Die Nacht von Lissabon / Ночь в Лиссабоне. Книга для чтения на немецком языке. Эрих Мария Ремарк

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ich hielt das für Klischees und schlechten Stil, und es mag sein, dass es das ist; aber eines ist es auch: es ist wahr. Ich habe das alles empfunden, genau so, obschon ich früher, als ich noch nichts davon wusste, darüber gelacht habe.“

      Ein Kellner kam heran. „Wollen die Herren keine Gesellschaft?“

      „Nein.“

      Er beugte sich tiefer zu mir herunter. „Wollen Sie nicht, bevor Sie ganz ablehnen, die beiden Damen an der Bar ansehen?“

      Ich sah sie an. Eine von ihnen schien sehr gut gewachsen zu sein. Beide trugen enge Abendkleider. Die Gesichter konnte ich nicht erkennen. „Nein“, sagte ich noch einmal.

      „Es sind Damen“, erklärte der Kellner. „Die rechts ist eine deutsche Dame.“

      „Hat sie Sie hergeschickt?“

      „Nein, mein Herr“, erwiderte der Kellner mit einem hinreißend unschuldigen Lächeln. „Es war ein Gedanke von mir.“

      „Gut. Beerdigen Sie ihn. Bringen Sie uns lieber etwas zu essen.“

      „Was wollte er?“ fragte Schwarz.

      „Uns verkuppeln mit der Enkelin Mata Haris*. Sie müssen ihm zuviel Trinkgeld gegeben haben.“

      „Ich habe noch nicht bezahlt. Sie glauben, es seien Spioninnen?“

      „Vielleicht. Aber für die einzige Internationale der Welt: Geld.“

      „Deutsche?“

      „Eine, sagt der Kellner.“

      „Glauben Sie, dass sie hier ist, Deutsche zurückzulocken?“

      „Kaum.“

      Der Kellner brachte einen Teller mit belegten Broten. Ich hatte sie bestellt, weil ich den Wein fühlte. Ich wollte klar bleiben. „Essen Sie nicht?“ fragte ich Schwarz.

      Er schüttelte abwesend den Kopf. „Ich hatte nicht daran gedacht, dass die Zigaretten mich hatten verraten können“, sagte er, „Jetzt kontrollierte ich noch einmal alles, was ich bei mir hatte. Die Streichhölzer, die noch aus Frankreich waren, warf ich mit dem Rest der Zigaretten weg und kaufte mir deutsche. Dann fiel mir ein, dass mein Pass einen französischen Einreisestempel und ein Visum hatte; dass die französischen Zigaretten also gerechtfertigt gewesen wären, hätte man mich revidiert. Ich ging, nass von Schweiß und ärgerlich auf mich und meine Angst, zur Telefonkabine zurück.

      Ich musste warten. Eine Frau mit einem großen Parteiabzeichen rief zwei Nummern nacheinander an und bellte Befehle. Die dritte Nummer antwortete nicht, und die Frau kam wütend und herrisch heraus.

      Ich rief die Nummer meines Freundes an. Eine Frauenstimme antwortete. „Bitte, kann ich mit Doktor Martens sprechen?“ fragte ich und merkte, dass ich heiser war. „Wer ist am Apparat?“ fragte die Frau.

      „Ein Freund von Doktor Martens.“ Ich konnte meinen Namen nicht verraten. Ich wusste nicht, ob es seine Frau oder ein Dienstmädchen war, aber beiden konnte ich mich nicht preisgeben.

      „Ihren Namen bitte!“ sagte die Frau.

      „Ich bin ein Freund von Doktor Martens“, erwiderte ich. „Bitte, melden Sie ihm das. In einer dringenden Angelegenheit.“

      „Bedaure“, erwiderte die Frauenstimme. „Wenn Sie Ihren Namen nicht angeben, kann ich Sie nicht anmelden.“

      „Sie müssen eine Ausnahme machen…“, sagte ich. „Doktor Martens erwartet meinen Anruf.“

      „Wenn das so ist, können Sie mir ja auch Ihren Namen sagen…“

      Ich dachte verzweifelt nach. Dann hörte ich, wie der Hörer aufgehängt wurde.

* * *

      Ich stand auf dem grauen, windigen Bahnhof. Mein erster Versuch, einer, der mir sehr einfach erschienen war, war misslungen, und ich wusste schon nicht mehr weiter. Vielleicht war es doch nötig, Helen direkt anzurufen und zu riskieren, dass jemand aus ihrer Familie mich an der Stimme erkannte. Ich konnte auch einen anderen Namen angeben, aber welchen? Doktor Martens – ein anderer fiel mir im Augenblick nicht ein. Ich zauderte noch, als mir die Idee kam, auf die ich als zehnjähriger Junge sofort gekommen wäre. Warum rief ich nicht bei Martens unter dem Namen des Bruders meiner Frau an? Er kannte ihn, und vor zehn Jahren hatte er ihn bereits nicht ausstehen können.

