Im Netz der Beziehungen. Alexander von Schlieffen

Im Netz der Beziehungen - Alexander von Schlieffen


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im Leben zeigt das 4. Haus, womit, mit wem und wie man sich verbunden fühlt und wie man selbst Verbundenheit mit anderen erzeugt. Also auch, wie man seine eigene Familie erschafft.

      In all dem spiegeln sich die eigenen Erlebnisse und Erfahrungen mit der Herkunftsfamilie. Das muss nicht bedeuten, dass man in seiner eigenen Familie die Prägung seiner Herkunftsfamilie blind wiederholen muss. Wenn man versucht, das Gegenteil seiner Herkunft zu erwirken, dann liegt man immer noch auf der polaren Achse, bleibt also dem Ursprung verhaftet. Die Frage ist, wie man den Weg in das Eigene findet. Dann braucht man seine Ahnen nicht mehr zu verfluchen.

      Für Kinder ist Familie, wenn sie einigermaßen funktioniert, das Wichtigste, denn Familie bedeutet Welt für das Kind. Familie gibt Geborgenheit und Sicherheit.

      In jedem Rudel gibt es ein Alphatier, den Anführer. Bei manchen Tierarten findet ein Kampf um diese Position statt. Bei uns Menschen wird dieser Kampf innerhalb der Familie durch die Geburtenabfolge ersetzt. In der Gesellschaft gab es früher die Königshäuser mit ihren Nachkommen.

      Das 5. Haus symbolisiert das Streben nach dem Königsthron in jedem Horoskop. Jeder Mensch braucht sein kleines oder größeres «Königreich», ganz gleich ob er das nun im Beruf durch eine Führungsposition, als «Anführer» einer Gruppe, als «Vorstand» seiner Familie oder als Hobbytrainer zum Ausdruck bringt.

      Im 5. Haus geht es nicht um das Spiel, hier wird das Spiel schnell blutig und ernst, wenn man sich nicht respektiert fühlt. Der Stolz ist ein Ausdruck des Verletztseins, wenn die eigene Position in Frage gestellt wird. Der Mensch möchte etwas Besonderes sein und respektiert werden.

      In jedem Rudel, in jeder Familie, in jeder Gruppe gibt es eine Ordnung. Vater, Mutter, Erstgeborenes, Zweitgeborenes und Drittgeborenes. Die drei Geschwister sind der Archetypus der Geschwisterpositionen, mehr gibt es nicht. Das vierte Kind wiederholt die dritte und die erste Position. Warum und wie?

      Das Erstgeborene hat nur Geschwister «unter» sich, also Nachgeborene. Das Zweitgeborene hat, für den Fall, dass es mehr als zwei Kinder gibt, einen «über» und einen «unter» sich. Das Drittgeborene hat nur ältere Geschwister. Kommt ein viertes Kind hinzu, so wird aus dem dritten ein nochmals «zweites Kind», denn es hat auch jeweils einen über und einen unter sich. Je mehr Kinder in der Familie, desto mehr archetypische Zweitgeborene.

      Jeder dieser Positionen entspricht eine bestimmte Rolle. Keine dieser Rollen muss per se besser oder schlechter sein, als die anderen. Aber jede Rolle ist spezifisch, und der kann man nicht entfliehen, so sprachen schon Sybillen, so Propheten.

      Die Rolle, in die man hineingeboren ist, bestimmt das Selbstbewusstsein und das Verhalten in der Familie und prägt das Grundverhalten in Gruppen im späteren Leben. Man kann in einer Gruppe nur gemäß des angeborenen Rollenarchetypus gut funktionieren. Das Funktionieren in der Gruppe wird im folgenden 6. Haus angezeigt.

      Das 5. Haus und die Sonne im Löwen symbolisieren den König und seinen erstgeborenen Thronfolger. Das ist schäbig, wenn jemand mit der Löwesonne im 5. Haus nicht Erst-, sondern Zweitgeborener ist. Dann empfindet er sich auf Grund seines Naturells in der falschen Rolle. Denn er hält sich doch gemäß seiner Persönlichkeit für einen Erstgeborenen.

      Umgekehrt kann der Erstgeborene von seinem Horoskop her keine archetypischen Signaturen für die Rolle des Erstgeborenen haben und «muss» diese Rolle trotzdem gemäß seines Naturells ausfüllen.

      Geschwister und Familie prägen das Empfinden und das Rollenverhalten. Die Beziehung zu Geschwistern ist emotional existenziell und zum Überleben in der Gruppe wichtig. Sie bestimmt die Position in der Familie und prägt somit das Rollenverhalten in Gruppen generell.

      Nichts davon findet man im 3. Haus, das zum 1. Quadranten gehörig, sich nur auf den Einzelnen bezieht und seine Beweglichkeit und Lernfähigkeit beschreibt. Beziehungen zu Geschwistern sind hochgradig emotional und konstitutiv für die Entwicklung einer sozialen Identität. Das soziale Ich, also das Gruppen-Ich findet man im 2. Quadranten, daher kann man getrost die gesamte Sippe unspekulativ in den 2. Quadranten platzieren.

