Andran und Sanara. Sven Gradert

Andran und Sanara - Sven Gradert


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war so dicht dran seinen Feind endlich zu töten, als dieses strahlende Licht erschien und ihm unsagbare Schmerzen bereitete. Wäre er nur wenige Augenblicke länger diesem göttlichen Licht ausgesetzt gewesen, welches er nebenbei bemerkt als widerlich empfand, hätte es unweigerlich seinen Tod bedeutet. Am Ende der Treppe angekommen, ging der Kriegszauberer durch einen schmalen Gang und betrat eine große Höhle, in deren Mitte sich ein kreisrunder Krater befand. Es war zunächst stockdunkel. Hier entzündeten sich keine Fackeln von selbst oder hätten von ihm entzündet werden können. ES hatte ihm befohlen alle Fackeln aus der Höhle zu entfernen. ES mochte kein Licht. Helligkeit bereitete ihm Schmerzen. Harun konzentrierte sich, so dass auch um ihn herum die Luft leicht zu schwirren begann, bis seine Augen fähig waren in dieser Finsternis zu sehen. Vorsichtig schritt er zum Rand des Kraters und blickte nach unten. Absolute Schwärze. Der Dämon schlief. Der Magier überlegte ob er ES mit Worten wecken sollte, entschied sich aber dagegen. Er wandte sich vom Krater ab und schickte sich an, die Höhle wieder zu verlassen, als eine dunkle, dumpfe Stimme ihn beinahe erstarren ließ:

      „Du hast versagt!“

      Harun überlegte, was der Dämon damit meinen könnte. Dass er nicht in der Lage war Vitras zu töten?

      „Ich bin ein Sterblicher,“ brachte Harun schließlich hervor und wandte sich wieder dem Krater zu: „Was hätte ich schon gegen einen Gott ausrichten können?“

      „Du hast auf ganzer Linie versagt Mensch!“ Erklang die Stimme erneut. Diesmal bekam sie einen missbilligen Tonfall, der unheimlich von den Höhlenwänden widerhallte. Harun musste schlucken. Angstschweiß bildete sich auf seiner Haut, während der Dämon brüllend fortfuhr.

      „Die Zwei die Eins sein müssen – sie leben noch!“

      Harun zuckte leicht zusammen, als ihm die Bedeutung dieser Worte klar wurde. Die Wände der Höhle begannen in einem schwachen grünlichen Licht zu leuchten, dessen Ursprung aus dem Krater kam. Leichte Rauchschwaden, quollen aus dem Krater hervor und wälzten sich rings um die Erdöffnung über den Boden. Dabei glänzten sie ebenfalls in diesem irrealen grünen Licht.

      „Das, das kann nicht sein!“ Stammelte Harun Ar Sabah: „Ich habe unsere besten, unsere fähigsten Männer ins ferne Darkan geschickt. Ich...“

      Der Magier brachte es nicht fertig weiter zu sprechen, als die Felsformation der gegenüberliegenden Wand in ein milchig weißes Licht getaucht wurde. Zuerst glaubte Harun in einen schmutzigen Spiegel zu schauen, der die gegenüberliegende Höhlenwand wiedergab. Doch rasch wurde das Bild klarer und dem Magier stockte der Atem. Harun konnte nun eine Waldlichtung erkennen, auf der sich seine entsandten Elitesoldaten befanden. Allesamt tot. Er wurde kreidebleich und überlegte fieberhaft, bis ihm der erlösende Gedanke kam:

      „Meister Baldaar befindet sich nicht unter den Toten, „brachte er schließlich wieder mit relativ fester Stimme hervor: „Es ist noch längst nicht alles vorbei!“

      Urplötzlich verzerrte sich das Bild bis zu Unkenntlichkeit, um kurz darauf eine neue Szenerie zu offenbaren. Eine weitere Leiche welcher der Kopf fehlte, wurde erkennbar. Die scharlachrote Robe des Toten ließ keinen Zweifel mehr offen, dass es sich um Baldaar handelte.

      „In diesem Augenblick ist ein Bote des Herrschers von Darkan angekommen.“ Fuhr der Dämon fort: „Er bringt dir den Kopf von Baldaar mit den Grüßen Godvere Gariens!“

      Harun Ar Sabah lauschte fassungslos den Worten des Dämons. Er hatte ihn bisher nie zu Gesicht bekommen, da ES die Welt der Lebenden noch nicht betreten konnte. Im Augenblick war der Magier für diesen Umstand äußerst dankbar.

