Lehren und Lernen. Andreas Schubiger

Lehren und Lernen - Andreas Schubiger


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Hinweise.

      Ursprüngliche Absicht war es, ein Methodenhandbuch zu schreiben. Ich habe mich aber nach verschiedensten Erfahrungen in der Lehrpraxis entschieden, ein umfassendes Lehrbuch mit integriertem Lernprozessmodell und umfassender Methodensammlung zu schreiben. Denn jede Methode zeigt ihre Wirkung erst, wenn sie im Lernprozess begründet, zieladäquat und geplant eingesetzt wird.

      Deshalb habe ich die Didaktik des Lehrens und Lernens zu Beginn meiner Ausführungen gestellt. Das Lernverständnis, eine Zusammenfassung empirisch belegter Faktoren «guten Lehrens und Lernens» sowie die Klärung des Kompetenzbegriffs bilden das Fundament. In der beruflichen Grundbildung und höheren Berufsbildung hat sich curricular die Kompetenzorientierung etabliert. Kompetenz, verstanden als Disposition zur Praxisbewältigung, wird inzwischen in der berufspädagogischen Fachwelt weitgehend akzeptiert. Weniger klar ist, wie sich Kompetenzen entwickeln lassen und wie ihre Umsetzung in der Praxis (Performanz) realisiert wird. Die Berufsbildung mit ihrer dualen und trialen Lernortstruktur bietet diesbezüglich aber beste Rahmenbedingungen.

      Basierend auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen habe ich das Lernprozessmodell RITA entwickelt (Ressourcen aktivieren, Informationen verarbeiten, Transfer anbahnen, Auswerten). Es vereint bekannte didaktische Modelle wie die Lernzielorientierung mit neueren Modellen der Ressourcenorientierung, Kompetenzentwicklung und der Transferdidaktik.

      Das Lernprozessmodell RITA dient sowohl der Planung als auch der Analyse von Lernveranstaltungen. Konsequenterweise folgt also ein Kapitel über die Planung, in dem der Grundstein für einen wirkungsvollen Methodeneinsatz gelegt wird. Insbesondere die Ressourcenorientierung bedarf der genauen Analyse der Lernervoraussetzungen, dem Vorwissen, den Vorerfahrungen, Einstellungen und Haltungen der Lernenden.

      Vielleicht überrascht es Sie, dass ich im methodischen Teil mit drei konservativen Schwerpunkten beginne: Frontalunterricht – Instruktion – Üben. Gut eingesetzt und mit den neuesten Erkenntnissen angereichert sind diese Lehrformen für die Informationsverarbeitung und den Wissensaufbau insbesondere für das Unterrichten von Novizen und fortgeschrittenen Anfängern unentbehrlich.

      Gruppenarbeiten, in der Vergangenheit kaum hinterfragt, zeigen ihre Wirkung nur unter bestimmten Voraussetzungen. In diesem Kapitel fasse ich die wichtigsten Wirkfaktoren zusammen und beschreibe neuere Formen kooperativen Lernens.

      Sowohl in der Grundbildung als auch in der höheren Berufsbildung sind die Lehrpläne auf die Ausbildung von Handlungskompetenzen im Sinne eines Transfers in die Praxis ausgerichtet. Das Kapitel über handlungsorientierte Methoden wird diesem Anspruch gerecht. Dabei wirken handlungsorientierte Methoden auf zwei Ebenen. Einerseits wird handelnd gelernt und andererseits bereiten sie auf das Handeln in der Praxis vor.

      Mit dem Auswerten von Lernergebnissen schliesse ich den Hauptteil des Buches ab. Prüfen will gelernt sein und das kompetenzorientierte Lehren und Lernen verlangt nach entsprechenden Methoden.

      Im hinteren Teil des Buches finden Sie eine umfassende Methodensammlung. Jede Methode wird konsequenterweise zum Lernprozessmodell RITA referenziert. Alle Methoden sind in der Praxis mehrfach erprobt, nichtsdestotrotz müssen sie von den Ausbildenden den eigenen Gegebenheiten angepasst und entsprechend modifiziert werden.

      Viele Erkenntnisse und praktischen Beispiele in diesem Buch haben ihren Ursprung in Gesprächen mit Lehrenden und Lernenden. Ich bedanke mich bei allen für Anregungen und kritische Einwände. Ein ganz besonderer Dank gebührt meinem Team des Kompetenzzentrums für angewandte Berufspädagogik, speziell Harry Graschi, Joe Gerig und Susan Rosen, die mich mit Fragen und Hinweisen unterstützten und zur Niederschrift meiner bald 30-jährigen Lehr- und Lernerfahrungen motivierten. Joe Gerig gebührt besonderer Dank, weil er mir insbesondere in der Schlussphase unterstützend und in aller Hartnäckigkeit zur Seite stand.

      Dieses Werk läge schliesslich nicht vor, wenn nicht meine Frau Brigitte Riedmann sich immer wieder kritisch mit meinen Gedankenmodellen auseinandergesetzt hätte.

