Andran und Sanara. Sven Gradert

Andran und Sanara - Sven Gradert


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auf. Ihr und Sanara gehört, für mich und meinen Gemahl, nun wirklich zur Familie. Das solltet ihr doch inzwischen wissen!“

      Bevor der Kriegszauberer irgendetwas erwidern konnte, wandte sich die Fürstin Sanara zu:

      „Und du junge Dame, wie siehst du jetzt schon wieder aus?“ Dabei zeigte sie auf Sanaras schmutzige Füße und den ganzen Dreck auf ihrem Kleid, den sie sich durchs herum tollen mit Filou eingefangen hatte.

      „Das ist ganz bestimmt nicht das standesgemäße Erscheinungsbild einer jungen Dame.“ fuhr sie belehrend fort: „und das einer jungen Magierin gewiss auch nicht! Geh dich jetzt waschen und ziehe dich um. Wir wollen gemeinsam zu Abend speisen, und den Fürsten sowie deinen Großvater zu ihrer erfreulichen Heimreise beglückwünschen.“

      Bevor Sanara protestieren konnte, beugte sich der Kriegszauberer zu ihr herunter und gab ihr einen Kuss auf die Stirn:

      „Nun geh schon!“ flüsterte er ihr zu. Daraufhin rannte Sanara lachend, mit Filou im Schlepptau, den Mauergang entlang und verschwand im Innern der Burg.

      „Sie wird so verdammt schnell groß!“ murmelte Vitras: „So verdammt schnell!“

      „Das ist nun mal der natürliche Lauf der Dinge!“ Erwiderte die Fürstin. Dann bekam ihre Stimme einen ernsten Unterton:

      „Wie ist es in Gorien gelaufen?“ erkundigte sie sich.

      Vitras stöhnte kurz aber entnervt auf, bevor er antwortete:

      „Die Verhandlungen waren weitaus schwieriger als befürchtet. Aber am Ende ist alles gut gegangen, und der Fürst hat sich dem Bund angeschlossen. Die Nachrichten die uns aus dem Süden erreichen werden immer beängstigender. Das hat die Verhandlungen nicht gerade erleichtert.“

      Eldar nickte zustimmend, wobei sich leichte Sorgenfalten auf ihre Stirn legten:

      „Glaubt ihr, dass es zu einem Krieg kommen wird?“

      Vitras wägte seine nächsten Worte sorgsam ab. Eldar und Ingalf wussten nichts von der Prophezeiung - Der Zwei die Eins sein müssen. Schon gar nicht, das Sanara ein wichtiger Bestandteil dieser Prophezeiung war.

      „So schnell werden die kriegerischen Handlungen im Süden, mit Sicherheit nicht zu uns in die Hochlanden kommen. Dennoch sind die Nachrichten, die wir von den Handelskarawanen erhalten, äußerst alarmierend. Das war auch der Hauptgrund, warum der Fürst von Gorien so lange zögerte, sich dem Hochlandbund anzuschließen. Er befürchtet, in einen Krieg hinein gezogen zu werden.“

      Eldar blickte über die prächtigen Gartenanlagen, die bis zur Nordmauer der Burg führten. Hinter den Befestigungen konnte man die feinen weißen Rauchsäulen vereinzelter Handwerkshäuser erkennen, die sich aus ihren Schornsteinen schlängelten. Der Mauergang auf dem sie standen, bot einen atemberaubenden Blick rings um das weite Grün des Fürstentums. Die Vorstellung, dass dieser märchenhafte, friedliche Ort zum Schauplatz eines Krieges werden könnte, ließ Eldar erschauern.

      „Die anderen Fürstentümer haben, während eurer Abwesenheit, Boten zu uns gesandt.“ richtete sich die Fürstin wieder an den Kriegszauberer: „Sie verlangen nach einer Zusammenkunft aller Fürsten, um zu beraten wie wir mit der aufziehenden Gefahr umgehen sollen.“

      Vitras nickte ihr in Gedanken versunken zu, bevor er antwortete:

      „Die größte Stärke des Bundes besteht darin, dass miteinander gesprochen wird. Dass die Fürsten sich beraten, bis sie auf einen gemeinsamen Nenner kommen. Die Mitglieder des Bundes stehen ausnahmslos, für jedes andere Mitglied ein. Wäre dem nicht so, hätten die Darkanischen Armeen den Bund damals schlichtweg überrollt. Ihr könnt es den anderen Fürsten nicht übelnehmen, wenn sie angesichts der drohenden Gefahr eine Versammlung fordern. Auch wenn euch das Thema diesmal ganz und gar nicht gefällt.“

      „Ihr habt ja wie immer recht Meister Vitras.“ Antwortete ihm die Fürstin. Ihre Stimme bekam einen traurigen Klang: „Ich war damals noch so jung, als der Krieg mit den Darkanieren ausbrach. Ich habe mir geschworen, alles zu tun um so etwas nie wieder erleben zu müssen.“ Mit diesen Worten hakte sie sich bei dem Kriegszauberer ein und ließ sich von ihm ins Innere der Burg führen.

