Love Rules - Geheimnisse. Tanja Neise

Love Rules - Geheimnisse - Tanja Neise


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Abend beschlossene Sache und ich war wieder einmal neugierig, was mich erwarten würde.

      Ethan

      Der Raum lag im Halbdunkel, weil Mary es nicht mochte, wenn ich ihren Körper in hellem Licht sehen konnte. Erstaunt hatte ich feststellen müssen, dass ältere Damen durchaus eitel sein konnten. Mary zumindest gehörte dazu und legte besonderen Wert darauf, sich ästhetisch zu präsentieren.

      Mir machte das nichts aus, schließlich war sie der Boss.

      »Ethan! Du rettest mich mal wieder aus einer heiklen Situation«, sagte Mary mit einem aufrichtigen Lächeln im Gesicht. Ich liebte diese alte Lady und das schon seit ewigen Zeiten.

      »Für dich immer, das weißt du doch.« Ich zog mir mein Jackett wieder an und schloss die Knöpfe.

      Mary richtete ebenfalls ihre Kleidung und legte mir ihre faltige Hand an die Wange. »Du bist ein Goldschatz! Was würde ich nur ohne dich tun?«

      Ich lachte trocken auf. »Oh Mary, du weißt so gut wie ich, dass solche Dienstleistungen noch viele andere für dich übernehmen würden. Ich bin nicht der Einzige.«

      »Das ist mir schon klar, aber ich will nur dich. Das solltest du langsam wissen.« Dann veränderte sich ihre Haltung und sie wurde ernst. »Die Rechnung bringst du mir am besten heute Abend mit.«

      »Oh nein. Du weißt, dass ich nicht kommen werde«, protestierte ich vehement, weil ich an diesem Abend in Sentimentalitäten hatte ertrinken wollen. Bald begann für mich ein neuer Lebensabschnitt und ich würde all dem hier den Rücken zukehren. Einerseits freute ich mich darauf, aber andererseits war ich nervös. Nervös, ob ich vielleicht doch nicht die richtige Entscheidung getroffen hatte.

      »Papperlapapp! Du kommst, genauso wie du jetzt gekommen bist. Du wirst ein braver Junge sein und dich persönlich um mich kümmern. Wir haben eine Abmachung und du hältst dich daran.« Es faszinierte mich immer wieder wie aus der lieben alten Lady eine durchsetzungsstarke Geschäftsfrau wurde. Sie ließ niemals mit sich reden, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte.

      »Wir werden sehen.«

      »Ethan Anderson! Unterstehe dich! Ich werde ansonsten dein Doppelleben auffliegen lassen und dann platzt dein Deal.« Noch nie hatte Mary mich damit unter Druck gesetzt.

      Zwischen uns herrschte im Grunde genommen Harmonie und das stets. Klar, versuchte ich, gegen sie zu rebellieren. Das tat ich schon seit ewigen Zeiten. Aber sie hatte noch nie zu einem solchen Druckmittel gegriffen, um mich gefügig zu machen. Im Grunde genommen hätte ich sie auflaufen lassen können, schließlich waren die Papiere unterzeichnet. Aber ich schwieg, und versuchte zu verstehen, was in ihr vorging. Warum war es ihr so wichtig, dass ich am Abend zu dieser bescheuerten Party kam?

      Als ich sie danach fragte, schüttelte sie nur den Kopf. »Komm einfach und lass mich nicht Waffen benutzen, die dir nicht gefallen werden. Ich will, dass du nachher da bist und du wirst auf mich hören, ausnahmsweise mal. Ganz einfach. Nun sei ein lieber Junge und iss mit mir zu Mittag. Ich sollte dringend noch etwas essen, denn ich werde mich vor der Party noch ein wenig hinlegen müssen. Du weißt, ich bin nicht mehr die Jüngste und die ganze Aufregung lässt mich auch schläfrig werden.« Ihr Lächeln war nun wieder das der liebevollen älteren Frau.

      Mary Washington hatte Charakter, war durchsetzungsstark und in ihrer Jugend eine der schönsten Frauen, die ich je auf Bildern gesehen hatte. Sie stand einem Unternehmen vor, schrieb erfolgreiche Bücher und führte ihr Leben weiter, obwohl sie ihren Mann so sehr vermisste. Ich bewunderte diese Frau und wäre auch zu der Party gekommen, ohne dass sie mich unter Druck hätte setzen müssen. Eine kleine Bitte wäre ausreichend gewesen. Das wusste sie auch. Doch warum hatte sie überhaupt versucht mich zu erpressen? Ich wurde nicht schlau aus der Situation und das wurmte mich. In meinem Kopf spukten lauter Fragen herum. Aus Erfahrung wusste ich jedoch, dass ich von ihr in diesem Moment keine Antworten bekommen würde.