      „Also!“ Grollte die unheimliche Stimme von ES erneut durch die mit Stalaktiten durchsetzter Höhle: „Du hast komplett versagt Mensch. Ich gab dir einen einfachen Auftrag... und du hast komplett versagt!“

      „Ich, ich bitte dich!“ flehte Harun: „Wir werden der Bälger schon habhaft. Um die Prophezeiung abzuwenden, reicht es eines zu töten. Dann werden wir...“

      „Wie geht es mit dem anderen Auftrag voran, den ich dir gab?“ Unterbrach der Dämon ihn unwirsch: „Die Bilder sind für mich zu verschwommen. Ich fühle mich noch zu schwach, all deine Fehlschläge beobachten zu können.“

      Haruns Kinn streckte sich leicht nach oben wobei die Augen des Magiers zu funkeln begannen. Endlich konnte er dem Dämon seine Kompetenz vor Augen führen:

      „Die Aushebung der gewaltigsten Armee, die diese Welt je gesehen hat, ist in vollem Gange. Mehrere Bataillone sind schon jetzt voll einsatzbereit. Unsere Elite, das Drachenbataillon ist auf sechstausend Soldaten aufgestockt, bestens ausgerüstet, ausgebildet und bereit deinen Willen, mit Feuer und Schwert in die gesamte bekannte Welt zu tragen.

      „Gut!“ Antwortete ihm ES: „Ich werde dich wissen lassen, wann ich den Zeitpunkt für gekommen halte, dass wir angreifen. Bis dahin will ich, dass die Vorbereitungen weiter vorangehen.“

      Die letzten Worte Haruns, hatten ES wieder beruhigt: „Ich bin müde. Ich will meine Ruhe. Enttäusche mich ja nicht noch einmal, was die Zwillinge anbelangt. Und nun geh. Du hast im Thronsaal einen Gast, um den du dich kümmern solltest.“

      Der Rauch, welcher inzwischen gut zwei Fuß über den gesamten Boden der Höhle schwebte, zog sich in den Krater zurück. Das grünliche Schimmern der Wände sowie der Stalaktiten nahm ab, bis die Quelle des Lichtes im Krater selbst erlosch. Schlagartig war es in der Höhle wieder stockfinster. Harun wischte sich mit dem linken Ärmel seiner Robe den Schweiß von der Stirn und trat dicht an den Rand des Kraters heran. ES sprach nicht mehr mit ihm. Der Dämon schlief wieder, um seine Kräfte zu sammeln. Der Ausbau der Armee von der Harun sprach, hatte in der Tat begonnen und schritt zügig voran. Dennoch würde es noch Jahre dauern, um die ehrgeizigen Pläne des Dämons in die Tat umzusetzen. Harun Ar Sabah drehte sich herum und begab sich zum Ausgang. Ein Bote aus Darkan, schoss es ihm durch den Kopf. Auf dem langen Aufstieg zurück zum Palast der Magier, ließ er sich unendlich viele Arten eines qualvollen Todes für diesen Mann durch den Kopf gehen.

      ***

      Zwei kräftige Männer mit schwarzer Hautfarbe, öffneten den schweren Samt Vorhang zum Saal des Magischen Rates der Dreizehn. Seit Harun den Rat abgeschafft hatte, diente ihm dieser Raum als Thronsaal. Der Bote Darkans trat ein und schritt, von den schwer bewaffneten Wachen die sich links und rechts von Harun befanden, unbeeindruckt in den Saal. Der Mann war schwer gerüstet und gehörte zur Elite Einheit Darkans, den Blutwölfen. Vor sich trug er eine Schachtel, von der Harun nun wusste, was sich darin befand.

      Zwei weitere Wachen traten hinter Säulen hervor, die sich zu beiden Seiten vor Haruns Thron befanden. Sie waren mit Speeren bewaffnet, die sie auf den Boten richteten. Abrupt blieb der Blutwolf stehen und offenbarte ein dreistes Grinsen. Harun drohte vor Wut zu platzen.

      „Ist dies die Art, wie man Boten die Geschenke überbringen, in der Stadt der Magier willkommen heißt?“

      Mit einer verachtenden Mimik warf der Blutwolf die Schachtel auf den Boden, woraufhin sich der Deckel löste. Der blutige Kopf Balddars rollte bis vor die Füße des Magiers. Wutentbrannt sprang Harun auf. In seiner rechten Hand bildete sich ein Feuerball, der schnell an Größe zunahm. Mit voller Wucht schleuderte er ihn auf den Blutwolf. Mit ungläubigen Augen sahen Harun, genauso wie seine Wachen, dass der Feuerball direkt vor dem Darkanischen Elitesoldaten verpuffte.

      „Ein Schutzzauber!“ brüllte Harun entgeistert.

      Der Blutwolf grinste erneut und zog sein Schwert. Sofort stürzten sich die beiden Wachen mit ihren Speeren auf ihn. In Bruchteilen von Sekunden lagen sie mit aufgeschlitzten Kehlen auf dem Boden. Ihre Speere hatten den Blutwolf nicht einmal berührt.

      „Ich soll euch die besten Grüße meines Herrn ausrichten.“ Brachte der Darkanier kalt lächelnd hervor und schritt weiter auf Harun zu. Kreischend sprang der Magier hinter seinen Thron während der restlichen Wachen auf den Blutwolf zu stürmten. Doch bevor sie ihn erreichten, richtete er sein Schwert gegen sich selbst, und stürzte sich in die Waffe. Nahezu alle Blutwölfe hatten sich für diese Aufgabe, von der sie wussten, dass sie den Tod bedeutete, freiwillig gemeldet.


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