Bildungsethik (E-Book). Thomas Detjen Philipp

Bildungsethik (E-Book) - Thomas Detjen Philipp


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auch nicht in der Macht der gerade Herrschenden. Sondern in der Kraft von Zielen, die Menschen zum Einsatz motivieren. Über sie schlägt dies Buch vor nachzudenken.

      Zudem vermeidet die Form der Ethik den Eindruck, blosses Objekt im Spiel der Mächtigen zu sein. Ein reflektiertes Bewusstsein vom guten Leben fordert einen jeden als Handelnden heraus und zeigt Möglichkeiten, eigenständig zu wirken.

      Selbstreflexion. In allen drei Aspekten spielt die Selbstreflexion die tragende Rolle. Dieses Buch bezieht das Erleben und die Haltung des Ich stets ein; es denkt immer auch in der ersten Person. Wie möchte ich, die Leserin, für mein Leben Wohlstand und Sicherheit mit kreativer Entwicklung und Aufbruch ins Neue in Beziehung setzen? Welche Rolle spielt die Achtsamkeit für die innere Welt für mich? Was verstehe ich unter gutem Leben? Die Selbstreflexion, arg unter die Räder gekommen, verlangt nach einem angemessenen Platz im Ganzen. Die Macht des bildungsindustriellen Komplexes beruht darauf, dass er nicht überall auf Menschen stösst, die auf dem kritischen Gespräch bestehen. Wie soll ein Mensch sein? Was soll unter Bildung verstanden werden? Welchen Sinn hat sie? Der Komplex lebt davon, sich als alternativlos darzustellen. Das Gegengift heisst Selbstreflexion.

       Standpunkt, Vorgehen und Dank

      Das Thema ist hoch gegriffen. Zu hoch: Der Autor kennt die antiken und aufklärerischen Quellen nicht gut genug, um über Bildungsethik wissenschaftlich zu handeln. Und als Jugend- und Studierendenseelsorger hat er mit Früherziehung, Schule und Berufsbildung wenig Erfahrung. Doch liegen zur ethischen Reflexion der Steuerung des Bildungssystems bestenfalls Bruchstücke vor. Nähmen Politik und Universität diese Pflicht an, bräuchte der Seelsorger nicht zur Feder zu greifen. Angesichts quälender Missstände ist es sinnvoll, über die Sprache und die Sprachen nachzudenken, die das werdende Ich unter ihren Horizont zwingen. Karl Rahner sah eine «legitimierte Unwissenschaftlichkeit in solchen Lebensfragen. Es gibt eine erste Reflexionsstufe, die von der Wissenschaft unterschieden werden muss, weil das Leben, die Existenz eine solche fordert.»56 Politik also, Versuch der Verständigung mit den Mitteln der Reflexion, keine Wissenschaft.

      Wiewohl dieser Versuch im Erleben einer unerträglichen Entwicklung steht, möchte er dennoch zunächst verstehen, was geschieht, warum und in welcher Geschichte es steht. Das bedarf des Zwischenraums, des Abstands zur unmittelbaren Erfahrung. Eines Vorschusses an Empathie und Vertrauen: Obwohl man unbedingt aktiv werden, umsteuern müsste, doch zunächst zuhören, Geduld aufbringen. Schnelle Aktion ist selten subversiv. Meist teilt sie Vorurteile mit dem Gegner und stabilisiert die Herrschaft noch. Neues beginnt, wenn das Hören eine neue Richtung nimmt, vertrauenswürdigere Stimmen befragt.

