Prozesspsychologie. Jörg Heidig
als auch historische Grundlagen der OE in ihrer Aktualität bereit. Anliegen war es stets, eine Reihe mit sorgfältig ausgewählten Titeln zu entwickeln, inspiriert durch amerikanische Kollegen und die langjährigen Wegbegleiter Chris Argyris, Edgar H. Schein, Fred Massarik (†), Ed Nevis (†), Warren Bennis und die Kollegen um Peter Senge am M.I.T. und Claus Otto Scharmer, aus deren Kreis sich auch die Consulting Editors von EHP-Organisation rekrutieren.
Der verantwortliche Herausgeber der Reihe stellte mit Supervision und Beratung die Grundlagen von Supervision und Organisationsberatung umfassend dar, und mit der mittlerweile 11. Aufl age ist es eines der erfolgreichsten Handbücher des Feldes. Ergänzend dazu erschien Gute Beratung von Organisationen – Supervision und Beratung 2.
Die Trias-Kompasse bilden Trends und Diskussionslinien ab und ermöglichen eine Orientierung im Feld der Organisationen und unterschiedlicher Beratungsformen (Bd. 1: Erfolgsfaktoren von Veränderungsprozessen, Bd. 2: Schulentwicklung als Organisationsentwicklung, Bd. 3: Zur Bedeutung von Kurt Lewin, Bd. 4: Nachhaltige Transformation in Organisationen).
Organisationsentwicklung für die Zukunft stellte ausführlich die Grundlagen der lernenden Organisation von Peter Senge u.a. vor und machte zum ersten Mal im deutschen Sprachraum die grundlegenden Arbeiten von Chris Argyris zur »eingeübten Inkompetenz« und zu »defensiven Routinen« bekannt. Außerdem liegt eine Neuauflage eines Standardwerks zur Lernenden Organisation und zur Schulentwicklung vor (Gerhard Fatzer: Ganzheitliches Lernen).
Neben internationalen Autoren publizieren wichtige deutschsprachige Autorinnen und Autoren in der Reihe wie zum Beispiel eine Autorengruppe um die VW-Coaching-Abteilung (Der Beginn von Coachingprozessen): Billmeier, Kaul, Kramer, Krapoth, Lauterbach und Rappe-Giesecke. Wolfgang Looss stellte als erster kritische Fragen an den Coaching-Begriff, als der große Hype um den Begriff im deutschsprachigen Raum noch gar nicht richtig gestartet war: Zusammen mit Kornelia Rappe-Giesecke und Gerhard Fatzer untersuchte Looss in dem Band Qualität und Leistung von Beratung die drei Beratungsmethoden Supervision, Organisationsentwicklung und Coaching. Looss’ Klassiker Unter vier Augen: Coaching für Manager ist bis heute eines der wichtigsten Bücher zum Thema geblieben. Die Reihe orientiert sich nicht an Trends, und dort, wo die Professional Community der Berater, Coaches und Supervisoren ihre eigenen Grundlagen und Methoden nicht ausreichend berücksichtigt, ist es Ziel von EHP-Organisation, Einbahnstraßen der Wahrnehmung und kulturelle Ignoranz zu unterlaufen. Es kommen die Autorinnen und Autoren zu Wort, die diesen interkulturellen Dialog praktizieren und konzeptionell untermauern. So wird mit dem Band von Fatzer/Jansen (Die Gruppe als Methode) die oft fehlende gruppendynamische Grundlage für die Beratung von Gruppen, Teams und Organisationen wieder zugänglich gemacht. Ein weiteres Beispiel ist die Monographie von Albert Koopman (Transcultural Management), die als erste ein erfolgreiches interkulturelles OE-Projekt dokumentierte und daraus ein breit anwendbares Modell der interkulturellen Beratung entwickelte. Das Buch von Barbara Heimannsberg und Christoph Schmidt-Lellek (Interkulturelle Beratung und Mediation) wendet die Grundlagen der Mediation auf den interkulturellen Bereich und auf die Organisationsentwicklung an. Zuletzt erschien dazu ein Buch, das dem Lebenswerk von Burkard Sievers gewidmet ist: Ahlers-Niemann / Beumer / Redding Mersky / Sievers: Organisationslandschaften mit einer breiten internationalen und multiprofessionellen Perspektive auf das wichtige Thema der destruktiven Prozesse in Organisationen. Arndt Ahlers-Niemann hat zusammen mit Edeltrud Freitag-Becker einen Band zu Netzwerken in die Reihe eingebracht, der ein breites Spektrum an Themen erschließt (Netzwerke – Begegnungen auf Zeit. Zwischen Uns und Ich).
Eine der wichtigen Interventionsformen, die EHP-Organisation (wie übrigens auch andere Veröffentlichungen im selben Verlag) besonders berücksichtigt, ist ›Dialog‹ als Methode: William Isaacs (Dialog als Kunst gemeinsam zu denken) und der Band von Christoph Mandl, Markus Hauser und Hanna Mandl (Die schöpferische Besprechung) haben hier im deutschsprachigen Raum Qualitätsstandards gesetzt. Die Autoren sind gleichzeitig Beiträger der Zeitschrift Profile. Internationale Zeitschrift für Veränderung, Lernen, Dialog / International Journal for Change, Learning, Dialogue, die mit ihrem Anliegen, das Verständnis von Menschen, Teams und Organisationen zu fördern, die Reihe EHP-Organisation ergänzt.
