür zu finden, dass der Planet Venus Handel oder Finanzen repräsentiert. Sie werden nichts dergleichen finden. Zieht man die inhärente Natur der Venus mit in Erwägung, dann ist Venus in kaum einer Weise ein Planet des Handels. Ja – Venus sucht den Luxus sowie all die schönen Dinge, die wir mit Wohlstand assoziieren. Aber dieser weiche, runde Planet kennt in geschäftlichen Angelegenheiten keine Gewandtheit. Sie kann uns dazu inspirieren, mehr auszugeben, als wir uns an erfreulichen Dingen leisten können, denn Venus würde alles für einen Wohlfühlfaktor opfern würde, aber dass sie der Planet des Genusses und der Freude am Luxus ist macht sie noch lange nicht zum Planeten für Geld und Kommerz. In der traditionellen Astrologie gereicht diese Ehre dem Merkur, dem traditionellen Signifikator für Handel, Tauschgeschäfte und Wechselverkehr und selbstverständlich auch für Geldbörsen, Schätze, Münzen und alles, was mit Währung zu tun hat.

      Als ein weiteres Beispiel dafür, wohin dieses kunterbunte „Vermischen und Austauschen“ führen kann, wenden wir uns dem 11. Haus der Freunde und Hoffnungen zu. Wir sind in der Anwendung des Basiswissens so undiszipliniert geworden, dass wir uns fast verpflichtet fühlen, das 11. Haus einfach mit der Bedeutung des Wassermanns zu überlagern – eine Situation, die erst recht zu schweren Verzerrungen führt, wenn Uranus auch noch ins Spiel gebracht wird. Es wird gelehrt, dass alle drei eine ähnliche Bedeutung haben und jeder auf den anderen bezogen werden kann. In dem populären Astrologiebuch The New Complete Astrologer4 finden wir bei der Beschreibung von Uranus unter anderem die Begriffe: humanitär, freundlich und liebenswürdig. Wassermann wird als „nicht vorhersehbar, exzentrisch, rebellisch, widersprüchlich, taktlos und verderbt“ beschrieben – ein Austausch der Symbolik zwischen Planet und Zeichen, der den gängigen Häuserdeutungen einverleibt wird durch solche falschen Auffassungen wie dass das 11. Haus Erdbeben, Astrologie und soziale Rebellion regieren würde. Diese modernen Häuserzuordnungen werden in diesem Buch in Frage gestellt, da ihre Grundlagen unbewiesen und unzuverlässig sind. Wir sollten nicht davon ausgehen, dass Popularität von Grundregeln, die in modernen Textbüchern unablässig wiederholt werden, ein Hinweis für deren Vorzug ist, zumal Verleger gerne für eine Vereinfachung plädieren, um einen breiteren Markt zu erreichen. Die Verknüpfung der Hausbedeutung mit der Symbolik der Zeichen kann für diejenigen ganz nützlich sein, deren natürliche Neugier sich nur auf drei anstatt vier Grundprinzipien erstreckt.

      Kommt es aber so weit, dass man gleichrangige Qualitäten von verschiedenen Grundbestandteilen des Horoskops ähnlich deutet, so führt dies lediglich zu einer endlosen Aneinanderreihung von schwacher Symbolik, was der Fantasie erlaubt, sich alles vorzustellen, was sie will. Dies lenkt aber nur von tiefer und ausführlicher Darstellung ab, die ein abgegrenzterer und systematischerer Zugang zu den Häusern erbringen kann.

      Ein Rückgriff auf die Urprinzipien würde uns zwingen einzuräumen, dass Uranus viel eher zu der Beschreibung „nicht vorhersehbar, exzentrisch, rebellisch, widersprüchlich, taktlos und verderbt“ passt. Das würde zugleich für den Wassermann bedeuten, dass er seine Reputation als „humanes“ Zeichen zurückgewinnt, bekannt für Gunst, Taktgefühl und Geselligkeit. Die menschlichen Zeichen – die Luftzeichen – sind die stolzen Eigner einer bemerkenswerten Fähigkeit zu intellektueller Kommunikation sowie für zivilisiertes und rationales Denken, ganz anders als die animalischen Zeichen, die mehr zu sturem und aufsässigem Verhalten neigen, da es ihnen an den sozialen und geistigen Fähigkeiten der Luftzeichen mangelt. Indem wir zu den Ausgangsprinzipien zurückkehren werden wir auch einräumen müssen, dass kein Planet die Züge von „Liebenswürdigkeit“ und „freundschaftlicher Gesinnung“ weniger an den Tag legt als Uranus. Seine ersten Beobachter charakterisierten ihn an „böse“ und entzweiend in seiner Auswirkung. Uranus verursacht Trennung, und wenn er Spannungen löst, dann geschieht dies manchmal auf eine abrupte Weise, die man als schockierend, grausam und gewaltsam erlebt. Wenn wir auf die Ausgangsprinzipien zurückgreifen, dann müssten wir schließlich auch akzeptieren, dass die Planeten kennzeichnen, die Zeichen beschreiben und die Häuser örtlich bestimmen und befähigen. Dies können sie umso effektiver, wenn jedem seine Eigenheit zuerkannt wird. Bei seiner Erklärung zum Ursprung der Hausbedeutung hätte Ralph Holden nicht noch falscher liegen können – das 1. Haus hat sehr wohl mit „Auftreten, Aussehen, Veranlagung, Körper, Gesundheit und Vitalität“ zu tun und viel weniger mit Widder, als die meisten von uns denken.

      Holdens Theorie ist nur in einem Punkt stimmig, es scheint nämlich bei den anatomischen Zuordnungen immer eine Verwandtschaft zwischen Zeichen- und Hausbedeutung bestanden zu haben. So werden sowohl das 1. Haus als auch Widder dem Kopf zugeordnet, das 2. Haus und Stier werden dem Hals zugeordnet usw. Aus diesem Grund hat William Lilly die Zeichen als Co-Signifikatoren für die Häuser bezeichnet, aber die Planeten, die er als Co-Signifikatoren feststellte, haben nichts zu tun mit den Zeichenherrschern. In seinem Werk wird den Verbindungen zwischen Zeichen und Häusern abgesehen von deren gemeinsamer Herrschaft über bestimmte Körperteile keine große Bedeutung zugemessen. Die Vorstellung, dass diese in einem allgemeineren Sinne gleichgestellt werden könnten, scheint erst während der Popularisierung der Astrologie im 17. Jahrhundert Fuß gefasst zu haben und ist seitdem langsam unser Denken eingesickert. Die Astrologen der Renaissance, die ihre Arbeit ernst nahmen, verwarfen diese Verdrehung der astrologischen Prinzipien und mahnten zur Vorsicht. Dies klingt ganz offensichtlich bei Nicholas Culpeper durch. Er schreibt im Jahr 1658:

      Manche Autoren vertreten die Meinung, dass die Zeichen die gleiche Bedeutung haben in der Abfolge der Himmelshäuser, so dass Aries das Leben bezeichnet, Stier den Besitz, Zwillinge die Geschwister und kurze Reisen – alles weitere kennen Sie. Wahrlich, es ist meine Meinung, dass viele Autoren wundersame Dinge erfunden haben, und


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