Jane Eyre. Шарлотта Бронте

Jane Eyre - Шарлотта Бронте


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Mr. Eyre nach Ga­tes­head und wünsch­te Sie zu se­hen. Mrs. Reed sag­te, dass Sie fünf­zig Mei­len weit in ei­ner Schu­le sei­en; er schi­en sehr ent­täuscht, denn er konn­te nicht blei­ben; er woll­te auf eine Rei­se in ein frem­des Land ge­hen, und das Schiff soll­te schon in zwei, drei Ta­gen von Lon­don ab­ge­hen. Er sah aus wie ein Gent­le­man, und ich glau­be, dass er Ihres Va­ters Bru­der war.«

      »Nach wel­chem frem­den Lan­de ging er, Bes­sie?«

      »Nach ei­ner In­sel, die vie­le tau­send Mei­len ent­fernt ist, wo sie Wein ma­chen – der Kel­ler­meis­ter hat mir das ge­sagt.«

      »Nach Ma­dei­ra ver­mut­lich?«

      »Ja, ja, das war’s, so hieß sie.«

      »Und dann ging er wie­der fort?«

      »Ja. Er blieb nicht vie­le Mi­nu­ten im Hau­se. Mrs. Reed war sehr von oben her­ab mit ihm. Nach­her sag­te sie von ihm, er sei ein ›arm­se­li­ger Han­dels­mann‹. Mein Ro­bert glaubt, dass er ein Wein­händ­ler war.«

      »Sehr wahr­schein­lich«, ent­geg­ne­te ich, »oder viel­leicht der Com­mis oder der Agent ei­nes Wein­händ­lers.«

      Noch eine gan­ze Stun­de lang spra­chen Bes­sie und ich von al­ten Zei­ten, und dann war sie ge­zwun­gen, mich zu ver­las­sen. Als ich am nächs­ten Mor­gen in Low­ton auf die Post­kut­sche war­te­te, sah ich sie noch für ei­ni­ge Mi­nu­ten wie­der. Schließ­lich trenn­ten wir uns vor der Tür des »Wap­pens von Brock­le­hurst« da­selbst; jede zog dann ihre Stra­ße; sie be­gab sich auf den Gip­fel des Lo­wood-Fel­sens, wo der Wa­gen vor­über kam, der sie nach Ga­tes­head zu­rück­füh­ren soll­te; ich be­stieg das Ge­fährt, das mich in die un­be­kann­te Ge­gend von Mill­co­te brach­te, ei­nem neu­en Le­ben und neu­en Pf­lich­ten ent­ge­gen.

      Ein neu­es Ka­pi­tel in ei­nem Ro­man ist mit ei­nem neu­en Akt in ei­nem Schau­spiel zu ver­glei­chen; wenn ich den Vor­hang wie­der­um in die Höhe zie­he, lie­ber Le­ser, musst du dir vor­stel­len, dass du ein Zim­mer im »Ge­orgs Wirts­haus« in Mill­co­te siehst, mit so groß­blu­mi­gen Ta­pe­ten an den Wän­den, wie Gast­haus­zim­mer sie ge­wöhn­lich auf­wei­sen; mit dazu pas­sen­den Tep­pi­chen, Mö­beln, Nip­pes­fi­gu­ren auf dem Ka­min, Kup­fer­sti­chen, ei­nem Por­trät von Ge­org III., ei­nem zwei­ten des Prin­zen von Wa­les, und ei­ner Dar­stel­lung vom Tode des Ge­ne­ral Wol­fe. Und al­les dies siehst du bei dem Schein ei­ner Öl­lam­pe, wel­che von der De­cke her­ab­hängt, und dem ei­nes hel­len Ka­min­feu­ers, ne­ben wel­chem ich in Man­tel und Hut sit­ze; mein Muff und Re­gen­schirm lie­gen auf dem Ti­sche, und ich ver­su­che, mich an der Wär­me des Ofens von der Steif­heit und Be­täu­bung zu er­ho­len, wel­che eine sechs­zehn­stün­di­ge Rei­se in kal­tem Ok­to­ber­wet­ter bei mir her­vor­ge­ru­fen hat­te; um vier Uhr mor­gens hat­te ich Low­ton ver­las­sen und die Stadt­uhr von Mill­co­te schlug jetzt ge­ra­de die ach­te Stun­de.

      Lie­ber Le­ser, wenn es auch den An­schein hat, als ob ich mich ganz be­hag­lich fühl­te, so be­fin­det mein Ge­müt sich doch durch­aus in kei­ner be­nei­dens­wer­ten Ver­fas­sung. Ich hat­te ge­hofft, hier bei An­kunft der Post­kut­sche je­man­den zu mei­nen Empfan­ge be­reit zu fin­den. Als ich die höl­zer­ne Trep­pe hin­ab­stieg, wel­che der Haus­knecht zu mei­ner grö­ße­ren Be­quem­lich­keit an den Wa­gen ge­stellt, blick­te ich ängst­lich um­her, in der Er­war­tung, mei­nen Na­men von ir­gend­je­man­dem aus­spre­chen zu hö­ren und einen Wa­gen zu er­bli­cken, wel­cher mei­ner harr­te, um mich nach Thorn­field zu brin­gen. Aber nichts der­ar­ti­ges war sicht­bar, und als ich den Kell­ner frag­te, ob je­mand da ge­we­sen, um sich nach Miss Eyre zu er­kun­di­gen, wur­de mei­ne Fra­ge ver­nei­nend be­ant­wor­tet. So blieb mir also nichts an­de­res üb­rig, als zu ver­lan­gen, dass man mir ein Pri­vat­zim­mer an­wei­se – und hier sit­ze ich nun, wäh­rend Furcht und Zwei­fel al­ler Art mei­ne See­le mar­tern.

