Jane Eyre. Шарлотта Бронте

Jane Eyre - Шарлотта Бронте


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zu über­stei­gen sehn­te ich mich; al­les was in­ner­halb ih­rer Gren­zen von Fel­sen und Hai­de lag, schi­en mir Ge­fäng­nis­bo­den, Gren­zen des Exils. Ich ver­folg­te die wei­ße Land­stra­ße, wel­che sich an dem Fuße ei­nes Ber­ges da­hin zog und in ei­ner Schlucht zwi­schen zwei Hö­hen ver­schwand, mit den Au­gen. Ach! wie gern wäre ich ihr noch wei­ter ge­folgt! Ich er­in­ner­te mich der Zeit, da ich in ei­ner Post­kut­sche auf die­ser sel­ben Stra­ße des We­ges ge­kom­men; ich er­in­ner­te mich, wie ich in der Däm­me­rung je­nen Hü­gel her­un­ter ge­fah­ren; ein Men­schen­al­ter schi­en ver­gan­gen seit je­nem Tage, der mich zu­erst nach Lo­wood ge­führt – und nicht eine Stun­de hat­te ich es seit­dem ver­las­sen. Alle mei­ne Fe­ri­en wa­ren in der Schu­le da­hin ge­gan­gen; Mrs. Reed hat­te mich nie­mals wie­der nach Ga­tes­head kom­men las­sen und eben­so­we­nig hat­te sie oder ir­gend ein Mit­glied ih­rer Fa­mi­lie mich be­sucht. We­der durch Brie­fe noch durch münd­li­che Bot­schaft hat­te ich einen Ver­kehr mit der Au­ßen­welt auf­recht er­hal­ten; Schul­re­geln, Schul­pflich­ten, Schul­ge­bräu­che, Schul­ge­dan­ken, Stim­men, Ge­sich­ter, Phra­sen, Ko­stü­me, Sym­pa­thi­en und An­ti­pa­thi­en – das war al­les, was ich vom Da­sein kann­te. Und jetzt emp­fand ich, dass dies nicht ge­nug sei. In ei­nem ein­zi­gen Nach­mit­tage wur­de ich des Schlen­drians von acht Jah­ren müde! Ich er­sehn­te die Frei­heit; ich lechz­te nach Frei­heit; um die Frei­heit be­te­te ich; der Wind, der sich lei­se er­hob, schi­en das Ge­bet da­von zu tra­gen. Dann gab ich die Frei­heit auf und sprach einen de­mü­ti­ge­ren Wunsch aus: ich bat um Ver­än­de­rung, um ir­gend ein Reiz­mit­tel. Aber auch die­se Bit­te schi­en sich in dem lee­ren Raum zu ver­lie­ren. »Dann«, rief in vol­ler Verzweif­lung aus, »dann sei mir we­nigs­tens eine neue Dienst­bar­keit ge­währt!«

      Hier rief mich eine Glo­cke, wel­che die Stun­de des Abendes­sens ver­kün­de­te, in das Re­fek­to­ri­um hin­un­ter.

      Bis zur Zeit des Schla­fen­ge­hens konn­te ich mei­nen un­ter­bro­che­nen Ge­dan­ken­gang nicht mehr auf­neh­men; selbst dann hielt mich noch eine Leh­re­rin, wel­che das Zim­mer mit mir teil­te, durch einen Er­guss klein­li­chen, in­ter­es­se­lo­sen Ge­schwät­zes von dem Ge­gen­stan­de fern, zu dem ich mich sehn­te mit mei­nen Ge­dan­ken zu­rück­keh­ren zu kön­nen. Wie wünsch­te ich, dass der Schlaf sie end­lich zum Schwei­gen ge­bracht hät­te! Mir war, als müss­te mir ir­gend eine er­fin­de­ri­sche Ein­ge­bung zur Hil­fe kom­men, wenn es mir nur mög­lich ge­we­sen wäre, zu je­nem Ge­dan­ken zu­rück­zu­keh­ren, der mei­ne See­le zu­letzt be­schäf­tig­te, als ich am Fens­ter stand.

      End­lich schnarch­te Miss Gry­ce; sie war eine schwer­fäl­li­ge Wal­li­se­rin, und bis jetzt hat­te ich ihre ge­wöhn­li­chen na­sa­len Töne in kei­nem an­de­ren Lich­te be­trach­tet, als in dem ei­ner Be­läs­ti­gung; heu­te Abend aber be­grüß­te ich die ers­ten tie­fen No­ten mit in­ners­ter Be­frie­di­gung; ich brauch­te kei­ne Un­ter­bre­chung mehr zu fürch­ten; mei­ne halb­ver­lösch­ten Ge­dan­ken be­leb­ten sich von neu­em.

      »Eine neue Dienst­bar­keit! Da­rin liegt et­was«, sag­te ich zu mir selbst, (na­tür­lich nur im Geis­te, wohl­ver­stan­den, denn ich sprach nicht laut). »Ich weiß, dass es so ist, denn es klingt nicht all­zu süß; es klingt nicht wie die Wor­te Frei­heit, Auf­re­gung, Ge­nuss – – präch­ti­ge Lau­te in der Tat; aber für mich doch nichts als Lau­te; und so hohl, so flüch­tig, dass es wah­re Zeit­ver­schwen­dung ist, ih­nen nur zu lau­schen. Aber Dienst­bar­keit! Das ist eine Tat­sa­che! Je­der kann die­nen! Ich habe hier acht Jah­re ge­dient; und jetzt wün­sche ich ja nichts wei­ter, als an­ders­wo die­nen zu kön­nen. Kann ich mei­nen ei­ge­nen Wil­len denn nicht we­nigs­tens so weit durch­set­zen? Ist die Sa­che denn nicht tun­lich? Ja – ja – das Ende ist nicht so schwer, wenn mein Ge­hirn nur tä­tig ge­nug wäre, um die Mit­tel, es zu er­rei­chen, auf­spü­ren zu kön­nen.«

      Ich saß auf­recht im Bet­te, um mein vor­er­wähn­tes Hirn zur Tä­tig­keit an­zu­spor­nen; es war eine fros­ti­ge Nacht; ich be­deck­te mei­ne Schul­tern mit ei­nem Shawl und dann fing ich wie­der mit al­len Kräf­ten an zu den­ken.