      Es freut mich ganz besonders, dass das vorliegende Buch in der Zwischenzeit eine breite Fachleserschaft gefunden hat und wir nach drei Jahren bereits eine zweite, korrigierte Auflage herausgeben dürfen. In den letzten drei Jahren stellte ich das diesem Buch zugrunde liegende kompetenzorientierte Lernprozessmodell in diversen Vorträgen und Schulungen vor. Die positiven Rückmeldungen haben mich darin bestärkt, dass dieses Lernprozessmodell zum didaktischen Handeln im reflexiven, planenden wie ausführenden Sinne anleitet – also nicht einen weiteren Beitrag zum trägen Wissen leistet. Noch mehr freut mich, dass in der Zwischenzeit ganze Bildungsinstitutionen das Modell als Grundlage ihrer didaktischen und berufspädagogischen Ausrichtung verwenden. Ungeachtet dieser positiven Rückmeldungen ist ein solch vorliegendes Modell nur eine Denkstruktur, die zur Umsetzung eine kreative und reflektierte Gestaltung von Lernprozessen durch erfahrene und engagierte Lehrpersonen erfordert.

      Dr. Andreas Schubiger

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      Lernverständnis

      Wie lernen wir? Ein Buch über das Lehren und Lernen kommt nicht daran vorbei, sich ernsthaft damit zu beschäftigen. Unser Lernverständnis ist die wesentliche und nicht immer explizite Voraussetzung dessen, was in den folgenden Kapiteln in Form von didaktischen Prinzipien und methodischen Umsetzungen beschrieben wird.

      Am Kompetenzzentrum für angewandte Berufspädagogik des ZbW hat sich ein Lernverständnis entwickelt, welches wir hiermit offenlegen. Dieses beruht auf vielfältigen Erfahrungen aus der Durchführung von Lehrgängen der höheren Berufsbildung und der Aus- und Weiterbildung von Berufsbildungsverantwortlichen verschiedenster Lernorte.

      Wir verstehen das Lehren und Lernen als ein Wechselspiel zwischen Instruktion und Konstruktion, als Balanceakt zwischen einer anleitenden und orientierenden Hilfestellung durch die Lehrenden und selbstgesteuerter Aktivitäten der Lernenden. Lehren und Lernen verstehen wir als partnerschaftliches Zusammenspiel zwischen Lehrenden und Lernenden. Voraussetzung für ein gelingendes Lernergebnis ist daher eine hohe Leistungsbereitschaft der Lehrenden und Lernenden.

      Handlungswissen allein führt aber noch nicht zu professionellem Handeln, vielmehr muss die Umsetzung durch verschiedene Begleitmassnahmen unter Einbezug der Praxis, durch handlungsorientierte Lehr- und Lernformen, intelligente Übungsmöglichkeiten und transferorientierte Übungen angeleitet und unterstützt werden.

      Lernen ist ein aktiver, selbstgesteuerter Prozess

      Lernen bedeutet, sich aktiv mit Lerninhalten zu beschäftigen. Dies verhindert die Entstehung von trägem Wissen. Die Lernenden erhalten Gelegenheit, sich mit den Lerngegenständen handelnd auseinanderzusetzen und dieses Handeln zu reflektieren. Lehrende ermöglichen den Lernenden durch die Gestaltung der Lernumgebung einen aktiven und selbstgesteuerten Umgang mit den Lerngegenständen. Ihnen kommt die Aufgabe zu, so viel Selbststeuerung wie möglich zu initiieren und so wenig Fremdsteuerung wie nötig zu leisten. Dies weckt das Interesse und fördert die Offenheit, sich auf Lernangebote einzulassen, sich fragend mit Theorien auseinanderzusetzen, handelnd neue Erfahrungen zu sammeln und neue Erkenntnisse zu reflektieren.

      Lernen ist ein konstruktiver Prozess

      Die Lernumgebung wird so gestaltet, dass die Lernenden Phänomenen fragend begegnen und sich ihre eigenen Antworten konstruieren können. Lernen verstehen wir konstruktivistisch als individuellen Aufbau von Wissensstrukturen, die mit verschiedenen Situationen und sozialen Zusammenhängen verbunden werden.

      Lernen ist ein kumulativer Prozess

      Lernen ist ein Anknüpfen an Vorwissen und Erfahrungen. In Lerngruppen bestehen diesbezüglich unweigerlich unterschiedliche Voraussetzungen. Die Lehrenden nehmen auf diese Unterschiede Rücksicht und ermöglichen den Austausch der Erfahrungen und das Anknüpfen an individuellem Vorwissen.

      Lernen ist ein zielorientierter Prozess

      Ausbildungen ermöglichen das Erreichen bestimmter Lernziele. Es ist die Aufgabe von Lehrenden, diese Ziele transparent zu kommunizieren und den Lernenden die Möglichkeit zu geben, sich daran zu messen. Ziele dienen der Planung, Durchführung und Überprüfung von Handlungen. Offene Lernumgebungen


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