12 Jesse Trevellian FBI Thriller August 2021: Krimi Paket. A. F. Morland
„Ich weiß nicht. Irgendwie habe ich das Gefühl, dort etwas übersehen zu haben. Aber das kann auch nur Einbildung sein.“
„Naja, bevor wir uns bei Captain Josephson sehen lassen kann eine kleine Erholungspause vielleicht nicht schaden“, meinte Milo.
Keiner von uns sprach es offen aus, aber wir traten auf der Stelle. Und zwar sowohl bei der Suche nach dem Red Hair Killer als auch was die Hintermänner der JAMAICA BAY-Affäre betraf. Es war wie so häufig im Kampf gegen das organisierte Verbrechen: Man wusste mehr, als sich gerichtlich verwerten ließ. Sumner war momentan noch nicht angreifbar.
Auf der Fahrt zu Mac’s Bar rief Milo im Field Office an, um sich zu erkundigen, wie weit unserer Kollege Nat Norton mit der Analyse der Geldströme dieses Müll-Syndikates bereits war. Aber es wurde schnell klar, dass da so schnell keine Wunderdinge zu erwarten waren.
Vor allem nicht schnell.
Und was den Fall des Frauenmörders anbetraf, der es auf rothaarige Opfer abgesehen hatte, tappten wir noch immer völlig im Dunkeln. Ein Mann war verhaftet worden, der vielleicht Hilfe brauchte und wahrscheinlich auch um einen längeren Aufenthalt in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung nicht herumkam, den man aber als Täter wohl inzwischen mit ziemlich großer Sicherheit ausschließen konnte.
Kurz nachdem Milo das Gespräch mit unserem Field Office beendet hatte, klingelte es.
Am Apparat war das Buffalo Police Departement.
Captain Josephson persönlich war am Apparat.
„Was gibt es, Captain?“
„Die Analyse der Reifenspuren liegt vor, die auf Ihre Veranlassung hin gemacht wurden“, erklärte er.
„Und?“, hakte ich nach.
„Der Vergleich mit dem Profil mit dem Wagen von Roxanne Brady hat einen Volltreffer ergeben. Wo sind Sie jetzt?“
„Wir waren ohnehin auf dem Weg zu Macs Bar.“
„Dann treffen wir uns am besten dort und sehen uns hinterher an, wo genau der Wagen gestanden hat.“
„In Ordnung“, bestätigte ich.“
24
Wir waren natürlich vor Josephson in Mac’s Bar.
Ich ließ den Blick durch den Raum schweifen. Der Betrieb hatte gerade erst begonnen und es waren kaum Gäste im Raum. Ein junger Mann mit blonden, kurz geschorenen Haaren stand hinter dem Tresen.
„Wo ist eigentlich Mister Anselmo?“, fragte ich.
„Ich habe keine Ahnung.“
Ich legte meine ID-Card auf den Tisch. „Wir hätten noch die eine oder andere Frage an ihn.“
„Vielleicht kann ich ihnen weiterhelfen. An dem Abend, als diese rothaarige Frau hier in der Nähe ermordet wurde, war ich nämlich auch hier in der Bar, allerdings im hinteren Bereich.“
„Ach, so.“
„Ich habe gehört, der verrückte Larry ist inzwischen festgenommen worden. Gut so, der konnte einem wirklich den letzten Nerv rauben. Aber einfach vor die Tür setzen – das hätte unser Chef nicht mitgemacht. Mister MacConroy hat nämlich ein Herz für Leute, die etwas neben der Spur sind. Er sagt immer, dass er selbst mal ein armer Hund war, bevor er diese Bar erbte und aus ihr das Schmuckstück machte, das sie heute ist.“
„Der Mann, den wir festgenommen haben, ist vielleicht aber nicht der Red Hair Killer. Auch deswegen hätte ich Mister Anselmo gerne noch mal gesprochen.“
Der Barkeeper beugte sich über den Tresen und fuhr in gedämpftem Tonfall fort: „Also, im Vertrauen, Sir... Roy Anselmo hat heute Morgen gekündigt.“
„Wo wohnt Mister Anselmo?“
„Eine Straße weiter in der Bellanova Street, Hausnummer 18, Apartment C 033.“
„Danke. Noch eine Frage: Sie sagten, Sie wären an dem Abend, als Roxanne Brady ermordet wurde, auch hier gewesen.“
„Sicher“, nickte der Barkeeper.
„Anselmo ist anschließend noch auf die Straße gegangen, um zu schauen, ob alles in Ordnung ist – richtig?“
„Ja, das stimmt.“
„Wie lange hat das gedauert?“
„Keine Minute.“
„Und danach?“
Der blonde Barkeeper runzelte die Stirn. Er schien nicht auf Anhieb zu begreifen, worauf ich hinaus wollte. „Wie meinen Sie das?“
„War Roy Anselmo danach die ganze Zeit hier im Schankraum? Oder ist er vielleicht mal nach hinten raus gegangen. – über den Lieferantenausgang und den Hinterhof, von wo aus man sehr schnell in der Straße ist, wo Roxannes Wagen stand.“
„Sie wollen doch wohl nicht sagen, dass Anselmo irgendetwas mit der Tat zu tun hat! Das kann...“ Er stockte.
„Sagen Sie mir, was geschah“, forderte ich unmissverständlich.
Der Blonde schluckte. „Er hat für den Abend Schluss gemacht.“
„Unmittelbar, nachdem er wieder hereingekommen war?“
„Genau. Er hatte noch Überstunden abzufeiern. In so fern war das in Ordnung. Auf der anderen Seite können die Mitarbeiter natürlich eigentlich nicht so einfach machen, was sie wollen, aber seid Mister MacConroy wegen seiner Fußverletzung nicht hinter allem her sein, kann...“
„Ich verstehe schon“, murmelte ich und wandte mich an meinen Kollegen. „Komm, Milo.“
„Ist das dein Ernst, Jesse?“
„Mein voller. Zumindest müssen wir die Möglichkeit, dass es Anselmo war ausschließen.“ Und an den blonden Barkeeper gewandt, fügte ich noch hinzu: „Falls ein gewisser Captain Josephson von der Homicide Squad hier auftauchen sollte, dann sagen Sie ihm doch bitte, er soll mich auf dem Handy anrufen.“
„Ja, Sir.“
Ich gab dem Barkeeper meine Karte. Dann wandte ich mich zum Gehen. „Komm, Milo, ich fürchte es gibt Arbeit!“
„Würdest du mir freundlicherweise mal verraten, welche Gedanken dir im Moment gerade durch den Kopf spuken?“
„Einen Moment. Die muss ich selbst gerade ein bisschen sortieren, Milo!“
Wir verließen Mac’s Bar und traten ins Freie. Ein kühler Wind fegte vom Erie-See zwischen den Häuserzeilen hindurch.
Milo und ich gingen zu Roy Anselmos Adresse. Da es schwierig genug gewesen war, für den Sportwagen einen Parkplatz zu bekommen, gingen wir zu Fuß. Das Haus, das der blonde Barkeeper in Mac’s Bar uns angegeben hatte, war ein Mietshaus mit etwas heruntergekommener Brownstone-Fassade. Es hatte zehn Stockwerke. Überwachung durch einen Security Service oder Kameras gab es nicht. Ich suchte die Klingel mit Anselmos Namen, fand sie aber nirgends. Also klingelte ich bei jemand anderem. Um diese Zeit waren die meisten Leute bereits zu Hause, daher hatten wir Glück.
„Ja, bitte?“, fragte