      Die Deutung der Geschwister im 3. Haus kommt aus einer Zeit, da man Kinder als kleine Käfer begriff, die noch keine Seele und kaum Empfinden hatten. Diese kleinen Käfer sollten alsbald erwachsen werden und im Gruppengefüge funktionieren. In der jüngeren Vergangenheit hat man viele neue Einsichten über die Bedeutung von Geschwisterbeziehungen für die Persönlichkeitsentwicklung gewonnen. Zur Grundlagenforschung in der Astrologie gehört auch die behutsame Neuanpassung von Bedeutungen an eine sich verändernde Zeit. Der alte Häuserkreis ist ein in sich nicht mehr schlüssiges System, die ursprünglichen Inhalte verloren im Laufe der Zeit ihre Bedeutung, was für die Gegenwart hieß, dass man assoziativ intuitive Zuordnungen von Inhalten zu den alten Häusern machte, die eigentlich keinen Sinn mehr ergaben. Aber wenn Astrologie zu einer primär intuitiven Deutungsassoziationsdisziplin verkommt, so entbehrt sie irgendwann ihrer eigenen Wurzeln.

      Um ein Missverständnis zu klären; normalerweise wird Rivalität mit dem Widder assoziiert. Dem liegt aber eine Unsauberkeit in der Deutung zugrunde. Der Mars beherrscht den Widder und steht zunächst nur für den Kampfgeist und Antrieb des Einzelnen. Er kommt ja aus dem 1. Quadranten. Die Sonne entspricht dem Streben nach Führung und Dominanz innerhalb des Rudels. Der Löwe steht nicht für sich allein wie der Widder, er braucht seinen «Hofstaat», auf den sich seine Führungsrolle bezieht. Die Sonne im Widder ist eine Analogie zu Mars im 5. Haus. Mars im 5. Haus ist der Rivale des Königs, also der Archetypus des Zweitgeborenen, der den Erstgeborenen vom Thron stürzen möchte. Daher verschärft sich das Thema der Rivalität bei Sonne im Widder, weil Löwe und Widder zusammenkommen.

      Ähnlich verhält es sich mit den Aspekten zwischen Mars und Sonne. Mars ist ich-, die Sonne rudelbezogen. Das Ich kämpft im Rudel um seine Selbstbehauptung. Bei einem Trigon oder Sextil läuft dieser Kampf sportlich ab. Bei einem Quadrat oder einer Opposition wird das Gegenüber zu sehr als Rivale wahrgenommen. Man fühlt sich ohnmächtig und/oder vermeidet die direkte Konfrontation. Das wirkliche Gegenüber macht Angst. Daher sucht man sich entweder vermeintlich «schwächere» Partner oder gar keine, um nicht um sein eigenes «Königreich» kämpfen zu müssen. Oder man setzt sich in eine Position, in der man gar keine realen Partnerschaften mehr haben muss, also die Gefahr der Rivalität nicht mehr spürt. Somit kann man sich als König selbstständig um sein Königreich bringen. Löwe und das 5. Haus stehen also nicht für Selbstausdruck, Hobby und Kreativität, es ist viel extremer und ernster.

      In der Familie lernt man es, sich trotz seines Temperaments und Wesens einzugliedern. Die Geburtenabfolge entscheidet über die Ordnung. Dabei kann es passieren, dass ein vom Wesen her Erstgeborener das Nesthäkchen ist, oder ein Kind mit einer Anlage zur Unterordnung das Erstgeborene. Die Abfolge der Geburt allein bestimmt nicht darüber, ob die Positionen im Sinne des Archetypen «stimmen». Im 6. Haus lernt der Einzelne im besonderen Sinne seine Rolle zu akzeptieren, ob sie zu seinem Temperament passt oder nicht. Dadurch, und zwar genau durch die archetypische Unpässlichkeit der Charaktere zu ihren Rollen, lernt man das Prinzip der Einpassung. Sonst würde jeder der Erste sein wollen. Dies kann man wunderbar im Jugendfußball beobachten. Zunächst, im Alter von acht bis zehn Jahren, wollen alle nur Mittelstürmer sein. Jeder meint, er sei der Beste und nur der Mittelstürmer könne der Beste sein. Aber kein Team würde funktionieren, bestünde es aus zehn Stürmern und einem Torwart. Die Mannschaft ist ein Organismus, der nur erfolgreich sein kann, wenn seine verschiedenen Funktionen richtig besetzt sind. Im Laufe der Zeit lernen die Jungs, ihre eigenen Fähigkeiten besser einzuschätzen und irgendwann begreifen sie, dass jede Position in der Mannschaft gleichermaßen wichtig ist. In dem Moment hadern sie weniger mit der Akzeptanz der ihnen zugeordneten Rolle im Gesamtgefüge. Davon abgesehen sind Stürmer nicht immer die besten Fußballer einer Mannschaft …

      Will in einem Staat jeder König sein, dann würde der Staat nicht mehr funktionieren. Dies ist letztendlich in jeder Gruppe so. Das zu akzeptieren ist ein Lernprozess für Kinder.


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