Mein erster Ausflug: Wanderungen in Griechenland. Kaiser Maximilian von Mexiko

Mein erster Ausflug: Wanderungen in Griechenland - Kaiser Maximilian von Mexiko


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gleich mit dem Gruß des Landes, indem sie die Hand auf Herz und Stirn legen. Nach einiger Zeit kam Demetry mit den Zurückgebliebenen an, und nun machte man seine Forderungen an ein besseres Nachtquartier geltend; statt aller gefürchteten Einwendungen sprach er mit einigen gut gekleideten Städtern, und bat uns ihm zu folgen. Er führte uns in den höher gelegenen Theil der Stadt und introducirte uns mit großer Pfiffigkeit in das schön gelegene Haus eines königlichen Beamten, der nicht wenig erstaunt gewesen sein muß, sich plötzlich von einer so großen Gesellschaft überfallen zu sehen. Dennoch gewährte er uns die orientalische Gastfreundschaft im vollsten Maße. In zwei großen, einigermaßen möblirten Zimmern des zweiten Stockwerkes, die uns eingeräumt wurden, nisteten wir uns auch bald ein. Der Hausherr war selbst zugegen, um auf das schnellste für alles Nöthige zu sorgen, und drückte sich in gebrochenem Französisch auf das freundlichste aus. Aus dem größeren Zimmer führte ein hinfälliger, fast lebensgefährlicher Balcon mit der herrlichsten Aussicht auf die jenseitige Bucht; es war eine südliche Nacht in ihrer vollen Milde und Pracht, die Sterne funkelten wie Diamanten und das Schiff des Mondes schwamm ruhig im blauen Aether; die Stadt mit ihren schönen Gärten lag in stiller Abendruhe, das Meer schimmerte im Wiederschein des Mondes; die Natur feierte einen jener geheimnißvollen Augenblicke der Erholung, in welchem kein Blatt es wagt zu rauschen. Ueber mich kam ein innerliches Sichgehenlassen nach der überstandenen Tageshitze, und erquickend wehte von der See her ein Lüftchen über das schlafende Land; – unterdessen war das Abend- und Mittagsmal in einer Person aufgetragen worden, und wir sprachen ihm, trotz der Fliegenschaaren tapfer zu. Der Hausherr holte aus seinem Keller den besten Wein, den er besaß, und sah mit Erwartung zu, als wir die Gläser ansetzten, um ihn zu kosten; aber nur die Gegenwart unseres liebenswürdigen Wirthes hielt uns zurück unser Entsetzen ganz auszudrücken; es war ein süßlich saures Getränk, das aber durch den Geschmack des Bockschlauches, in dem es aufbewahrt wird, untrinkbar geworden; überhaupt konnte ich mich, so sehr ich für Hellas schwärme, mit seinen Weinen nicht befreunden. Ein heiteres Gespräch verschönte unser Mal; doch endlich forderte der Körper seine Rechte und wir begaben uns zur Ruhe. Es waren nur ein Bett und zwei Divans vorhanden; ein Theil der Gesellschaft richtete sich auf dem Fußboden ein. Gegen fünf Uhr war schon Reveille; es wurde rasch ein Frühstück eingenommen, nach welchem man uns in einen Keller führte, wo zwei sehr schöne antike Statuen lagen. Die Kunstpflege in Vostizza scheint nicht sehr vorgerückt, da man diese schönen Marmorgebilde zwischen Unrath in der größten Dunkelheit liegen läßt. Das eine war eine weibliche Figur, wahrscheinlich eine Ceres mit vortrefflichem Faltenwurf; doch fehlte leider das Haupt; das andere eine schlanke Jünglingsgestalt, deren Glieder ein schönes Ebenmaß zeigten; ein schöner Männerkopf mit edlen festen Zügen lag neben den beiden Statuen; der Marmor war durchsichtig wie der, den man, wie man uns sagte, in Penthelikon brach; daß diese Kunstwerke dem Auge der Bewunderer entzogen, in so unwürdiger Umgebung liegen, beweist, daß bei den Neugriechen, wenn sie auch Muth, Verstand und List von ihren Vorgängern geerbt haben, doch der schaffende Genius nicht mehr weilt; die Blume jeder Kunst ist erstorben, und selbst von den Wurzeln derselben finden wir keine Spur mehr, so daß man auf ein neues Wachsthum nicht ferner hoffen darf.

