Das Yoga-Lexikon. Wilfried Huchzermeyer
Yogis und Persönlichkeiten des Hinduismus wurde darauf verzichtet, auf persönliche Kontroversen einzugehen, in welche einige von ihnen verwickelt wurden. Um diese Thematik fair und gerecht abzuhandeln, wären oft lange Ausführungen oder gar eigene Recherchen erforderlich, wie sie an dieser Stelle nicht möglich sind. Ziel der Biografien ist es, einen kurzen Überblick über das Leben und Wirken der Personen zu bieten, Details stehen Interessenten heute auf vielfältigen Internetseiten zur Verfügung. Während diese durch zahlreiche Einträge im Laufe der Zeit immer länger und unübersichtlicher werden, ist es der Vorteil eines gedruckten Lexikons, in bündiger Form die wesentlichen und gesicherten Inhalte einer Biografie darstellen zu können.
Die Erwähnung von Namen erfolgt aufgrund eines bestimmten Bekanntheitsgrades in der Yoga-Welt und es wurden vor allem indische Yoginis und Yogis aufgenommen. Dagegen wurden westliche Yoga-LehrerInnen nur erwähnt, falls sie einen besonderen Stil geschaffen haben. Andernfalls wäre die Zahl der Einträge sehr hoch, weil es heute viele bekannte Persönlichkeiten in der aktuellen Yoga-Szene gibt, wobei es schwer fallen würde, eine Auswahl zu treffen.
Ansonsten folgt das Buch der bewährten Systematik des Yoga-Wörterbuchs. So wurde in den einzelnen Artikeln auf Querverweise mithilfe von Pfeilen, wie sie sich oft in Nachschlagewerken finden, verzichtet, weil sie den Lesefluss stören. Tatsächlich sind sie hier auch überflüssig, denn alle Stichwörter sind gut vernetzt, und wenn in einem Beitrag ein neues Sanskrit-Wort auftaucht, so wird es in der Regel auch als separater Eintrag zu finden sein. Zudem wird am Ende eines Beitrags oft auf weitere relevante Artikel hingewiesen oder bisweilen auch im Artikel ein wichtiges Stichwort kursiv gedruckt, wenn es gesondert nachgeschlagen werden sollte.
Hinsichtlich der Bedeutung von Sanskrit-Wörtern ist zu beachten, dass Sanskrit immer noch eine lebendige Sprache ist und dass sich einige Wörter in der Bedeutung weiterentwickeln, wie dies auch in der Vergangenheit der Fall war. So werden in diesem Lexikon z.B. auch die aktuellen Bedeutungen von „Yoga“ oder „Hatha-Yoga“ genannt. haṭha bedeutete früher Kraft, Gewalt, und diese Übersetzung erscheint in den herkömmlichen Sanskrit-Wörterbüchern. In Glossaren von modernen Yoga-Titeln finden wir dagegen für haṭha häufig Übersetzungen wie „Kraft, Willenskraft, Stärke, Energie, Ausdauer“ etc. Hier hat sich ganz offensichtlich ein Bedeutungswandel ergeben, dem im vorliegenden Nachschlagewerk Rechnung getragen wird, indem bei einigen Wörtern nicht nur die traditionelle, sondern zusätzlich auch die moderne Bedeutung genannt wird.
Abschließend noch ein Hinweis: auf unserer Seite sanskrit.de finden Sie einen Devanagari-Konverter, mit dessen Hilfe Sie Texte in Devanagari-Schrift oder Wörter mit diakritischen Zeichen wie z.B. śāstra setzen können.
Wilfried Huchzermeyer
Einleitung
1. Die Schreibweise von Sanskrit-Wörtern
Jeder Autor eines Nachschlagewerkes mit Sanskrit-Wörtern muss zunächst deren Schreibweise bestimmen. Bei den Sanskrit-Schriftzeichen gibt es keinen Unterschied zwischen großen und kleinen Zeichen, daher müsste man eigentlich alle Wörter einheitlich klein schreiben wie krishna, yoga, cakra, mantra. Aber es hat sich im Deutschen (teils auch im Englischen) eingebürgert, nicht nur die Eigennamen, Götternamen, Literaturtitel etc. groß zu schreiben, sondern auch alle gängigen Begriffe wie eben Yoga oder Mantra. Aus Gründen der Einheitlichkeit werden deshalb im Lexikon alle Sanskrit-Wörter am Anfang mit Großbuchstaben geschrieben, außer wenn es sich um die Wiedergabe von Original-Sanskrit-Zitaten handelt wie etwa den Text eines Mantras.
Aber auch abgesehen von dieser Frage gibt es zum Teil mehrere Optionen für die Schreibweise. Das Wort Shiva zum Beispiel erscheint in deutschen Büchern in vierfacher Version: Shiva, die englische Schreibweise; Schiwa, die eingedeutschte Version; Śiva, mit „diakritischem“ Zeichen; und Siva, ohne dieses Zeichen, wie z.B. auch in „Sivananda“.