      »Verzeih mir, aber Mittagessen ist heute nicht mit inbegriffen. Ich muss noch mal die restlichen Papiere durchgehen und mich dann um eine weitere Kundin kümmern.« Bedauernd zuckte ich mit den Schultern und griff nach meiner Sonnenbrille. »Wir sehen uns heute Abend.«

      Wohlwollend nickte sie. »Unter diesen Umständen verzichte ich ausnahmsweise. Aber bilde dir nicht ein, dass das zur Routine wird. Nächstes Mal essen wir wieder zusammen, zumindest solange du noch in Chicago bist.«

      Ich zwinkerte Mary noch einmal zu. »Einverstanden.« Dann strebte ich zum Ausgang, während ich mir die Brille aufsetzte. Was Mary noch nicht wusste: Ich würde Chicago bereits in der kommenden Woche verlassen, von da an wären unsere Stelldichein zum Mittagessen hinfällig. Ich würde Mary vermissen, sie und ihren derben Humor. Doch ich wollte ihr nicht den Tag vermiesen und ihr das erzählen. Sie brauchte alle Kraft für den Abend. Eine solche Veranstaltung zehrte jedes Mal an Marys Kräften. In der nächsten Woche musste ich unbedingt mit ihr sprechen, denn ich benötigte jemanden als Ersatz, jemandem dem Mary vertrauen konnte, zumindest was das Geschäftliche betraf.

      Als ich aus dem Haus trat, blendete mich die Sonne, trotz der verdunkelten Brille, die ich trug. Der Kies knirschte unter meinen Schuhen, als ich auf den Audi R8 zutrat, den ich noch mein eigen nannte. Auch dieses Auto würde bald der Vergangenheit angehören, wie so vieles, was mir im Laufe der Jahre ans Herz gewachsen war.

      Abigail

      Genervt von den Reichen und Schönen, die sich hier alle zur Schau stellten, als gäbe es nichts Wichtigeres auf der Welt, ging ich zur Bar. Bisher hatte ich mich lediglich an einem Glas Wasser festgehalten. Alkohol war schließlich während der Arbeit nicht förderlich, und ich sah meinen Besuch auf dieser Party als einen Teil meines Jobs an. Als ich näher an die Bar trat, entdeckte ich einen hammermäßig aussehenden Barkeeper, der mehr als eine gute Figur machte und im Begriff war, einen Drink zu mixen.

      Ich warf meine durchaus als motiviert zu bezeichnenden Vorsätze über Bord und setzte mein frechstes Grinsen auf. »Egal, was es ist, ich nehme einen davon.« Ich brauchte dringend einen Schluck Alkohol, ansonsten würde ich schreiend von dieser Party flüchten. Im Grunde genommen konnte ich dankbar sein. Denn wann wurde ich schon mal zu einem Event der oberen Zehntausend eingeladen? Bisher noch nie. Die Snyder war wahrscheinlich schon öfter auf einer solchen Veranstaltung gewesen. Mit ihrer unterkühlten Art passte sie hervorragend hierher. Ich jedoch fühlte mich völlig deplatziert und wurde mir mal wieder meiner Herkunft bewusst.

      Der dunkelhaarige Mann mit dem leichten Bartschatten sah mich provozierend an und hob den Shaker hoch. »Sex on the Beach.« Seine Augenbrauen wackelten verdächtig, während blaue Augen mich fixierten. Sie ließen mich augenblicklich an die wunderschönen Strandtage denken, die ich mal im Venice Beach hatte verbringen dürfen.

      Es war zwar ein flacher Witz, aber immer noch besser, als das ganze affektierte Getue der anderen Partygäste. Mary hatte mir eine liebevolle Begrüßung geschenkt und mich dann mir selbst überlassen, was ich ihr nicht verübeln konnte, schließlich waren mehr als zweihundert Gäste geladen. Von wegen kleiner Empfang! Ich hatte mich für das kurze Schwarze entschieden, darin fühlte ich mich wohl. Als mein Blick auf die anwesenden Damen gefallen war, hatte ich festgestellt, dass es auf jeden Fall kein Fehlgriff gewesen war und ich damit voll im Trend lag. Sollte ich aufgrund der Artikelreihe öfter zu solchen Anlässen gehen müssen, wäre eine Vergrößerung meiner Garderobe dennoch angebracht.

      Mit einem kessen Augenaufschlag, wie ich hoffte, setzte ich mich auf einen der Hocker und antwortete dem heißesten Typen auf dieser Party: »Darauf steh ich total. Aber bevor wir es so weit kommen lassen, möchte ich gern Ihren Namen wissen.«

      Dieses rauschende Fest musste mir irgendwie zu Kopf gestiegen sein, so einen idiotischen Anmach-Blödsinn hatte ich noch nie in meinem ganzen Leben von mir gegeben. Aber anstatt zurückzurudern, lächelte ich cool.

      Ich konnte sehen, wie sich die Pupillen des Barkeepers weiteten und er kurz innehielt, ehe er den Shaker umso heftiger schüttelte.

      Das fing an spannend zu werden. Vielleicht sollte ich öfter mal


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