Harald Harst Krimis: Über 70 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Buch. Walther Kabel

Harald Harst Krimis: Über 70 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Buch - Walther Kabel


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– sagen wir zwölf! Ich wette eine Million Mark, daß ich diese zwölf Fälle, die mir nacheinander von meinen Wettgegnern genannt werden und die an Zeit und Ort nicht gebunden sein sollen, erledigen werde. Die Wetteinsätze aber sollen dann an irgend eine wohltätige Anstalt fallen. – Wie gesagt, ich will ein Ziel haben, mir einen neuen Lebenszweck schaffen. Ich will das Verbrechen bekämpfen, Wehrlose schützen, Gestrauchelte aufzurichten suchen. All das kann nur der – Liebhaberdetektiv, der frei von Dienstvorschriften und papiernen Pflichten seine Begabung ausnutzen darf.«

      Kammler springt auf. »Harst, – von mir aus angenommen! Ich setze eine Million dagegen! – Zwölf Fälle wollen Sie erledigen – das zeugt von einem starken Selbstbewußtsein! Sie werden Ihre Million loswerden. Ich will aus der ganzen Welt die verworrensten Rätsel zusammensuchen! Passen Sie nur auf!« –

      Die Wette wurde dann erst am folgenden Abend schriftlich festgelegt. Auf der Gegenseite beteiligten sich insgesamt fünfzehn Herren mit einer Gesamtsumme von fünf Millionen.

      Als Harald Harst nach diesem bedeutungsvollen Abend nach Hause kam, ging er noch zu Max Schraut hinüber. Der war noch wach, hatte auf ihn gewartet.

      »Die Wette ist zustande gekommen,« sagte Harst gelassen. »Mein Abschiedsgesuch an meine Behörde ist auch bereits abgegangen. Ich stelle Ihnen frei, fortan unter angenommenem Namen meinen Privatsekretär und Gehilfen zu spielen oder – ins Gefängnis zurückzukehren.«

      »Die Entscheidung ist nicht schwer,« meinte Max Schraut und griff dankbar nach Harsts Hand. »Ich werde Ihnen ein treuer Helfer sein.«

      »Gut denn. – Morgen abend reisen wir nach Pommern. Meine erste Aufgabe lautet: »Das Geheimnis des Szentowo-Sees«. – Und dieser See liegt in Pommern. – Gute Nacht, Schraut. – Übrigens: – falls nötig, lassen wir Karl nachkommen. Er hat sich ebenso gut bewährt wie Sie. – Also morgen – auf nach Szentowo!«

      Das Geheimnis des Czentowo-Sees

       Inhaltsverzeichnis

       1. Einer, der Szentowo kennt

       2. Schraut wird noch klüger

       3. Das gräfliche Paar

       4. Die falsche Theorie

       5. Das Erbbegräbnis derer von Lippstedt

      1. Kapitel

       Einer, der Szentowo kennt

       Inhaltsverzeichnis

      Harald Harst hatte soeben mit seiner Mutter den Morgenkaffee eingenommen und ihr dabei von der in der vergangenen Nacht im Universum-Klub abgeschlossenen Millionenwette und von seiner ersten Aufgabe erzählt. Frau Harst war glücklich in dem Gedanken, daß ihr Einziger infolge dieser Wette über den Verlust seiner heißgeliebten Braut leichter und schneller hinwegkommen würde, da er sich ja verpflichtet hatte, zwölf seltsame Begebenheiten oder schwierige Kriminalfälle aufzuklären. Während sie dann ihre gewohnte Tagesbeschäftigung begann, die kaum vermuten ließ, daß sie die Witwe eines vielfachen Millionärs war, prüfte ihr Sohn in seiner im Erdgeschoß gelegenen Wohnung, am Schreibtisch seines Arbeitszimmers sitzend, die große Spezialkarte von Pommern, die sein Privatsekretär und Gehilfe Max Schraut ihm frühmorgens hatte besorgen müssen.

      Das Dorf Szentowo sowie das gleichnamige Schloß und der See lagen unweit des Städtchens und der Bahnstation Malchin an der Hauptstrecke Stettin-Stolp-Danzig.

      Dann sah Harst das Kursbuch ein und entschied sich für den 11 Uhr-Abend-Schnellzug. Er wollte nachmittags nochmals das Grab Marga Mildens besuchen, bevor er durch die Reise nach Szentowo seinen neuen Lebensabschnitt einleitete – seine Tätigkeit als Liebhaberdetektiv. Er, der bisherige Staatsanwaltschaftsassessor hatte ja gerade durch die Ermittlung des Mörders seiner Braut abermals bewiesen, wie sehr er sich für diesen ganz besonders geartete Fähigkeiten erfordernden Beruf eignete, dessen Vorbedingungen, weitumfassende Allgemeinbildung und ebenso gründliche Kenntnis aller mit der Kriminalistik eng zusammenhängenden Wissensgebiete, in seiner Person aufs beste erfüllt waren.

