Das Yoga-Lexikon. Wilfried Huchzermeyer

Das Yoga-Lexikon - Wilfried Huchzermeyer


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Idealfall soll der Meditierende etwas von dem, was er in der Stille erfährt, im äußeren Leben manifestieren und dort z.B. die erlangte innere Ruhe auch un­ter schwierigen Umständen zunehmend aufrechterhalten.

      Im Yoga wurden viele Techniken entwickelt, um den Geist bei der Sammlung zu unterstützen. Eine weit verbreitete Übung besteht darin, entspannt den eigenen Atem zu beobachten und dadurch auf natürliche Weise eine Ruhe zu finden, die den Boden für eine anschließende Meditation bereiten kann.

      Wissenschaft und Medizin haben Meditation mit ihren eigenen Mitteln und Instrumenten erforscht und zweifelsfrei festgestellt, dass sie, richtig durchgeführt, positive Auswirkungen auf den menschlichen Organismus hat.

      Siehe auch Samādhi.

      Dhyānabindu-Upanishad [upaniṣad] f eine der Yoga-Upa­ni­shaden, beschäftigt sich mit der Meditation insbesondere mittels der heiligen Silbe Om.

      Dhyāna-Mudrā f Meditationsgeste. Eine Mudrā oder symbolische Geste, bei der der Rücken der rechten Hand auf der Handfläche der linken liegt, wobei die Daumenspitzen sich berühren und die Hände im Schoß ruhen. Diese Mudrā bringt einen Zustand der Erleuchtung zum Ausdruck.

      Dhyāna-Yoga m Yoga der Meditation. Siehe Dhyāna.

      Digambara m den Himmel (diś, dig) als Bekleidung habend, d.h. unbekleidet, nackt. Bezeichnung für Angehörige einer extrem asketischen Jaina-Tradition.

      Dikpāla, Dikpati m Hüter einer bestimmten Himmelsregion.

      Dilīpa m Name eines Königs im alten Indien, ein Vorfahre Rāmas.

      Dīkshā [dīkṣā] f Einweihung, Initiation, spielt eine große Rolle bei vielen traditionellen Yoga-We­gen, insbesondere im Tantra. Einige Schriften erklären, dass Erleuchtung nur durch Einweihung seitens eines qualifizierten Meisters möglich werde. Dabei wird gleichsam ein Funke der inneren Verwirklichung des Gurus auf den Schüler übertragen. Dies kann auf direktem Wege erfolgen, etwa durch einen Blick oder durch Hand­auflegen, zumeist jedoch mittels eines Mantras, d.h. eine heilige Silbe, ein Wort oder eine Formel.

      Dīpāvalī f siehe Divālī.

      Dīrghatamas m Name eines vedischen Rishis, der einige Hymnen des Rig-Veda verfasste. Er war der Vater von Kakshivat.

      Diti f die Schwester Aditis, Mutter der Asuras oder Dämonen, der „Daityas“. diti bedeutet wörtl. „begrenzt“.

      Divālī, Dīpāvalī f [Hindī] ein Lich­ter-Fest, das fünf Tage lang ab dem Neumondstag von Kārtik, dem achten Monat des Hindu-Kalenders, gefeiert wird. Dabei werden zahllose Lampen auf Hausdächern etc. entzündet, die den Sieg des Lichts über die Dunkelheit, des Guten über das Böse symbolisieren.

      Im Sans­krit bedeutet dīpāvali Lichterreihe, nächtliche Erleuchtung. Siehe auch Lakshmī-Pūjā.

      Divya adj göttlich. Im Tantra eine der drei Hauptkategorien von Suchern.

      Der Divya-Typus ist unwiderruflich im göttlichen Bewusstsein verankert und strahlt Liebe und Wahrhaftigkeit aus. Für ihn sind Rituale nicht mehr notwendig, aber er kann sie weiterhin durchführen, um anderen ein Beispiel zu geben.

      Siehe auch Pashu, Vīra.

      Divya-Cakshu [cakṣu] m „göttliches Au­­ge“, die okkulte Fähigkeit der Hellsichtigkeit, die manchen Yo­gīs zugeschrieben wird.

      Siehe auch Siddhi.

      Divya-Shrota [śrota] n „göttliches Hören“, die okkulte Fähigkeit des Hellhörens, die manchen Yogīs zugeschrieben wird.

      Siehe auch Siddhi.

      Dolāsana n die Schaukel-, Pendelhaltung.

      dola – hin und her bewegen, schwingen; āsana – Haltung.

      Dosha [doṣa] m Fehler, Defekt. Bezeichnet Impulse und Neigungen wie Lust, Begierde, Trägheit etc., welche für die Yoga-Praxis hinderlich sind.

      Im Āyurveda bezeichnet „Dosha“ die drei Humore oder Körpertemperamente Kapha, Pitta und Vāta, aus deren Zusammenwirken körperliche und geistige Vorgänge erklärt werden.