Die Arbeit von Ed Schein stand von Anfang an im Zentrum des publizistischen Auftrags von EHP-Organisation. Zahlreiche seiner Aufsätze erschienen früh in den Sammelbänden der Reihe und hier liegen seine Grundlagentexte in Übersetzungen vor. Sein Klassiker Prozessberatung für die Organisation der Zukunft ist einer der erfolgreichsten Bände der Reihe. Der Referenzcharakter von Scheins Büchern wird auch im provozierenden Buch Organisationskultur (›The Ed Schein Corporate Culture Survival Guide‹) unter Beweis gestellt. Seine Fähigkeit, auf lesbare Art komplexe Organisationszusammenhänge zu vermitteln, macht die Lerngeschichte von Digital Equipment Corporation auch zu einem Lektüregenuss (Aufstieg und Fall von Digital Equipment Corporation. DEC ist tot, lang lebe DEC). Scheins Führung und Veränderungsmanagement fasst zum ersten Mal seine Gedanken zu Führung in Unternehmen zusammen und wird durch eine Video-DVD mit einer Rede von Schein ergänzt. Zuletzt erschien Ed Scheins Prozess und Philosophie des Helfens, das ausführlich eine der Grundkompetenzen von Managern und Beratern vorstellt.
An Scheins Prozessberatung knüpfen die Autoren des vorliegenden Bandes an: Prozesse brauchen Psychologie. Hier ist ein Ansatz entwickelt, mit dem Unternehmen in entscheidenden Phasen von Veränderung begleitet werden: Prozesspsychologie. Zahlreiche Praxisbeispiele verdeutlichen Faktoren des Gelingens oder des Misslingens.
Herausgeber, Autoren und Verlag möchten Sie als Leser einladen, den neuen Band zusammen mit der gesamten Reihe als Möglichkeit zum Dialog innerhalb der globalen Professional Community zu verstehen.
Gerhard Fatzer
Zum Geleit: Das dauerhaft wirksame Unternehmen
Wir leben in instabilen Zeiten. Wandel, Komplexität, Unvorhersehbarkeit. Immer wieder Krisen. Immer wieder neue Risiken, neue Chancen. Immer wieder neue »Spielregeln«.
Wie schaffen Unternehmen unter diesen Bedingungen Überleben und Weiterentwicklung? Was macht eigentlich die Lebenskraft eines Unternehmens aus? Die Kraftquelle ist das in der Unternehmenskultur verankerte Wissen, wie unternehmerische Wirksamkeit funktioniert. Wie Wertschöpfung, Wettbewerbsüberlegenheit, Wachstum gelingt. Die große Ambition: Entwicklung zum dauerhaft wirksamen Unternehmen. Die wichtigste Fähigkeit: diszipliniertes und kreatives Umgehen mit Chancen. Die strategische Herausforderung: Der gewohnte Qualitätsund Preiswettbewerb spitzt sich zu einem globalen Chancenwettbewerb zu. Gewinner sind die Unternehmen, die es besser und schneller verstehen, eine verteidigbare Chancen-Leadership aufzubauen. Professionelles Chancenmanagement liefert dafür die strukturierten Vorgehensweisen. Professionelles Chancenmanagement – natürlich kombiniert mit dem notwendigen Risikomanagement – ist die Kernkompetenz des dauerhaft wirksamen Unternehmens.
Hier hakt dieses neue Buch ein. Der wertvolle Beitrag der Autoren besteht im Bewusstmachen der schicksalhaften Bedeutung der Prozesspsychologie. Die spezifische Prozesslogik der Vorgehensweisen des Chancenmanagement kann ihre Wirksamkeit nur entfalten, wenn die Prozesslogik mit einer fördernden Prozesspsychologie verschränkt ist. Wir – die Leser – erhalten tiefe Einblicke in die »Anatomie« der Prozesspsychologie. Da sind die beiden »Bühnen«, auf denen die unternehmerischen Aktivitäten ablaufen. Die eine Bühne: die Welt der offiziellen Ansagen. Die andere Bühne: die Welt der inoffiziellen Vorgänge. Der Einfluss des menschlichen Faktors. Die Führung in der Klemme. Das unternehmerische Geschehen nur auf der offiziellen Bühne organisieren? Wird nicht gelingen. Das Geschehen nur auf der inoffiziellen Ebene ansiedeln? Wird nicht die Wirksamkeit bringen, die es für den globalen Chancenwettbewerb braucht. Also? Ich lese das Anliegen der Autoren als ein Plädoyer für eine dritte Bühne. Eine Bühne, auf der ein interdisziplinäres Zusammenspiel aller erfolgskritischen Faktoren stattfindet. Mit Routinen, die die sachlogischen und psychologischen Aspekte verbinden. Mit integralen Interventionen sowohl auf der Ebene der Gesamtorganisation, als auch auf der Ebene der Gruppen/Teams, als auch auf der Ebene der Individuen. Mit Stabilität und Dynamik. Zukunftsoffen. Klar: Das ist ein permanenter Entwicklungsprozess. Das ist jedenfalls der Punkt: Für eine Entwicklung zum dauerhaft wirksamen Unternehmen gibt es nur einen Ort, wo diese gestaltet werden muss. Die dritte Bühne. Ein wichtiges Buch.
Peter H. Halek,