Harald Harst Krimis: Über 70 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Buch. Walther Kabel

Harald Harst Krimis: Über 70 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Buch - Walther Kabel


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ganz, Master Harst.“ Er sprach englisch, obwohl er vermutlich auch das Deutsche beherrschte. Aber er war eben ein waschechter Brite, der sich etwas zu vergeben glaubte, wenn er eine fremde Sprache gebrauchte.

      „Gewiß, – Mißdeutungen insofern, als die Polizei sich verletzt fühlen könnte wenn sie nicht hinzugezogen wird,“ erwiderte Harst.

      Pooks Benehmen blieb leicht verlegen. Ich merkte, daß Harst ihn absichtlich durch prüfende Blicke verwirren wollte. Sehr bald erschien dann ein Detektivinspektor namens Garner aus Kapstadt mit einem Beamten. Garner war uns gegenüber von einer eisigen Höflichkeit. Da Fitzgerald Harst den Türschlüssel zum Museum übergeben hatte, bat Pook nun um diesen Schlüssel und begleitete die Beamten nach oben. Wir blieben im Salon. Harst setzte sich neben mich auf das Sofa.

      „Sehr ungemütlich hier für uns!“ meinte er. Dieser Pook verdient ein Fragezeichen. Der Bursche gefällt mir nicht. Und dieser Inspektor Garner noch weniger.“

      Gut zwanzig Minuten vergingen. Dann kam Garner allein zurück. Sein Gesicht drückte schlecht verhehlten Triumph aus. Sehr im Gegensatz zu seinem Benehmen vorhin zeigte er jetzt Harst gegenüber eine wortreiche Liebenswürdigkeit.

      „Sie haben das Zimmer oben doch auch durchsucht, Herr Harst,“ sagte er nach einigen vorbereitenden Sätzen. „Ist Ihnen dieser Knopf entgangen, der hinter dem Glaskasten auf dem kleinen Tischchen lag?“ Er holten einen braunen Knopf aus der Westentasche hervor, an dem noch ein paar Zwirnfäden hingen, und reichte ihn Harst mit einem Lächeln, das etwa sagen sollte: „Siehst Du, – wir hier in Kapstadt haben doch bessere Augen als Du!“

      Harst besah den Knopf, erwiderte aber nichts. Garner fügte daher hinzu: „In Edward Pooks Zimmer fand ich die Hausjoppe, an deren rechtem Ärmelaufschlag dieser Knopf fehlt. – Ich bitte Sie beide aber, hierüber zu schweigen.“

      „Das ist selbstverständlich,“ erklärte Harst. „Der Fund ist fraglos belastend.“

      Hätte Warner Harst so gekannt, wie ich meinen Harald kenne, würde er wohl die Ironie aus diesem letzten Satz herausgemerkt haben. So aber sagte er vertraulich: „Pook ist Spieler und wettet gern. In der Stadt ist er wenig beliebt. Sein Vater war General in der indischen Kolonialarmee, und er ist genau so eingebildet auf seinen Namen wie Frau Lizzie Fitzgerald auf den ihres Vaters.“

      „Haben Sie Pook verhaftet?“ fragte Harst schnell.

      „Nein. Noch nicht. Ich habe ihn gebeten, auf sein Zimmer zu gehen und mich dort zu erwarten. Ich tat so, als hätte ich etwas Vertrauliches mit ihm zu besprechen. – Was meinen Sie, Master Harst, genügt der Knopf nicht vollständig zu einer Verhaftung?“

      „Oh – darüber möchte ich mir kein Urteil erlauben. – Hat Pook sehr viel Schulden?“

      „Ob er Schulden hat, weiß ich nicht. Aber alle Spieler sind höchst zweifelhafte Charaktere.“

      Harst nickte. Garner stand vor ihm und überlegte. „Hm – Fitzgerald ist einer der angesehensten Bürger der Stadt,“ meinte er. „Bei Pook als seinem Neffen muß man vorsichtig sein. Ein polizeilicher Mißgriff könnte mir einen bösen Wischer von oben einbringen. Ich werde mit der Verhaftung doch noch warten. – Wie denken Sie über diesen Diebstahl, Herr Harst?“

      Aha! Jetzt wollte Garner den berühmten deutschen Konkurrenten also doch ausnutzen.

      Harst schlug in seinem Sessel nachlässig ein Bein über das andere, zuckte die Achseln und erwiderte zu meiner großen Überraschung:

      „Der Knopf ist belastend, aber – nicht für Pook! Ich habe den Knopf vorhin, als ich oben im Museum war, ruhig hinter dem Glaskasten liegen lassen. Ich als Fremder durfte nichts berühren, da ja vielleicht die Polizei noch den Tatort in Augenschein nehmen konnte. Knöpfe sind mir im übrigen als Beweisstücke bei Verbrechen wenig interessant. Sie bilden das ständige Handwerkzeug von Schriftstellern, die Kriminalgeschichten verfassen. – Wie sollte wohl der Dieb, der mit einem Schlüssel den Glaskasten, dessen Scheibe nach der Seite hochzuklappen ist, geöffnet hat, den Knopf vom Ärmel gerade so verlieren, daß dieser Knopf hinter den Kasten zu liegen kommt?! Das ist ganz unnatürlich. – Den Knopf hat jemand dorthin gelegt, um den Verdacht auf Pook zu lenken. Insofern war mir der Knopf also doch wertvoll. Pooks Hausjoppe sah ich gleichfalls in seinem Schlafzimmer hängen, als wir die Villa besichtigten. Im übrigen, Master Garner, ist der Knopf vom Ärmel dieser Joppe gewaltsam abgedreht worden, wie mir die zusammengerollten Fadenreste am Stoff bewiesen. Wenn Sie den Mann finden, der den Knopf hinter den Glaskasten tat, haben Sie auch den Dieb.“