      Ich tat es sofort. Dieselbe Frauenstimme war wieder am Apparat. „Hier ist Georg Jürgens“, erklärte ich scharf. „Doktor Martens bitte.“

      „Sind Sie der Herr, der vorhin angerufen hat?“

      „Hier ist Sturmbannführer Jürgens. Ich möchte Doktor Martens sprechen. Sofort!“

      „Ja“, sagte die Frau. „Einen Augenblick! Gleich!“ Schwarz sah mich an. „Kennen Sie das entsetzliche leise Rauschen im Hörer, wenn man am Telefon auf sein Leben wartet?“

      Ich nickte. „Es braucht nicht einmal das Leben zu sein, auf das man wartet. Es kann auch das Nichts sein, das man zu beschwören sucht.“

      „Hier ist Doktor Martens, hörte ich endlich“, sagte Schwarz. „Ich spürte wieder einen der Zustände, über die ich früher gelacht hätte. Meine Kehle war trocken.“

      „Rudolf“, flüsterte ich schließlich.

      „Wie bitte?“

      „Rudolf“, sagte ich. „Hier ist ein Verwandter von Helen Jürgens.“

      „Ich verstehe nicht. Ist dort nicht Sturmbannführer Jürgens?“

      „Ich rufe für ihn an, Rudolf. Für Helen Jürgens. Verstehst du jetzt?“

      „Ich verstehe durchaus nicht“, sagte der Mann am anderen Ende irritiert. „Ich bin in der Sprechstunde…“

      „Kann ich zu dir in die Sprechstunde kommen, Rudolf? Bist du sehr besetzt?“

      „Ich muss Sie doch bitten! Ich kenne Sie nicht, und Sie…“

      „Old Shatterhand“, sagte ich.

      Mir war endlich eingefallen, wie wir uns als Jungen genannt hatten, wenn wir Indianer gespielt hatten. Es waren Namen aus den Romanen Karl Mays*. Wir hatten die Bücher als Zwölfjährige verschlungen. Ich hörte einen Augenblick nichts. Dann sagte Martens leise: „Was?“

      „Winnetou“, erwiderte ich. „Hast du die alten Namen vergessen? Es sind doch die Lieblingsbücher des Führers.“

      „Richtig“, sagte er. Es war bekannt, dass der Mann, der den zweiten Weltkrieg begonnen hat, als Lektüre in seinem Schlafzimmer die dreißig oder mehr Bände eines Schriftstellers über Indianer, Trapper und Jäger stehen hatte, die man als Junge von fünfzehn Jahren bereits als leicht lächerlich zu empfinden begonnen hatte.

      „Winnetou?“ wiederholte Martens mit ungläubiger Stimme.

      „Ja. Ich muss dich sehen.“ „Ich verstehe das nicht. Wo sind Sie?“ „Hier. In Osnabrück. Wo können wir uns sehen?“ „Ich bin in der Sprechstunde“, erklärte Martens mechanisch.

      „Ich bin krank. Ich kann in die Sprechstunde kommen.“

      „Ich verstehe das alles nicht“, sagte Martens mit einer Stimme, die einen Entschluss anzeigte. „Wenn Sie krank sind, kommen Sie doch in die Sprechstunde. Wozu extra Telefonieren?“

      „Wann?“

      „Am besten um sieben Uhr dreißig. Um sieben Uhr dreißig“, wiederholte er. „Nicht früher!“

      „Gut, um sieben Uhr dreißig.“

      Ich legte den Hörer hin. Ich war wieder nass von Schweiß. Langsam ging ich zum Ausgang. Draußen war ein blasser halber Mond zwischen den Wolken für Augenblicke sichtbar. In knapp einer Woche wird Neumond sein, dachte ich. Eine gute Zeit, die Grenze zu kreuzen. Ich sah auf die Uhr. Es war noch eine dreiviertel Stunde Zeit. Ich musste vom Bahnhof weg. Es war immer verdächtig, wenn man dort zu lange herumlungerte. Ich ging die Straße hinunter, die am dunkelsten und am wenigsten belebt war. Sie führte zu den alten Wällen der Stadt. Ein Teil war planiert und mit hohen Bäumen bewachsen; ein anderer Teil war


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