      »Was wün­sche ich denn ei­gent­lich? Eine neue Stel­le, in ei­nem neu­en Hau­se, un­ter neu­en Ge­sich­tern, un­ter neu­en Ver­hält­nis­sen. Dies wün­sche ich, weil es nichts nützt, et­was Bes­se­res, Grö­ße­res zu wün­schen. Wie ma­chen die Leu­te es nun, um eine neue Stel­le zu be­kom­men? Sie wen­den sich an ihre Freun­de, wie ich ver­mu­te, – ich habe kei­ne Freun­de. Es gibt aber noch vie­le Men­schen, die kei­ne Freun­de ha­ben und sich selbst um­se­hen müs­sen und sich selbst hel­fen. Wel­ches sind denn nun ihre Hilfs­quel­len?«

      Ja, das wuss­te ich nicht; nie­mand konn­te mir ant­wor­ten. Des­halb be­fahl ich mei­nem Hirn, eine Ant­wort zu fin­den, und zwar so schnell wie mög­lich. Es ar­bei­te­te schnel­ler und schnel­ler; ich fühl­te die Pul­se in mei­nem Kopf und mei­nen Adern klop­fen; aber fast eine Stun­de lang ar­bei­te­te es in ei­nem Cha­os, und all sei­ne An­stren­gun­gen hat­ten kei­nen Er­folg. Fie­ber­haft er­regt durch die nutz­lo­se Ar­beit er­hob ich mich wie­der und ging ei­ni­ge­mal im Zim­mer auf und nie­der; zog den Vor­hang zu­rück, blick­te hin­auf zu den Ster­nen, zit­ter­te vor Käl­te und kroch wie­der in mein Bett.

      Wäh­rend mei­nes Um­her­wan­derns hat­te eine gü­ti­ge Fee ge­wiss den er­fleh­ten Rat auf mein Kopf­kis­sen nie­der­ge­legt, denn als ich wie­der lag, kam er ru­hig und na­tür­lich in mei­nen Sinn: – »Leu­te, wel­che Stel­lun­gen su­chen, kün­di­gen es an; du musst es im …s­hi­re He­rald an­kün­di­gen.«

      »Aber wie? Ich weiß nichts von Zei­tungs­an­non­cen.«

      Schnell und wie von selbst ka­men die Ant­wor­ten jetzt:

      »Du musst die An­non­ce und das Geld für die­sel­be an den Her­aus­ge­ber des He­rald ein­schi­cken; bei der ers­ten Ge­le­gen­heit, die sich dir dar­bie­tet, musst du die Sen­dung in Low­ton auf die Post ge­ben; die Ant­wort muss an J.E. an das dor­ti­ge Post­amt ge­schickt wer­den; eine Wo­che nach­dem du dei­nen Brief ab­ge­sandt, kannst du hin­ge­hen und dich er­kun­di­gen, ob ir­gend eine Ant­wort ein­ge­trof­fen ist; dar­auf­hin hast du zu han­deln.«

      Zwei-, drei­mal über­dach­te ich die­sen Plan; jetzt hat­te ich ihn ge­nüg­sam ver­daut, ich hat­te ihn in eine kla­re, prak­ti­sche Form ge­fasst; jetzt war ich zu­frie­den und fiel in tie­fen Schlaf.

      Mit Ta­ge­s­an­bruch war ich auf. Ehe noch die Glo­cke er­tön­te, wel­che die gan­ze Schu­le weck­te, hat­te ich mei­ne An­non­ce ge­schrie­ben, cou­ver­tiert und adres­siert; sie lau­te­te fol­gen­der­ma­ßen:

      »Eine jun­ge Dame, wel­che im Leh­ren ge­übt ist (war ich denn nicht zwei Jah­re lang Leh­re­rin ge­we­sen?) wünscht eine Stel­lung in ei­ner Fa­mi­lie zu fin­den, wo die Kin­der un­ter vier­zehn Jah­ren sind (da ich selbst kaum acht­zehn Jah­re alt war, hielt ich es nicht für rat­sam, die Er­zie­hung von Schü­lern zu über­neh­men, wel­che mei­nem ei­ge­nen Al­ter nä­her wa­ren). Sie ist be­fä­higt in den ge­wöhn­li­chen Zwei­gen, wel­che zu ei­ner gu­ten, eng­li­schen Er­zie­hung ge­hö­ren, zu un­ter­rich­ten, eben­so im Fran­zö­si­schen, im Zeich­nen und in der Mu­sik.« (In je­nen Ta­gen, mein lie­ber Le­ser, war dies Ver­zeich­nis, wel­ches heu­te al­ler­dings sehr un­zu­rei­chend sein wür­de, ein sehr um­fas­sen­des.) »Ge­fäl­li­ge Adres­sen sind an J.E. pos­te re­stan­te Low­ton, …s­hi­re zu rich­ten.«

      Wäh­rend


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