Rechtliche Rahmenbedingungen für Geschäftstätigkeiten in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Jörg Seifert
Anstieg der Tourismuszahlen führen zu einer hohen Nachfrage nach Konsumgütern, Dienstleistungen und Wohnraum. Ein negativer Begleiteffekt zeigte sich im Jahr 2008, in dem die Inflationsrate 20 % betrug. In den Jahren 2009 bis 2012 fiel die Inflationsrate auf 0,7 %, doch laut aktuellen Prognosen für 2014 wird sie sich auf 2,5 % erhöhen.
Der Bauboom erhielt mit der Finanzkrise im Jahr 2009 einen deutlichen Dämpfer, doch besonders seit der Verkündung, dass die Expo 2020 in Dubai stattfinden wird, ist die Stimmung deutlich optimistischer und es wird wieder fleißig in große Projekte investiert.
Nach den langfristigen Visionen der Herrscher von Dubai und Abu Dhabi sind die beiden Emirate zu unangefochtenen Wirtschaftszentren der arabischen Welt und zu der großen Transitscheibe zwischen Amerika und Europa auf der einen Seite sowie Asien und Afrika auf der anderen Seite geworden. Wirtschaftsschwerpunkte sind Handel, Luftverkehr, Tourismus sowie energieintensive Industrien. Langfristig soll dann das Heer der ungelernten Gastarbeiter durch qualifizierte Fachkräfte ersetzt werden. Bislang geht die Strategie auf: Die VAE sind nach Singapur und Hongkong einer der führenden Zwischenhandelsplätze. Abu Dhabi Airport kann stark steigende Passagierzahlen aufweisen, im April 2013 reisten 5,2 Mio. Menschen über den Flughafen, 14 % mehr als im selben Monat im vorherigen Jahr. Dubai International Airport ist mittlerweile mit 5 Mio. Menschen für zehn konsekutive Monate der Flughafen mit dem weltweit zweithöchsten Passagieraufkommen. Der Tourismus ist auf Erfolgskurs, obwohl Dubai mittlerweile mit die höchsten durchschnittlichen Zimmerpreise der Welt verlangt.
Wie kein anderes Land der Welt verbrauchen die VAE die Ressourcen dieses Planeten. Langsam scheint sich jedoch so etwas wie Umweltbewusstsein durchzusetzen. Neben dem Bau der Öko-Stadt Masdar-City, mit der Abu Dhabi neue Maßstäbe setzen will, wird immer mehr in erneuerbare Energien investiert. Dennoch bleibt das Land weit hinter anderen zurück, wenn es darum geht, seinen ökologischen Fußabdruck zu minimieren. Auch in anderer Hinsicht besteht noch Nachholbedarf: Während Singapur begonnen hat, sich über steigende Meeresspiegel ernsthafte Sorgen zu machen, wird in Dubai auch noch das letzte seichte Gewässer mit flachen Sandinseln zugebaut. Zyniker sehen da allerdings keinen Grund zur Sorge: Die großen Entwicklungsgesellschaften sind vornehmlich an der schlüsselfertigen Übergabe interessiert, die folgenden Risiken und Unterhaltskosten interessieren dagegen kaum. Zudem betrug die durchschnittliche Lebenserwartung eines Gebäudes in den VAE in der Vergangenheit gerade einmal 25 Jahre. Selbst, wenn inzwischen besser gebaut wird, fragen sich Kritiker, ob die meisten Gebäude auf den künstlichen Palmeninseln in 40 oder 50 Jahren noch stehen werden und dann von einem steigenden Meeresspiegel betroffen sind.
2.2 Investitionen
Die VAE sind nach einer vierjährigen Talfahrt wieder Standort umfangreicher Projektinvestitionen. Ende Oktober 2013 betrug das Projektvolumen von geplanten und laufenden Projekten US$ 710 Mrd. Laut eines Berichts von dem Beratungsunternehmen EC Harris wollen die VAE bis 2030 US$ 329 Mrd. in Bauprojekte investieren.
Die VAE verfolgen eine Politik vorsichtiger wirtschaftlicher Reformen, eine Diversifikation der Wirtschaft und einer stärkeren Rolle des Privatsektors. Die Behörden arbeiten seit Mitte 2008 an einem neuen Investitions- und Gesellschaftsrecht, mit dem privatwirtschaftliche Investitionen in- und ausländischer Anleger gefördert werden sollen.
2.3 Außenhandel
Die Einfuhren der VAE sind, bewertet in US-Dollar, in den letzten Jahren angestiegen. Wurden 2010 für rund US$ 164,6 Mrd. Waren eingeführt, so waren es 2012 US$ 221,9 Mrd. Die bisherige Entwicklung geht vornehmlich auf das Konto einer stark gestiegenen Nachfrage an Konsumgütern sowie Inputs für die verschiedenen Infrastrukturprojekte des Landes. In den nächsten Jahren kommt der Bedarf einer Vielzahl neuer umfangreicher Bau- und Infrastrukturvorhaben hinzu. Für die gestiegenen Werte sind allerdings auch die teilweise hohen internationalen Rohstoffpreise und die Schwäche des US-Dollars verantwortlich, an den der Dirham gebunden ist. Dadurch haben sich vor allem Einfuhren aus der EU stark verteuert. In der Region bleiben die VAE in den nächsten beiden Jahren der größte Importeur von Waren.