2. Die diakritischen Zeichen
Die diakritischen Zeichen haben im Sanskrit eine wichtige Funktion, wie leicht anhand des Wortes kali demonstriert werden kann. Mit kurzen Vokalen bedeutet es „Streit“, „Zwist“, mit langen Vokalen, kālī, ist es der Name der bekannten Göttin, der Gemahlin Shivas. Ähnlich ist t nicht gleich ṭ oder ṣ nicht gleich ś.
Da es aber für die meisten Leser ziemlich ungewohnt sein dürfte, ständig Wörter wie Kṛṣṇa oder Viṣṇu zu lesen, wurde im vorliegenden Buch die folgende Lösung gewählt: Alle Wörter, außer Eigennamen, erscheinen grundsätzlich mit den Längenzeichen, z.B. Prāna. Falls das Wort noch zusätzlich ein diakritisches Zeichen enthält, wird dies zu Beginn des Eintrags in eckigen Klammern vermerkt: [prāṇa]. Dadurch wird es jenen Lesern, die in eigenen Büchern oder Artikeln durchweg diakritische Zeichen verwenden, ermöglicht, die betreffenden Wörter exakt nachzuschlagen und richtig zu schreiben.
Eigennamen werden in den Texten so wiedergegeben, wie sie allgemein in der spirituellen Literatur erscheinen, z.B. Sivananda oder Yogananda, aber in eckigen Klammern erscheinen wiederum die diakritischen Zeichen als Aussprachehilfe, [śivānanda].
Bei den Āsanas wurde auf die eckigen Klammern verzichtet, weil alle Āsanas am Ende des jeweiligen Eintrags in Wort-für-Wort-Übersetzung wiedergegeben werden und dabei dann die diakritischen Zeichen erscheinen. Zudem können die entsprechenden Schreibweisen auch in der „Āsana-Tabelle“ im Anhang nachgeschlagen werden.
3. Die Transkription
Da die Umschrift der indischen Devanāgarī-Schrift zuerst von Engländern erarbeitet wurde, folgt die Logik der Transkription jener der englischen Sprache. Deswegen lesen wir so oft Shiva oder Krishna statt Schiwa oder Krischna. Und niemand schreibt Tschakra für Cakra bzw. Chakra, obwohl dies aus deutscher Sicht logisch wäre. Hier ist übrigens „Cakra“ die bessere Schreibweise, aus indo-logischer Sicht, aber das ist eine komplizierte Materie für alle, die sich nicht eingehend mit der Devanāgarī-Schrift beschäftigt haben.
Im vorliegenden Buch wurden die Schreibweisen Shiva, Upanishad, Vishnu, Shakti etc. übernommen, weil sie auch in der deutschen Yoga-Literatur am häufigsten verwendet werden. Aber in einigen Fällen wird die alternative, eingedeutschte Schreibweise hinzugefügt, wenn sie auch gebräuchlich ist, z. B. Arjuna, Ardschuna.
4. Das Genus
Sanskrit-Hauptwörter können drei verschiedene Geschlechter haben, Maskulinum, Neutrum oder Femininum. Dies wurde jeweils durch kursives m, n, f bezeichnet und hat auch seinen praktischen Nutzen. Wer sich z.B. die Frage stellt, ob man besser der oder das Yoga sagt, kann es nachschlagen und findet dann Yoga m, also der Yoga. In einigen seltenen Fällen kann ein Wort sowohl m als auch n sein, z.B. Āshrama, daher der oder das Ashram, wobei die erstere Version im Deutschen wohl etwas gebräuchlicher ist. Wenn das betreffende Wort sowohl als Adjektiv als auch als Hauptwort auftritt, steht dort z.B. adj oder m.
5. Lautgesetze
Insbesondere die Āsana-Namen setzen sich oft aus vielen einzelnen Wortelementen zusammen, es handelt sich um sogenannte Komposita. Wir schreiben in diesem Wörterbuch alle Namen in einem Wort, so wie im Original, doch bei sehr langen Komposita werden die einzelnen Elemente noch einmal mit Bindestrich aufgeschlüsselt, um das Lesen und Verstehen zu erleichtern, zum Beispiel Adhomukhashvanāsana, adho-mukha-shvan-āsana. In der Yoga-Literatur finden sich oft auch Schreibweisen wie Adho Mukha Svanasana etc., indem aus Gründen der Übersichtlichkeit und Lesbarkeit die Bestandteile des Kompositums auseinandergezogen werden.
Wenn die einzelnen Wortelemente im Kompositum zusammengesetzt werden, tritt oft ein bestimmtes Lautgesetz in Kraft. So wird Koṇaāsana zu Koṇāsana oder Baka-āsana zu Bakāsana. Das Gesetz lautet: Gleichartige Vokale verschmelzen in ihre Länge. Wenn also ein kurzes oder langes a auf ein kurzes oder langes a trifft, wird daraus immer ā.
In relativ seltenen Fällen treten auch andere Lautgesetze in Kraft, so wird z.B. Marīci-āsana zu Marīcyāsana oder adhaḥ-mukha zu adhomukha. Bei den Upanishaden findet sich in der Literatur oft statt Īsha-Upanishad oder Kena-Upanishad etc. die Schreibweise Ishopanishad, Kenopanishad. Hier kommt ein Lautgesetz zur Anwendung, nach dem ein auslautendes a mit anlautendem u zu o verschmilzt.
6.