Reich werden auf die gute Art. Gregor Henckel Donnersmarck

Reich werden auf die gute Art - Gregor Henckel Donnersmarck


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bei seinem Besuch im Stift im Jahr 2007 darin, dass dieses absichtslose Chorgebet, das eben kein permanentes Flehgebet ist, seine zentrale Stellung behalten soll.

      Als dann die Musikfirma Universal mit dem Vorschlag auf uns zukam, aus unserem Chorgebet, dem Gregorianischen Choral, in dem wir diese Meditation vollziehen, eine CD zu machen, habe ich zunächst eher gebremst und gezögert. Ich hatte das Gefühl, dass wir aus dem Gebet kein »Business« machen sollten. Aber dann kam ein Mitbruder und zeigte mir eine Stelle aus der Rede des Heiligen Vaters an uns: »Jeder Mensch trägt im Innersten seines Herzens die Sehnsucht nach der letzten Erfüllung, nach dem höchsten Glück, also letztlich nach Gott. Ein Kloster, in dem sich die Gemeinschaft täglich mehrmals zum Gotteslob versammelt, bezeugt, dass diese menschliche Sehnsucht nicht ins Leere geht.«

      Das ist, so wurde mir klar, die unserem Chorgebet innewohnende apostolische Mission, eine zusätzliche Bedeutung, die noch über die tägliche Freude, unsere Liebe zu Gott gemeinsam zu besingen, hinausgeht.

      Es ergab sich dann allerdings die Frage, welche Teile unseres Gebets wir für die Aufnahme aus wählen sollten. Da wir in den Wochen zuvor drei Sterbefälle im Stift hatten, habe ich vorgeschlagen, das Requiem zu singen, weil wir es doch am besten konnten. Dabei hatte ich, da ich innerlich noch immer am Zögern war, ein wenig die geheime Hoffnung, Universal würde das als unmöglich zurückweisen und das Projekt platzen lassen.

      Aber nein, die Universal-Leute haben es akzeptiert, und das sogar mit Freude. So entstand dann die CD Music for Paradise, benannt nach dem Toten-Officium »In paradisum deducant te angeli«. Mit dieser CD waren wir bald darauf tatsächlich sehr prominent in den Charts vertreten und haben einiges an Geld umgesetzt. Das Geld konnte das Stift damals sehr gut brauchen, denn wir hatten vor dem Papstbesuch recht große Ausgaben für vorgezogene Renovierungen getätigt. Mit dem Erlös aus der CD hat sich immerhin ein Teil des durch diese Ausgaben begründeten Jahresdefizits decken lassen.

      Enttäuschen musste ich allerdings jene Leute, die geglaubt hatten, ich würde mir zur Feier des Erfolgs einen Pink Cadillac anschaffen, damit über den Highway in Hollywood fahren und mich unter die Reichen der Welt einreihen. Selbstverständlich eine absurde Vorstellung. Aber es gab jeman den, der sie so witzig fand, dass er mir sogar einen rosaroten Miniatur-Cadillac schenkte.

      Auch wenn es sich bei diesem Beispiel um einen eher außergewöhnlichen Fall von wirtschaftlichem Erfolg handelt, zeigt es doch recht gut, worum es geht. Hätten meine Mitbrüder und ich uns das Hirn zermartert, womit wir Geld machen könnten, wären wir wohl nicht auf die Idee gekommen, eine CD aufzunehmen. Stattdessen haben wir unsere Zeit dafür genutzt, in Demut unseren Gregorianischen Choral zu pflegen und das Chorgebet immer schöner und kräftiger erklingen zu lassen. Das ist uns, aus Liebe zur Sache und zu unserem spirituellen Auftrag, offenbar recht gut gelungen. Im Ergebnis daraus haben wir einen wirtschaftlichen Erfolg erzielt, der gar nicht geplant war, aber dem Stift und somit allen seinen Projekten und Aufgaben zugutegekommen ist.

      Der eigentliche, spirituelle Erfolg unserer Plattenaufnahme bestand aber darin, dass wir danach tausende Rückmeldungen per Email von Menschen bekamen, die sich dafür bedankten, dass sie damit, wie sie schrieben, wieder einen Zugang zur Liturgie, zum Glauben und zur Heiligen Schrift gefunden hatten.

      Es ist kein Zufall, dass spiritueller und

      wirtschaftlicher Erfolg Hand in Hand

      gehen. Wer in der Lage ist, den Menschen

      etwas zu geben, was sie tatsächlich bereichert,

      den werden sie auch angemessen

      dafür bezahlen.

      Das aber setzt ein Tun voraus, das Demut, Interesse an der Sache und Distanz gegenüber reinem Profitstreben in den Vordergrund rückt. Es ist diese Lektion, die nicht nur jeder Einzelne, sondern auch unsere Wirtschaft zur Gänze neu zu lernen und zu beherzigen hat, wenn wir langfristig erfolgreich sein wollen.

      Bleibt locker und übt euch in Demut.