      Als wir in unsere Herberge zurückkehrten, fanden wir unsere Pferde schon vor derselben. Wir dankten unserem freundlichen Wirthe und setzten unseren Weg fort. Man durchstreifte einige Straßen, denen von Patras in malerischem Wirrwarr ähnlich; um halb sieben Uhr verließen wir die Stadt; die Sonne war prächtig über den Bergen von Korinth aufgegangen und kündigte einen sehr heißen Tag an. Am Ende des Ortes sahen wir die erste Palme, die sich majestätisch, fünf Klafter hoch über einen wüsten Kirchhof erhob. Das Sinnbild des Friedens war den Leichen entwachsen, um mit seinem schlanken Schafte den Lebenden zu zeigen wo ihre Zukunft sei. Der untere Theil der ehemaligen Blätter bildet die schuppige Rinde des Stammes, der jedes Jahr eine neue Krone ansetzt, die nur an der höchsten Spitze einen grünen, korbähnlichen Busch hat. Von der Stadt an führt der Weg langsam abwärts in eine breite mit Weingärten bedeckte Fläche, die bis an die höhern Gebirge eben fortläuft. Mehrere trockene Flußbetten mit reichen Oleanderbüschen, durchkreuzten sie, und mündeten in das Meer; die Weingärten waren voll Leben, und wir begegneten häufig Zügen von Arm und Reich in den buntesten Gewändern auf Maulthieren und Eseln reitend, entweder aus den Laubhütten mit gesegneter Rebenernte kommend oder in dieselben ziehend; diese Winzerhütten bieten ein orientalisches Bild; einige Weiber mit verworrenen schwarzen Haaren kochen das frugale Mal in denselben; vor ihnen steht der Herr in ganzer männlicher Schönheit, malerischem Kleid und reichen Waffen, die Kinder kriechen in den großen Melonenhaufen umher, die zwischen den Reben zu voller Süßigkeit und Feinheit heranwachsen, und deren Vortrefflichkeit ich hier erst kennen lernte. Daneben stehen die Gruppen der Lastthiere mit Bocksschläuchen und Körben bepackt, um den gepreßten Most und die vollen Trauben aufzunehmen; die Rebe wird nicht, wie bei uns, an Stöcken gezogen, sie bildet entweder schattige, von leichten Stangen gestützte Dächer, oder sie wirft ihre grünen Ketten von Baum zu Baum; auch schleicht sie auf der Erde hin, und webt ein frisches grünes Netz über die Ebene. Diese freundliche Fläche ist nur so lang wie die Stadt; sobald diese zu Ende ist, rücken die Berge wieder bis an das Ufer des Meeres, so daß sich der Weg zuweilen auf schwindelnden Felsen fortzieht. Wir staunten, wie geschickt die Pferde, katzengleich, ohne zu straucheln, über die steilsten Spitzen hinüber klettern; manchmal lief der Weg wirklich gefährlich an der Wand dahin, deren Fuß die Wellen bespülten, aus denen Felsenspitzen nicht sehr einladend mit ihren phantastischen Köpfen herausragten; mitunter sieht man statt der Felsen Sandkegel, die auf die bizarrste Weise ausgewaschen dastehen. Mich unterhielt es, das schalkhafte Getreibe der Wellen zu beobachten, wie sie solche Höhen bald schmeichelnd, bald stürmisch erklimmen, und ihren Grenzen einen fortwährenden Krieg erklären; die Steine sind oft wie geschliffen; der Weg ging so steil hinunter, daß wir absitzen mußten und die Pferde uns nachliefen; dies ging jedoch bald vorüber, auch ward die glühend heiße Luft durch einen Regen gekühlt. An den hohen Felswänden wuchsen meist Pinus, Lorbeer und die immergrüne Eiche, die sich nur strauchartig erhebt, und kleine glänzende mit Stacheln geränderte Blätter hat; die Frucht übertrifft an Größe bei Weitem unsere Eicheln. In unsern Wiener Gärten ist dieser Baum nicht eingeführt; doch hatte ich die Freude, mehrere Zweige, die ich mitbrachte, zu Hause Wurzel schlagen zu sehen. Die Aeste, die sich malerisch über unsern Weg beugten, waren von Schlingpflanzen umstrickt, von denen ich so viel Samen in meine Reisetasche sammelte, als ich konnte, um wo möglich davon für meinen Garten Nutzen zu ziehen. Nachdem wir noch einige Baien umritten hatten, zogen sich die Felsen weiter vom Meere zurück, und wir befanden uns auf einer zwischen zwei Buchten gelegenen Fläche, die mit Wein und Oliven bedeckt war; auch kamen wir vor dem stärksten und schönsten Feigenbaume vorbei, den ich noch gesehen habe; er stand in der Mitte eines Weingartens, seine Aeste waren mit Körben beladen voll der schönsten Früchte; unsere griechischen Begleiter stürzten auf den Baum los und versahen uns mit den vortrefflichsten Feigen und Trauben, die uns erhitzten und ermüdeten Wanderern eine wahre Labung gewährten; nur wurde leider das Maß nicht ganz eingehalten. Es giebt aber auch auf der Welt nichts süßeres und verführerisches als das griechische Obst, und besonders die honigreiche Feige.

      Das Gebirge endigt unmittelbar und ziemlich gefährlich für den Reiter an einem Flusse, über den eine schöne alte Brücke führt; da jedoch derselben ein Bogen fehlte, mußten wir durch das Wasser reiten. Dann ging es eine lange Zeit durch eine schöne Fläche mit üppigen Weingärten; ein feines summendes Gezirpe begleitete uns auf dem ganzen Wege; manchmal wurde es so laut und durchdringend, daß wir es für den Gesang eines Vogels hielten, den wir, einer Wachtel ähnlich, häufig erblickten; als wir das Geschwirr aber von einem einzelnen Olivenbaume herabschallen hörten, und keinen Vogel darauf entdeckten, überzeugten wir uns, daß der Ton von einer Zikade herrührte. Den übermäßigen Durst hatten wir durch Feigen und Trauben gestillt; als sich nun aber auch der Hunger meldete, waren wir froh, von Demetry zu hören, daß sich am Ufer der sich vor unsern Augen neu aufrollenden Bai ein Häuschen befände, in dem wir unser Frühstück einnehmen könnten. Es war im Fluthensande gebaut, wenige Schritte vom Meere, dessen kühlender Wind uns zu Gute kam; denn die Hitze war außerordentlich gestiegen. Das Dach dieses Kani war durchlöchert wie der Hut eines Bettlers; die übrige Einrichtung ganz den früher beschriebenen Herbergen ähnlich. Vor den beiden elenden Gemächern des obern Stockes war ein Balcon, unter dem wir unser Frühstück einnahmen, das aus Kuchen, Eiern und kaltem Fleische bestand. Was dem Male fehlte, ersetzte die gute Laune,


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