Gender - Sprache - Stereotype. Hilke Elsen

Gender - Sprache - Stereotype - Hilke Elsen


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Auswirkungen zu sensibilisieren.

      12 Kinder, die genderbewusst aufwachsen, haben gerechtere Chancen im Privaten und im Beruf. Sie können dies wieder an andere weitergeben und als Vorbilder fungieren. Somit sind im Endeffekt gesellschaftspolitische Auswirkungen erwartbar.

      Ziel ist es nicht, Frauen und Männer gleich zu machen, sondern die Anerkennung ihrer faktischen Gleichwertigkeit und entsprechend mehr Chancengleichheit zu erreichen.

      1.5 Aufbau

      Die ersten Kapitel beschäftigen sich mit der historisch-theoretischen Positionierung – die geschichtliche Entwicklung der Genderlinguistik und die gesellschaftspolitischen Einflüsse (2) und verschiedene theoretische Ansätze von Feministischer LinguistikFeministische Linguistik bis hin zu Queer Studies (3). Dies dient einem allgemeinen theoretischen Hintergrund, der u.a. auch helfen soll, die gesellschaftlich begründbaren Widerstände gegen genderlinguistische Themen zu verstehen.

      Es folgen sprachwissenschaftliche Grundlagen. Sie betreffen den Zusammenhang zwischen Sprache und Denken (4), den Zusammenhang zwischen Sexusbiologisches Geschlecht, Sexus und GenusGenus sowie die Stellung des Genderaspekts innerhalb des Sprachsystems (5). Diese Kapitel sind wichtig, da sie die Themen behandeln, die im öffentlichen Diskurs zumeist ignoriert werden und zu Vorurteilen und Fehleinschätzungen führen, jedoch als linguistisches Fundament für die weitere Argumentation Voraussetzung sind.

      Kapitel 6 beschäftigt sich mit dem Einfluss sprachlicher AsymmetrienAsymmetrie und mit dem Einfluss der über Sprache transportierten Stereotype auf unser Denken und Handeln – welche Auswirkungen hat geschlechter(un)gerechte Sprache? Diese Informationen sind für das Erkennen des eigenen stereotypen Verhaltens unabdingbar. Kapitel 7 behandelt die Stereotype – wie entstehen Geschlechtsstereotype und warum sind sie wichtig? Es schließt sich ein Kapitel (8) über die hormonellenHormone, neurologischen und kognitiven Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen an: Welchen Anteil haben diese biologischen Faktoren an gendertypischen Verhaltensweisen und Fähigkeiten? Es folgen Informationen zum Gesprächsverhalten (9), denn das tagtägliche sprachliche Miteinander trägt zu Aufbau und Pflege der Rollenvorstellungen bei. Kapitel 10 zur Genderentwicklung fragt, wie und unter welchen Einflüssen sich das Geschlechtsbewusstsein entwickelt und welche Rolle Stereotype und Sprache dabei spielen.

      Das Kapitel 11 zu den MedienMedien thematisiert die Ungleichbehandlung und die klischeehafte Darstellung von Mädchen und Jungen, Männern und Frauen in der medialen Scheinwelt und ihre Rolle bei Herstellung und Zementierung von Stereotypen, auch durch die Sprache. Dazu werden Zahlen und Sprachanalysen aus Zeitung, WerbungWerbung, FernsehenFernsehen und von Bilderbüchern vorgestellt, die veranschaulichen, wie die Medien traditionelle Verhaltensmuster für die Geschlechter schon im frühen Kindesalter und dann permanent weiter pflegen.

      Die nächsten Kapitel widmen sich konkret der Rolle der Schule: Welche Bedeutung kommt den Unterrichtsmaterialien zu? Wo finden wir Geschlechtsstereotype und AsymmetrienAsymmetrie (12)? Wie tragen Institution und Unterricht (13) zu Geschlechter(un)gerechtigkeit bei und wie können wir das vermeiden? Kapitel 14 möchte abschließend die Frage beantworten, was in der Unterrichtssituation konkret getan werden kann.

      1.6 Zusammenfassung

      Obwohl das Recht auf Gleichstellung in der EU gesetzmäßig verankert ist, Mädchen in der Schule meist bessere Noten haben und mehr von ihnen bessere Abschlüsse als Jungen erzielen, verdienen Frauen weniger, verbringen mehr Zeit mit Hausarbeit, Kindern und Altenpflege und enden bei einer wesentlich schlechteren Altersversorgung als Männer.