      Den großen Erfolg bringt die Konzentration

      auf die Sache, nicht das Schielen auf

      den Profit.

      Es gibt noch einen weiteren Grund, aus dem ich dringend rate, sich gerade auch im Wirtschaftlichen nicht nur auf das Geld zu fixieren. Denn wer eine solche Verhärtung an den Tag legt, der wird niemals den »spielerischen« Umgang mit Geld erlernen, der erfolgreich unternehmerisch handeln de Menschen fast immer auszeichnet. Wenn ich vom spielerischen Umgang spreche, dann meine ich natürlich nicht Casino und Glücksspiel und auch nicht die Mentalität, die damit verbunden ist. Allerdings habe ich an der Hochschule für Welthandel gelernt, dass alles wirtschaftliche Handeln mit Risiko verbunden ist. Die gänzlich risikofreie Wirtschaft, das todsicher gewinnbringende Unternehmen oder Geschäft gibt es nicht. Der Grund dafür ist sehr einfach. Der Mensch ist kein reiner homo oeconomicus, kein Wesen, das immer unfehlbar seinen wirtschaftlichen Nutzen sucht. Darüber sollten wir selbstverständlich froh sein.

      Unlängst habe ich auf einem Auto einen Aufkleber entdeckt, dessen Aufdruck mich noch immer beschäftigt, weil ich nicht genau weiß, wie er gemeint ist: »Wer lebt, stört«, stand darauf zu lesen. Tatsächlich ist damit auf provokante Weise eine Wahrheit ausgesprochen. Denn der Mensch ist für die strenge Kalkulation der Wirtschaft immer auch ein »Störfaktor«, manchmal ein produktiver, manchmal aber auch einer, der das wirtschaftliche Risiko schlagend werden lässt. Wenn wir uns das vergegenwärtigen, zusammen mit der Tatsache, dass doch in erster Linie die Wirtschaft für den Menschen da zu sein hat und nicht um gekehrt, dann verstehen wir gleich besser, warum das Spielerische, richtig verstanden, für alles wirtschaftliche Handeln und für den Umgang mit Geld einen so zentralen Stellenwert hat.

      Wenn wirtschaftliches Handeln Risiko

      bedeutet, und wenn dieses Risiko aufgrund

      des menschlichen Faktors nicht

      technokratisch exakt zu bestimmen ist,

      dann kann in der wirtschaftlichen Sphäre

      dauerhaft nur derjenige erfolgreich sein,

      der dem Geld nicht anhaftet, sich nicht

      daran klammert, sondern es als nützliches

      Mittel zum Zweck betrachtet.

      Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass das Wort für »Vermögen« im Altgriechischen »dynamis«, also ganz einfach »Kraft« bedeutet. Dieser Intuition folgend, geht es beim Geld eben gerade nicht um den Besitz, um das vielstellige Bankkonto, sondern um die Kraft, die sich mit Vermögen im positiven Sinn in Gang setzen lässt. Das aber wird nur gelingen, wenn es spielerisch, kreativ und phantasievoll geschieht.

      Selbstverständlich ist das Stift Heiligenkreuz mit seinen unterschiedlichen Betrieben neben bei auch ein wirtschaftliches Unternehmen. In meinem Dienst als Abt hatte ich wie gesagt unter anderem die Aufgabe, die wirtschaftlichen Geschicke des Stifts letztverantwortlich, in Kooperation mit dem Hauptökonom, dem Wirtschaftsrat und den leitenden Mitarbeitern, zu lenken. Im Zuge dieser Tätigkeit wurde mir die Bedeutung des Spielerischen, des Kreativen, ganz klar vor Augen geführt. Immer wieder standen wir vor Investitionsentscheidungen, die alles andere als einfach zu treffen waren. Es ließ sich nämlich, gerade bei den guten, erfolgversprechenden Unternehmungen, im Vorhinein durchaus nicht prophezeien, ob sie ein Gewinn- oder ein Verlustgeschäft werden würden. Hätten wir dabei gierig oder ängstlich von Anfang an nur auf die Vermehrung des Geldes geschielt, dann hätten wir eigentlich überhaupt keine Projekte initiieren dürfen. Erst der im positiven Sinn spielerische Umgang mit Geld machte es möglich, im Bewusstsein des damit unvermeidbar verbundenen Risikos in Projekte zu investieren, die wir für richtig, wichtig und zur Philosophie des Stifts passend hielten.

      So investierte das Stift unter meiner Führung nicht zuletzt in erneuerbare Energien und in Wind- und Wasserkraft. Nicht alle Projekte in diesem Feld haben am Ende Gewinn abgeworfen, aber der Saldo war letztlich positiv. Zugleich haben wir mit diesen Investments versucht, unserem christlichen Verständnis der Schöpfungsverantwortung praktischen Ausdruck zu verleihen und uns am Umbau hin zu einer modernen, zeitgemäßen Energiegewinnung zu beteiligen. Wieder stand am Ende, ähnlich wie bei unserer Plattenaufnahme, ein doppelter Gewinn. Wieder war der wirtschaftliche Erfolg


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