Der Widerspenstigen Zähmung. Ettlinger Karl

Der Widerspenstigen Zähmung - Ettlinger Karl


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war Adolf Borges der verwunschene Prinz, den eine böse Hexe dazu verdammt hatte, unter Mißachtung seiner hohen Abkunft bei Feldmann & Schröder Pulte abzustauben und Pakete zu schnüren.

      Woher sollten es die Herren Feldmann und Schröder wissen, daß sie einen leibhaftigen Prinzen beschäftigten?

      »Adolf, Se sin e Kamel!« sagte Herr Feldmann. Und Adolf dachte sich:

      »Wann des Kamel nor #glicklich# is!«

      »Adolf, Se sin e Rindviech!« versicherte der dicke Herr Schröder. Und

      Adolf lächelte: »O selig, o selig, ein Rindviech zu sein!«

      Wie alle Verliebten fing auch er an, kindisch zu werden und selige Närrischkeiten zu treiben, und so erwischten ihn die Putzfrauen der Firma eines Morgens dabei, wie er vor einer Modellfigur auf den Knieen lag und indem er sie mit dem Federbesen abstaubte, verzückt flüsterte: »Bistde kitzlich, mei Zuckerschnutche? Ach, Kättche, was bistde for e sieß Oos!«

      Und weil die Putzfrauen ebensowenig wie die Chefs wußten, daß sie es mit einem verzauberten Prinzen zu tun hatten, hielten sie sich die Bäuche vor Lachen, und – klatsch – hatte Adolf einen nassen Putzlumpen auf dem Buckel.

      Abends, nach acht Uhr, aber, wenn er von der Post zurückgekommen war und die Rolläden herabgelassen hatte, wich der schlimme Zauber von ihm, er war nicht mehr das »scheppe Adolfche«, wie ihn der eklige Kassierer nannte, sondern Prinz Adolf der Liebeglühende von Träumershausen, und Seine Durchlaucht geruhten nach dero Märchenschloß zu wandeln, welchselbiges dicht unter dem Dach lag.

      Der alte wackelige Stuhl war der Thronsessel, der Schrank mit dem kaputenen Schlüssel, die Schatzkammer, in der als funkelndes Geschmeide seine Sonntagshose hing. Und vom Dachfenster aus hatte der Prinz die herrlichste Aussicht auf sein Reich; da wimmelten seine Untertanen, und jeden, den er mit einem Liebchen am Arme spazieren sah, ernannte er zu seinem Pagen.

      Hörte er aber jemanden das schöne Lied »Du bist verrückt, mein Kind« singen, so sagte er mit gutmütiger Selbstironie: »Des is mei Nationalhymne!«

      Oh, S. Durchlaucht Prinz Adolf hatten einen großen Hofstaat! Der

      Kassierer, der ihm allmonatlich seinen Gehalt auszahlte, war sein

      Finanzminister, der Herr Schröder war sein Zeremonienmeister, der

      Schutzmann unten an der Ecke seine Leibgarde, der Lehrling sein Hofnarr und die Aufwaschweiber seine Hofdamen.

      Ein Stockwerk unter ihm aber, da war das Allerköstlichste: da residierte Prinzessin Katharina, die Märchenfee, die er zu erlösen hatte. Es ist im Märchenreich üblich, daß ein Prinz, ehe er die Hand der Holdseligsten erringt, erst einige Drachen ins bessere Jenseits befördert, – in #diesem# Märchen begab es sich leider, daß der kurzsichtige Held nicht die Prinzessin, sondern den Drachen selbst freite.

      Oft des Abends sahen nun die Mainnixen den kleinen Adolf mit Katharina am Ufer auf und ab wandeln, sie kicherten zwischen den großen Kähnen hervor und zählten die Küsse nach. Es gingen dort viele verliebte Pärchen spazieren, aber auf unser Duo hatten es die Nixenfrechdächse ganz besonders abgesehen. Denn in der Maingegend haben auch die Elementargeister Sinn für Humor. Und wie oft wisperten sich im Offenbacher Stadtwald die Sträucher und Büsche verschmitzte Randbemerkungen zu, bis eine uralte Tanne sie zurechtwies: »Still, klaa Gezäppel! Is ja doch bloß der griene Neid von Euch!« Denn in der Offenbacher Gegend sprechen auch die Vegetabilien Dialekt.