      Für die un­er­fah­re­ne Ju­gend ist es ein selt­sa­mes Ge­fühl, sich plötz­lich ganz al­lein in der Welt zu se­hen – von al­len Be­kann­ten ge­trennt – un­ge­wiss, ob sie in den Ha­fen, für wel­chen sie be­stimmt ist, ein­lau­fen kann und durch tau­send Schwie­rig­kei­ten ver­hin­dert, in den si­che­ren Port, aus wel­chem sie aus­ge­lau­fen, zu­rück­zu­keh­ren. Der Reiz der Neu­heit, die Freu­de am Aben­teu­er­li­chen ver­süßt dies Ge­fühl, das Be­wusst­sein der Selbst­stän­dig­keit er­wärmt es – aber die Emp­fin­dung der Furcht dämpft es – und kaum war eine hal­be Stun­de ver­gan­gen, in wel­cher ich noch im­mer al­lein war, so wur­de das Ge­fühl der Furcht durch­aus vor­herr­schend. Da fiel es mir ein, dem Kell­ner zu läu­ten.

      »Ist hier in der Nähe ein Ort, wel­cher Thorn­field heißt?« frag­te ich den Auf­wär­ter, wel­cher auf mein Klin­geln er­schie­nen war.

      »Thorn­field? Ich weiß nicht, Ma­da­me; ich wer­de mich in der Schenk­stu­be er­kun­di­gen.« Er ver­schwand, kam aber au­gen­blick­lich zu­rück:

      »Ist Ihr Name Eyre, Miss?«

      »Ja.«

      »Es war­tet je­mand auf Sie.«

      Ich sprang auf, griff nach Muff und Re­gen­schirm und eil­te in den Kor­ri­dor des Gast­hau­ses. Ein Mann stand in der of­fe­nen Tür und auf der von La­ter­nen er­hell­ten Stra­ße konn­te ich die Um­ris­se ei­nes ein­spän­ni­gen Ge­fährts un­ter­schei­den.

      »Dies ist wohl Ihr Ge­päck?« sag­te der Mann in der Tür has­tig, als er mei­ner an­sich­tig wur­de, und zeig­te auf mei­nen Kof­fer, der im Gan­ge stand.

      »Ja.« Er hiss­te ihn auf den Wa­gen, wel­cher eine Art von Kar­ren war, hin­auf, und dann stieg ich nach. Ehe er die Tür hin­ter mir zu­schlug, frag­te ich, wie weit es bis Thorn­field sei.

      »Eine Sa­che von sechs Mei­len.«

      »Und wie lan­ge fah­ren wir?«

      »Vi­el­leicht an­dert­halb Stun­den!«

      Er schloss die Wagen­tür, klet­ter­te auf sei­nen Sitz, und wir fuh­ren ab. Lang­sam ka­men wir vor­wärts, und ich hat­te reich­li­che Muße zum Nach­den­ken. Ich war zu­frie­den, dem End­ziel mei­ner Rei­se so nahe zu sein, und als ich mich in das be­que­me, wenn auch durch­aus nicht ele­gan­te Ge­fährt zu­rück­lehn­te, gab ich mich un­ge­stört mei­nen Ge­dan­ken hin.

      »Nach der Ein­fach­heit und der An­spruchs­lo­sig­keit des Die­ners und des Wa­gens zu ur­tei­len, ist Mrs. Fair­fax kei­ne sehr ele­gan­te Per­son; umso bes­ser; ich habe nur ein­mal un­ter fei­nen Leu­ten ge­lebt und bei ih­nen habe ich mich sehr un­glück­lich ge­fühlt. Ich möch­te wis­sen, ob sie mit die­sem klei­nen Mäd­chen ganz al­lein lebt. Wenn das der Fall und sie auch nur ei­ni­ger­ma­ßen lie­bens­wür­dig ist, wer­de ich sehr gut mit ihr fer­tig wer­den. Ich wer­de mein Bes­tes tun. Aber wie scha­de, dass es nicht im­mer ge­nügt, sein Bes­tes zu tun. In Lo­wood al­ler­dings fass­te ich die­sen Ent­schluss, führ­te ihn aus, und es ge­lang mir, al­len zu ge­fal­len; aber bei Mrs. Reed er­in­ne­re ich mich, dass selbst mein Bes­tes im­mer nur Hohn und Ver­ach­tung her­vor­rief. Ich fle­he zu Gott, dass Mrs. Fair­fax kei­ne zwei­te Mrs. Reed sein möge. Wenn sie es aber ist, so brau­che ich nicht bei ihr zu blei­ben. Kommt das Schlimms­te zum Schlim­men, so kann ich ja im­mer noch wie­der eine An­non­ce in den He­rald rücken las­sen. – Wie weit wir jetzt wohl schon auf dem Wege sein mö­gen?«

      Ich ließ das Fens­ter her­ab


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