      «Unseren Ohren klingen die modernen Selbstinterpretationen so einleuchtend und selbstverständlich, dass wir gut daran tun, uns darauf zu besinnen, wie alle früheren Jahrhunderte über diese Dinge gedacht haben.»57 Die geisteswissenschaftliche Methode lässt sich nicht durch Wirtschafts- oder Naturwissenschaft ersetzen. Sie entlastet den Leser von der Subjektivität des Verfassers, verlangt ihm aber Geduld im Hören auf Dritte ab. Im zweiten Kapitel zeigen darum einige Grosse, dass das Erste des sich bildenden Ich das Hören ist. Achtsamkeit für das, was sich zu Gehör bringen will. Zweitens den leidenschaftlichen Wunsch des Ich, jemand, nicht nur etwas zu werden; im Gestalten und im verwandelt Werden. Den Wunsch, im sich Bilden und gebildet Werden – ein Gebildeter umfasst im Deutschen beides – Sinn zu erfahren. Geradezu einstimmig fordern die Grossen der Tradition die Vorurteile einer Zeit heraus, die im Funktionieren erstickt, der Phantasie, Selbstwahrnehmung und Weite abhandengekommen sind. Das dritte Kapitel stellt diesen Grossen die peinlichen Ziele gegenüber, die heute das Bildungswesen steuern: unendliches Wachsen von Arbeit und Konsum. Das vierte versucht mit Jürgen Habermas genau zu verstehen, wie es kommt, dass diese Zeit die Verweigerung des Dialogs über die Ziele der Bildungspolitik akzeptiert. Dass der Kontinent der Aufklärung über politische Ziele nicht mehr diskutiert, sondern sich dem Funktionieren hingibt, vorbei an jeder demokratischen Verständigung. Das fünfte Kapitel schlägt eine zusammenschauende Skizze des werdenden Ich und politische Massnahmen vor.

      Peter Egger hat dies Buch als Verleger entschlossen gefördert. Christian de Simoni hat sein Wachsen neugierig und geduldig begleitet. Für die Schatten des Kompetenzbegriffs öffnete Martin Graf dem Autor die Augen. Mit ihm, Gerd Rudolf, Alina Guggenbühl, Peter Würsch, Gabriel Zimmerer und Jonathan Gardy durfte er diesen Entwurf kritisch diskutieren. Allen gilt sein aufrichtiger Dank!

       Für wen?

      Wer verstehen möchte, welchen Sinn es hat, die Mühen von Schule und Studium auf sich zu nehmen. Wer spürt, dass etwas nicht stimmt mit dem Blick, unter den das sich bildende Ich sich gestellt findet. Wer Worte sucht für ein Unwohlsein. Wer mit den Zielen, die er als Lernender spürt, nicht einverstanden sein kann. Wen der Eindruck nicht loslässt, etwas sei unrecht mit der Herrschaft des Funktionierens: Wer so liest, mag an diesem Buch wachsen.

      Obwohl es lang ist und schwierig. Es ist nicht wahr, dass alles Wichtige so gesagt werden kann, dass es aufs Smartphone passt. Die grossen Fragen des Zusammenlebens – es war schon immer so – verlangen geduldiges Zuhören und ausdauerndes Nachdenken. Mehrere Anläufe, einen nach dem anderen. Der Aufwand hoch, der Lohn zweifelhaft: keine Bologna-Logik. Berechnender Einsatz kann die grossen Fragen nicht bearbeiten. Das Niveau der Hingabe erreicht das Niveau der Fragen nicht. Aber zum Glück gibt es die lebendige Frage. Der dann kein Aufwand zu hoch ist. Die keine Ruhe lässt. Nicht abschliessbar. Immer wieder kommt sie in den Sinn. Will einfach wissen, was es auf sich hat mit dem Werden des Menschen. Mit dem eigenen und mit demjenigen anvertrauter anderer. Umständlich, aber Liebhabern der Freiheit süss.

      Dies Buch hofft, die Leserin zu unterfordern, indem es interessant wäre, übersichtlich oder praktisch. Es sieht sie als begeisterungsfähig. Zwar können die Verhältnisse diese einzigartige Gabe beschädigen. Aber nicht ausrotten. Sie tritt einfach immer wieder auf. Irgendwo, unerwartet. Jemand sprach von einem Schatz, in einem Acker verborgen. Ein Mensch findet ihn – und verbirgt ihn wieder. Er freut sich so, dass er alles, was er besitzt, verkauft. Und jenen Acker ersteht. Er zieht den Schatz nicht ans Licht. Um ihn zu haben, wie man so allerlei hat. Nein: Er verbirgt ihn. Schützt ihn durch Schweigen. Lässt ihn leuchten als Freude von innen. Als Kraft, das Neue zu wagen.

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