      Katharina war bei diesen Abendwanderungen viel zu folgsam, schweigsam und nachgiebig, als daß diese Tugenden hätten echt sein können. Wenn der kleine Adolf zu schwärmen anfing: »Kättche, lieb Kättche, guck nor de Mond! Is es net, als ob er extra als Latern hiegehenkt war, damit ich Dei sieß Schnutt besser find?« dann entgegnete sie zärtlich: »Ach ja, Adolfche, der Mond!!« Und dachte sich heimlich: »Also mondsüchtig is er #aach#! No wart nor, ich wer' Derr die Posse schonn ausdreiwe!«

      Und wenn er im dunklen Stadtwald fantasierte: »Kättche, wann jedz e Räuwer kam, verteidige dhät ich Dich bis zum letzte Blutsdroppe!«, dann schmiegte sie sich dicht an ihn und hauchte: »Ich waaß es, Adolf!«

      Und dachte bei sich: »Ich möcht net gucke, wiesde laafe dhätst!«

      Von diesen Gedanken Katharinas ahnte der harmlose Verliebte nichts. Wohl war er in seiner Liebe ein Prinz, ja sogar ein König, – aber nur ein König auf dem Schachbrett, und Katharina war die Königin, die ihn matt setzen sollte. Die Küsse, mit denen sie die seinen erwiderte, waren zäher Leim, und an diesem Leim blieb das harmlose Vögelchen Borges hängen.

      Vater Bindegerst sah die Entwicklung der Dinge mit stillem Vergnügen. Adolf war ihm lieb und wert, aber noch lieber war ihm der Gedanke, seine zänkische, bösartige Tochter auf gute Art los zu werden. Er, der seit dem Tode seiner Frau unter #Katharinas# derbem Pantoffel stand, träumte in Gedanken von einer neuen Junggesellenzeit, in der er viel Versäumtes nachzuholen gedachte.

      Er redete Adolf nicht zu, aber er warnte ihn auch nicht, zumal ihm die

      Erfahrung hinreichend bewiesen hatte, daß man leichter einem Nilpferd das Ballettanzen beibringt, als einem Verliebten die Wahrheit über seine

      Angebetete.

      Es bestand zwischen Vater und Tochter ein stillschweigendes Übereinkommen, dieser Angelegenheit ungehemmten Lauf zu lassen. Drohte, wie so oft, ein lärmender Streit zwischen Vater und Tochter auszubrechen, und fing Katharina nach ihrer Gewohnheit in den höchsten Fisteltönen zu keifen und zu schreien an, dann hob Papa Bindegerst nur mahnend seinen Finger und deutete nach oben und flüsterte: »Pst! #Er# könnt's hörn!« und sofort ging Katharina zum zartesten Pianissimo über.

      Wobei ihr Talent anerkannt werden muß, auch im leisesten Tonfall die haarsträubendsten Bosheiten und Beschimpfungen von sich zu geben.

      Und so kam denn der große Tag, an dem Adolf in aller Form um seiner

      Erwählten Hand anhielt.

      Er warf sich zu diesem Zweck in den schwarzen Sonntagsanzug, ergriff den Zylinder, und es ging ihm einen Augenblick durch den Kopf: »Es is doch merkwerdig, daß der Mensch zor Brautschau genau deselwe Aazug aazieht, wie wann er zor'rer Beerdigung geht!«

      Und setzte tiefsinnig hinzu: »Besonnersch, wann er nor aan Aazug hat!«

      Auch Vater Bindegerst hatte sich in sein Feiertagsgewand gehüllt, und

      Katharina prangte wieder in ihrer weißen Bluse.

      Die Bluse war nicht mehr ganz so blütenweiß wie damals, als sie den ersten Angriff unternommen hatte: in der Taillengegend zeigte sie deutliche Fingerabdrücke von Adolfs Händen.

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