Eine besonders bemerkenswerte Entwicklung sind die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zwischen der VAE und der Volksrepublik China. Verschiedene Staatsfirmen des Emirats Dubai haben im Reich der Mitte investiert und wollen ihre Erfahrung mit großen Bauprojekten einbringen. DP World betreibt mittlerweile bereits fünf Terminals in vier chinesischen Häfen und baut einen gigantischen Container-Terminal in Qingdao. Der Handel zwischen den beiden Ländern ist zwischen 2002 und 2012 um ein Fünffaches gestiegen. 2002 betrug das Handelsvolumen US$ 3,2 Mrd. und im Jahr 2012 waren es US$ 15,6 Mrd. Es ist allerdings ein offenes Geheimnis, dass ein Großteil der chinesischen Lieferungen wegen der UN-Sanktionen nach Iran re-exportiert wird. In den VAE operieren etwa 3.500 chinesische Firmen, meist sind sie in Dubai angesiedelt. Hinzu kommen mehr als 200.000 Gastarbeiter.
Das wichtigste Lieferland der VAE dürfte 2011 mit einem Anteil von rund 17,4 % Indien gewesen sein. Die beiden nachfolgenden Plätze belegten mit 9,1 % China und mit 8,8 % die USA. Als Handelspartner für Deutschland spielen die VAE zwar keine vergleichbare, in der Region aber dennoch eine sehr wichtige Rolle. Die deutschen Ausfuhren in die VAE wuchsen 2012 um rund 30 Prozent, d.h. auf 9,77 Mrd. Euro, an. Auf der Liste der Abnehmerländer für deutsche Waren standen die Emirate 2012 nach den Erhebungen des Statistischen Bundesamtes auf Rang 23. Unter den arabischen Ländern sind die VAE das wichtigste Abnehmerland.
2.4 Industrielle Perspektive
Die Industrie liefert mit 56,1 % (2012) den größten Beitrag zum BIP, wobei der Anteil der Rohöl- und Erdgasindustrie auf 25 % gesenkt werden konnte. Den zweitgrößten BIP-Anteil hat der Dienstleistungssektor mit 43,1 % und wird wohl in den nächsten Jahren noch an Bedeutung gewinnen.
Etwa 80 % der Nicht-Ölexporte stammen von verschiedenen industriellen Freihandelszonen (FTZ), in denen es sehr viel leichter ist, ein Unternehmen zu etablieren. Die bekannteste und erfolgreichste ist Jebel Ali Free Trade Zone. Die Mehrzahl dieser Freihandelszonen liegt in Dubai. Andere Emirate strengen sich an, ihr Angebot zu erhöhen und zu verbessern. In Abu Dhabi wurden zum Beispiel Anfang 2008 vier neue Industriezonen eingerichtet, viele weitere entstanden in den Folgejahren.
2.5 Kfz-Industrie
Die VAE verfügen de facto über keine eigene Kfz-Industrie. Es gibt bislang lediglich die Initiative der Gulf Automobile Industry Corp. (GAIC), die sich in Abu Dhabi an einem selbstgebauten Pick-up versucht, dessen Teile in verschiedenen Ländern zusammengekauft werden. Eine Reihe kleinerer Firmen produziert diverse Kfz-Teile.
Dessen ungeachtet sind die VAE ein Land des Autos: Das Benzin ist billig, ein öffentlicher Nahverkehr steht erst am Anfang und die Temperaturen sind für Fußgänger meist zu hoch. Kfz-Händler melden kräftig steigende Absatzzahlen – mittlerweile ist es der am schnellsten wachsende Automobilmarkt der Welt. Dieser Trend dürfte sich die nächsten Jahre fortsetzen. Hinzu kommt Dubais zunehmend stärkere Position als Umschlagplatz für neue und gebrauchte Kfz sowie als Zwischenlager für Kfz-Teile auf ihrem Weg nach Asien und Afrika.
2.6 Chemie
Die Petrochemie und andere nachgelagerte Betriebe dürften der wichtigste Industriezweig der VAE sein. Hauptunternehmen ist Borouge mit einem Ethylen-Cracker und einer Polyethylen-Produktion. Im Vergleich mit Saudi-Arabien, Kuwait und Katar kann sich die Petrochemie der VAE bislang allerdings kaum sehen lassen.
Mit der Wiederbelebung des 2008 von der Abu Dhabi National Chemicals Company (ChemaWEyaat) geplanten Tacaamol Chemicals-Projekts in Ruwais ist Abu Dhabi mit seinen Diversifizierungsplänen einen großen Schritt vorangekommen. Nach Fertigstellung soll die Einrichtung zum Hauptknotenpunkt für die Petrochemie werden. Mitte März 2008 hatten sich der Abu Dhabi Investment Council (ADIC), die Borealis AG und die International Petroleum Investment Company (IPIC) bereits auf den Bau einer neuen Chemie-Industriestadt geeinigt. Schon nach einer ersten, 2013 abgeschlossenen Entwicklungsphase sollte der Komplex der größte seiner Art weltweit sein. Geplant waren unter anderem