      Garner lächelte zweifelnd. „Ich kann Ihnen in alledem nicht beipflichten, Master Harst. In das Museum kann selbst am Tage niemand hinein. Wenn die Mädchen dort reinmachen, bleibt Fitzgerald sogar dabei. Der Dieb kann nur jemand sein, der sich für kurze Zeit die richtigen Schlüssel zu verschaffen wußte. Dazu hat Pook die beste Gelegenheit – nur er! – So, nun werde ich zu Pook nach oben gehen und zum Schein mich mit ihm eine Weile unterhalten. Ich kann nicht anders: ich bleibe bei meinem Verdacht, werde jedoch noch mehr Belastungsmaterial sammeln. – Auf Wiedersehen, Master Harst. Es sollte mich freuen, wenn Sie die Beweise herbeischafften, daß Pook unschuldig ist.“

      Er verbeugte sich und schritt sehr selbstbewußt hinaus.

      „Weshalb sagtest Du mir nichts von dem Knopf und der Joppe!“ rief ich sofort leise und etwas ärgerlich. „Du hast Dir die Villa doch nur deshalb angesehen, weil Du nach dem Kleidungsstück Dich umschauen wolltest, zu dem der Knopf gehörte!“

      Harald schaute mich mit einem sonderbaren Blick an und erklärte. „Pook muß einen Feind haben, besser, – es gibt einen Menschen, der Pook haßt. Ob es Jones Fitzgerald ist? – Dieser Fall hier, mein Alter, ist recht verzwickt. Wenn wir an unsrer vorhin aufgestellten Theorie, daß Fitzgerald den Stein verkaufen will, festhalten, dann ist dieser Fitzgerald ein Lump, der seinen Neffen, den Neffen seiner Frau, in Ungelegenheiten bringen möchte. Danach sieht der Mann aber nicht aus. Ich besitze genug Menschenkenntnis, um Spreu vom Weizen trennen zu können. Einem verschuldeten Kaufmann von Jones Fitzgeralds ganzem Auftreten und Wesen darf man wohl die Vortäuschung eines Diebstahls zutrauen, bei dem niemand geschädigt wird, nicht aber eine solche Schurkerei, durch einen Knopf einen Unschuldigen in Verdacht bringen zu wollen. Wenn ich Dir vorhin diese erste Theorie aus dem gegebenen Material entwickelte, so geschah es nur, damit Du, sobald dieser Knopf eine Rolle zu spielen begann, sofort erkennen solltest, wie sehr wir hier noch im Dunkeln tappen und –“

      In diesem Moment flog die Salontür auf. Garner stürmte herein, rief in einer Erregung, die bereits genug eine neue Wendung in dieser Untersuchungssache andeutete:

      „Master Harst, – Pook liegt oben in seinem Wohnzimmer tot auf dem Teppich! Ich wette, er hat sich vergiftet! Er muß gemerkt haben, daß ich gegen ihn Verdacht geschöpft hatte. Deshalb hat er seinem Leben ein Ende gemacht! – Bitte – kommen Sie! Überzeugen Sie sich selbst –!“

      Wir eilten in den zweiten Stock hinauf, wo Pooks Zimmer lagen.

      Pook war tot. Harst nickte nur, als Garner nun angesichts der Leiche seine Behauptung wiederholte, Pook hätte sich der irdischen Gerechtigkeit entzogen. Dann ging der Inspektor nach unten, um den Polizeiarzt telephonisch herbeizurufen.

      Wir waren allein. Harsts Eifer, mit dem er jetzt den Toten untersuchte, fiel mir auf. Als er die rechte, tadellos gepflegte Hand besichtigte, hörte ich, wie er ein leises „Ah – also das ist“s!“ ausstieß.

      Er richtete sich wieder auf und begann nun hastig, sich im Zimmer umzusehen. Er tat es in einer Weise, die deutlich zeigte, daß er etwas Bestimmtes suchte. Dann öffnete er die Tür nach dem Schlafzimmer und trat ein. Auf dem Bett lag ein grauer Bogen Packpapier, der noch halbwegs die Form des Gegenstandes beibehalten hatte, der darin eingeschlagen gewesen war. Die Tür hatte Harst offen gelassen, und ich konnte daher beobachten, wie er nun vom Nachttischchen einen jener aus Ton gebrannten und scheußlich bemalten Negergötzen aufhob, von allen Seiten besichtigte und dann damit an eins der Fenster trat. Er hielt jetzt den Götzen, der etwa 50 Zentimeter hoch war, an das rechte Ohr, stellte ihn auf das Fensterbrett, klappte sein Taschenmesser auf und hantierte mit der großen Klinge an der Tonstatue herum. Nach einer Weile


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