      „Begleitet ihr mich noch zu meinem Gemahl alter Freund?“

      „Selbstverständlich!“ antwortete ihr Vitras: „Bei der Gelegenheit könnt ihr mir von Sanaras Fortschritten, was die Höfischen Etiketten anbelangt, berichten.“

      „Fortschritte?“ Eldar musste plötzlich laut und gequält auflachen.

      Als sie den großen Hauptkorridor erreichten, der zu den Gemächern des Fürstenpaares führte, blieb Eldar an der Abzweigung stehen, die zu Vitras und Sanaras Gemächern führte.

      „Ich glaube beinahe,“ schmunzelte sie: „Wir müssen hier entlang. So wie ich Ingalf kenne, begrüßt er gerade Sanara und überhäuft sie mit jeder Menge nutzloser Geschenke.“

      Vitras lächelte ebenfalls. So wie er den Fürsten kannte, hatte seine Gemahlin mit Sicherheit recht.

      Der Tag der Versammlung der Fürsten rückte allmählich näher. Die Hofbediensteten hatten alle Hände voll damit zu tun, um Räumlichkeiten herzurichten, die Vorratskammern zu füllen und alles auf Hochglanz zu bringen. Selbst die Stallungen mussten mit einem Anbau versehen werden, damit man alle Pferde der Gäste versorgen konnte. Im Grunde, war das gesamte Fürstentum Durenald, vom einfachen Stallburschen oder Küchengehilfen, bis hin zu dem Fürstenpaar selbst, in heller Aufregung aufgrund der baldigen Ankunft der zahlreichen hohen Gäste.

      Vitras befand sich am frühen Abend vor dem Treffen, mit Sanara in der Bibliothek, die sich in einem der Obergeschosse der Burg befand. Dies war der Ort, wo der Kriegszauberer seiner Enkelin alles über die Handhabung Magie lehrte. Die Fackeln tauchten den großen Raum in ein angenehmes warmes Licht. Sanara trug ein wunderschönes rotes Kleid, das Fürst Ingalf ihr aus Gorien mitbrachte. Aufmerksam lauschte sie den Worten ihres Großvaters. Anders als bei den Lehrstunden mit der Fürstin, saugte Sanara jedes Wort ihres Großvaters in sich auf. Vitras und seine Enkelin saßen sich an einem einfachen Arbeitstisch gegenüber. Das Mädchen betrachtete neugierig den Klumpen Wachs und den losen Docht. Beides lag zwischen ihnen auf dem Tisch.

      „Du weißt mein Kind,“ begann er seine heutige Lehrstunde: „Wir, die den göttlichen Funken der Magie besitzen, werden mit einer Energiequelle geboren, die ihren Sitz tief in unserem Körper hat.“ er deutete mit seinem Zeigefinger zunächst auf ihren Bauch, dann hoch zu ihrem Kopf und schließlich zu ihrem Herzen:

      „Entlang dieser Linie, verläuft die Quelle unserer Macht. Bei dem einen ist sie größer, bei dem anderen kleiner. Die allerwenigsten Menschen besitzen sie. Manche behaupten, dies sei ein letztes Relikt, das die Abstammung der Menschen von den Göttern beweist. Jedes Mal, wenn du Magie anwendest, deinen Willen wirken lässt, ziehst du die dazu benötigte Kraft aus dieser Quelle.“

      Vitras hielt kurz inne und fixierte seine Enkelin, die nach wie vor gebannt an seinen Lippen hing. Mit ruhiger Stimme fuhr er fort:

      „Du kannst dir jedoch selbst höchsten Schaden zufügen, wenn du dich vor dem Anwenden deiner magischen Kräfte, nicht ausreichend konzentrierst. Deinen Körper nicht vorbereitest. Deine Quelle urplötzlich anzapfst. Die Energien, die dein Wille dann freilässt, können dann unkontrolliert durch deinen Körper fließen und dabei erheblichen Schaden anrichten.“

      „Aber das weiß ich doch schon längst alles Großvater!“ brachte Sanara mit einem Mal unwirsch hervor.

      „Du weißt aber noch längst nicht alles Sanara,“ fuhr Vitras bestimmt, aber freundlich fort: „Du kannst mit deiner Magie Schäden anrichten, die du niemals wieder umkehren, rückgängig machen kannst.“

      „Du meinst, wenn ich mit Hilfe meiner Magie einen Menschen töte?“

      „Nein! Das ist ein anderes Thema. Ist ein Lebewesen erst einmal tot, so ist es unumgänglich tot. Ganz gleich ob der Tod durch Magie oder aufgrund eines natürlichen Ursprungs eingetreten ist. Ist ein Wesen tot, so ist es tot!“

      Erneut


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