      Drashtri, Drashtā [draṣṭṛ, draṣṭā] m Seher. Im Yogasūtra das Selbst, das den Strom geistiger Abläufe als Zeuge betrachtet.

      Draupadī f im Mahābhārata die Tochter von König Drupada und Ehefrau der fünf Pāndavas. Arjuna gewann sie bei ihrem Svayamvara, als er einen Wettbewerb im Bogenschießen für sich entschied. Als die fünf Brüder nach Hause kamen und ihrer Mutter zuriefen, sie hätten ein großes Geschenk erworben, antwortete sie, ohne Draupadī zu sehen, sie sollten es alle brüderlich teilen. Daraufhin akzeptieren die Pāndavas ihr Wort und wurden Draupadīs gemeinsame Gatten.

      Draupadī tritt im Verlaufe des Mahābharata als sehr selbstbewusste und selbstbestimmte Frau auf, die in kritischen Situationen mutig eingreift oder ihre Gatten zur Aktion mahnt. Im Gegensatz zu Rāmas Frau Sītā, die immer treu und unterwürfig ist, hat Draupadī eine rebellische Natur und bekräftigt wiederholt ihre Rechte als Frau in einer dominanten Männer-Welt. Ihre fünf Söhne starben in der großen Schlacht bei Kurukshetra.

      Draviden, Drawiden Name der Urbevölkerung Indiens, Sprecher der dravidischen Sprachen.

      Die Draviden sind in der Südhälfte Indiens beheimatet, einige kleine Sprachinseln finden sich auch noch weiter nördlich. Die vier wichtigsten dravidischen Sprachen Tamil, Telugu, Malayalam und Kannada werden in Tamil Nadu, Andhra, Karnataka und Kerala von insgesamt über 200 Millionen Menschen gesprochen.

      Die akademische Indologie geht davon aus, dass diese Sprachen in keiner Weise mit den indogermanischen verwandt sind, doch haben einzelne Forscher immer wieder auf gemeinsame Wurzeln hingewiesen. So vertrat Sri Aurobindo in seinem Werk Das Geheimnis des Veda die These einer verborgenen Verwandtschaft des Sans­krit und Tamil und führte eine Reihe von Belegen dafür an. Auch der Linguist Aharon Dolgopolsky sah diese beiden Sprachen vereint in der „nostratischen“ Sprachgruppe.

      Manche Forscher glauben, dass die Draviden einige Tausend Jahre v. Chr. nach Indien eingewandert sind, etwa aus dem östlichen Iran (K.V. Zvelebil). Ebenso wird auch vermutet, dass Proto-Draviden die Indus-Kultur (ca. 2800 – 1800 v. Chr.) begründet haben könnten, was andere Gelehrte jedoch zurückweisen. Solange die Schriftzeichen dieser Kultur nicht beweiskräftig entziffert sind, lässt sich diese Frage nicht endgültig klären.

      Die von westlichen Indologen aufgestellte These einer „arischen Einwanderung“ ca. 1500 v. Chr. hatte letztlich auch politische Folgen in Form einer bewusstseinsmäßigen Konfrontation nördlicher Arier und südlicher Draviden, wobei die letzteren z.B. gegen die Dominanz des in Nordindien beheimateten Hindī protestierten und die Schönheit und Bedeutung ihrer eigenen Sprachen hervorhoben. Insbesondere die Tamilen sind stolz auf die lange Geschichte und wertvolle Literatur ihrer Tamil-Sprache, deren erste Inschriften aus der Zeit von Kaiser Ashoka (3. Jh. v. Chr.) stammen.

      Drishti [dṛṣṭi] f Blick, Sichtweise, Ansicht. Die Art des Blickes während der Meditation, d.h. geschlossen, halb geschlossen oder offen.

      Drishya [dṛṣya] n das Sichtbare, Gegenständliche. Im Yogasūtra ein Synonym für Prakriti.

      Drona, Dronācārya [droṇa, dro­ṇā­cārya] m Name eines prominenten Kampfkunstlehrers im Mahā­bhā­rata. Er unterwies sowohl die Pāndavas als auch die Kauravas und kämpfte im Krieg auf Seiten der letzteren. Nachdem Bhīsh­ma gefallen war, führte Drona die Armee der Kauravas.

      Drupada m Name des Königs der Pañcā­las, Vater der Draupadī, der Ehegattin der Pāndavas.

      Dschainismus siehe Jainismus.

      Duhkha [duḥkha] n Schmerz, Leid, Sorge, gehört dem persönlichen Ich an und kann durch Yoga reduziert werden. So heißt es in der Bhagavadgītā 6.23: „Dies möge man als Yoga erkennen, das Erlöschen der Verbindung mit der Sorge.“

      Duhshāsana [duḥśāsana] m einer der hundert Söhne des Dhritarāshtra. Er demütigte Draupadī, die Ehegattin der Pāndavas, in einer


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