      Er saß jetzt zurückgelehnt da und schaute sinnend durch das Fenster auf die im hellen Frühlingssonnenschein daliegende Straße hinaus. – Das Geheimnis des Szentowo-Sees. – Das war alles, was seine Wettgegner ihm mitgeteilt hatten. Um welche Art von Geheimnis es sich handelte, dies hatten sie ihm festzustellen überlassen. Es mußten jedenfalls mit diesem See mysteriöse Vorgänge verknüpft sein, die zum mindesten dort in jener Gegend ziemlich allgemein bekannt waren. Und Harst ließ seine Phantasie nun spielen und erwog, wie beschaffen diese Rätsel sein könnten. – Lag ein unaufgeklärtes Verbrechen, etwa ein Mord, vor? – Wohl kaum. Sonst hätten die Wettgegner dieser ersten Aufgabe eine genauere Fassung gegeben.

      Es klopfte. Harst rief Herein. Es war Max Schraut, der frühere Komiker und Taschendieb, den er bei den Ermittlungen nach Marga Mildens Mörder bereits als treuen und gewandten Gehilfen schätzen und als reuigen Entgleisten kennen gelernt hatte. Schraut spielte hier im Hause der Frau Auguste Harst den würdigen, älteren, graubärtigen Herrn, während er doch kaum die vierzig erreicht hatte und ohne falschen Bart und Perücke ganz anders aussah. Diese Verkleidung war nötig, denn die Polizei war hinter ihm als entsprungenen Strafgefangenen drein.

      »Herr Harst, ich habe soeben die Morgenblätter durchgesehen,« begann er sofort eifrig und breitete auf dem Schreibtisch die am meisten gelesene Zeitung Berlins aus. »Denken Sie: die ganze Wettgeschichte steht schon haarklein unter Allerneuestes, und selbst unsere erste Aufgabe ist erwähnt, was für uns insofern sehr angenehm ist, als der Verfasser dieses Artikels recht genau über das Geheimnis des Sees unterrichtet zu sein scheint.« Er deutete dabei auf eine bestimmte Stelle eines längeren Aufsatzes mit der Überschrift: Eine Millionenwette im Universum-Klub.

      Harst hatte sich vorgebeugt und las. Besonders interessierte ihn natürlich folgendes:

      »– Tatsache ist, daß zuerst im verflossenen Herbst auf dem Grunde des Sees seltsame, wandernde Lichterscheinungen sich nachts zeigten, für die niemand eine Erklärung fand. Dann wurde dasselbe geheimnisvolle Leuchten vor fünf Wochen abermals beobachtet, und es ist seitdem in unregelmäßigen Zwischenräumen zumeist in besonders dunklen, regnerischen Nächten verschiedentlich von einwandfreien Zeugen gesehen worden, so zum Beispiel auch von einem Kriminalkommissar, der in einer nahen Kreisstadt dienstlich zu tun gehabt und die Gelegenheit benutzt hatte, diese etwas rätselhafte Angelegenheit zu prüfen, die in der dortigen Gegend schnell allerlei abergläubische Märchen von einer Seenixe hervorgerufen hat. Jener Beamte wäre dabei fast das Opfer eines ebenfalls geheimnisvollen Unfalls geworden. Als er allein in einem primitiven Nachen, einem aus Brettern zusammengeschlagenen sogenannten Seelenverkäufer, der Stelle zuruderte, wo es in der Tiefe hin und wieder hell aufleuchtete, kippte der Kahn urplötzlich ohne jede erkennbare Ursache um und traf dann den gerade wieder auftauchenden Kommissar, einen vorzüglichen Schwimmer gegen den Hinterkopf, daß der Beamte beinahe die Besinnung verloren hätte. Der Kommissar führt dieses Umkippen des Seelenverkäufers auf einen plötzlichen Schwindelanfall seinerseits zurück. Im Dorfe Szentowo kursieren jedoch allerlei Gerüchte, daß auch einem Gast des Besitzers des Schlosses Szentowo, des Grafen von Lippstedt, genau dasselbe gefährliche Mißgeschick begegnet sein soll, daß dieser Gast, ein Professor ebenfalls beinahe ertrunken wäre, und daß – die Seenixe auf diese Weise die Neugier der Menschen bestrafe. – Man kann gespannt sein, wie Herr Harst als Liebhaberdetektiv sich mit alledem abfinden wird. Auch uns erscheint es dringlich geboten, jene merkwürdigen Vorgänge aufzuklären, die unseres Erachtens vielleicht doch nicht ganz harmloser Natur sind, wenn


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