      Dieser Band will über die Entstehung der unterschiedlichen Denk- und Verhaltensweisen bei Kindern und Erwachsenen sowie über Zusammenhänge informieren und dabei die bedeutende Rolle der Sprache betonen. Er will auf die Auswirkungen auf Alltag, Unterricht und die Lehr- und Lernsituation aufmerksam machen und Möglichkeiten des Umgangs damit aufzeigen. Er will die GenderkompetenzenGenderkompetenz der Erwachsenen fördern für die kritische Auseinandersetzung und die Entwicklung einer eigenen Position sowie Anleitungen für die Praxis bieten. Ziel ist mehr Chancengleichheit und Individualität in Alltag und Unterricht.

      1.7 Forschungsaufgaben

      Stimmt das mit den Stereotypen? Fragen Sie im Bekanntenkreis, wie Ingenieure, Chirurgen oder Bürgermeister aussehen, wie sie sich verhalten. Sind das Vorstellungen, die zu Frauen passen? Kinder können Bilder malen zu LehrernLehrer/in, -kraft, -schaft, Ärzten, Bauern, Metzgern. Malen sie sowohl Frauen als auch Männer? Was ändert sich, wenn Sie Berufe wie Verkäufer, Tänzer oder ErzieherErzieher/in benennen? Welche Veränderungen ergeben sich aus der BeidnennungBeidnennung? Skeptische Leser/innen können auch einige Experimente wiederholen und die Ergebnisse vergleichen, z.B. Levinson (1975), Hay (1996), Riach/Rich (2006).

      1.8 Literatur

      Statistische Informationen liefern regelmäßig die Bildungs- und Gleichstellungsberichte der einzelnen Länder, die online einsehbar sind, z.B. (jeweils 01.08.2019):

       https://www.bildungsbericht.de/de/nationaler-bildungsbericht/bildung-in-deutschland

       https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/publikationen/zweiter-gleichstellungsbericht-der-bundesregierung-855554

       https://www.skbf-csre.ch/news/details/news/der-neue-bildungsbericht-schweiz-2018/?tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&cHash=778131ff7e58b3e9093e1eff919e20d2

       https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/wirtschaftliche-soziale-situation-bevoelkerung/gleichstellung-frau-mann.html

       https://www.bifie.at/material/nationale-bildungsberichterstattung/nationaler-bildungsbericht-2018/

       https://bmbwf.gv.at/fileadmin/user_upload/gender/2018/DE_KV_BMBWF_GSD_BFREI_FINAL.pdf

      2. Geschichte

      2.1 Begriffe

      Ausgehend von der aus den reproduktiven Aufgaben sich ergebenden Unterscheidung zwischen Mann und Frau stellte Stoller (1968: 6ff.) beim Verhalten graduelle Unterschiede fest und fragte, welche Aspekte nun angeboren und welche anerzogen sind. Um die Darstellung zu vereinfachen, trennte er im weiteren Verlauf zwischen sex, der Gesamtheit der biologischen Merkmale wie Genitalien, Chromosome,Chromosomen HormoneHormone etc., und gender, was psychologisch und kulturell geprägt ist. Er betrachtete auch die gender identity, die „starts with the knowledge and awareness, whether conscious or unconscious, that one belongs to one sex and not the other“ (Stoller 1968: 10), und die gender role als „overt behavior one displays in society“ (ibd.). Gender behavior ist erlernt und spielt eine wesentliche Rolle beim biologisch bedingten sexual behavior. Ein Problem für Stoller als Psychiater entsteht daraus, dass es Menschen gibt, bei denen gender, gender identity und gender role nicht konform gehen, und dass sexual behavior und gender behavior nicht immer zu trennen sind. Das englische gender (‚Geschlecht‘, auch im grammatischen Sinn wie ‚Genus‘Genus, eigentlich ‚Art, Gattung‘) etablierte sich daraufhin seit den 70er Jahren im englischsprachigen Raum mit dem Aspekt ‚kulturell-sozial und anerzogen‘ als Gegenbegriff zu sex. Das bedeutet ebenfalls ‚Geschlecht‘, aber mit der Zusatzbedeutung ‚natürlich,


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