Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch. Walther Kabel

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bis zum Hafen Carumbo machten ihr den Hof. Sie lachte sie aus und lebte ihr tolles Leben im Sattel und hinter dem sagenhaften weißen Känguruh drein. Wenn Achi darüber sprach, und er mochte Daisy nicht, grinste er stets niederträchtig, und ich lächelte zweifelnd, denn dieses weiße Känguruh erinnerte mich an Jugendjahre und Indianerschmöker und den weißen Mustang.

      „Sie sind roh,“ sagte Daisy empört. „Lassen Sie mich los!!“

      „Gern …“ – Ich bückte mich schnell, und ich hatte eine Waffe.

      „Geben Sie mir Ihren Karabiner!“ befahl ich liebenswürdig-energisch.

      Der hing ihr über die Schulter. Aber sie blitzte mich wütend an. „Niemals!!“

      „Wo ist Maleachi?“ fragte ich mit einigem Recht. „Sie scheinen ihn abgefaßt zu haben, und zu meinem Bedauern muß ich gegen diesen Eingriff in meines Freundes persönliche Freiheit protestieren. Bitte – gehen Sie vor mir her!“

      Sie zauderte. „Mr. Abelsen, Sie sind verhaftet, und …“

      Ein neuer Griff, – ihr Karabiner gehörte mir. – Sie war starr.

      „Sie sind ja weit gefährlicher, als mein Vater Sie schilderte!“

      „Und Sie weit hübscher, als es für die Grünschnäbel dieser Gegend zuträglich ist. – Gehen Sie!“

      „Nein!“ Sie stampfte mit dem Fuße auf, ihre Lippen zitterten …

      Ich hatte wirklich keine Zeit, hier Salonkonversation zu führen. Das Gefängnis in Borraloola war zweifellos genau so flohreich wie das Freiquartier in Schweden, und nach einer Untersuchung australischer Wanzenspielarten gelüstete es mich auch nicht.

      „Ich werde Sie fesseln,“ sagte ich ganz sachlich.

      „Sie sind ein … Ungeheuer!“ sprühte sie mich an.

      Das Mädel hatte verteufeltes Temperament. Sie gefiel mir. Als Hausfrau konnte ich sie mir schwer vorstellen.

      „Bitte!!“

      Und jetzt gehorchte sie. Meine Augen gefielen ihr nicht.

      Am Staketenzaun war Achi sehr kunstvoll wie ein Gekreuzigter neben den Pferden festgebunden und hatte im Munde ein duftendes Taschentuch. Am Boden lagen zwei Karabiner, zwei Pistolen, Patronenschachteln und anderes.

      „Binden Sie ihn los!!“

      Meine Stimme behagte ihr nicht.

      Der kleine Prophet war kaum frei, als er auf eine dicke Beule am Hinterkopf zeigte. „Ich springen über Zaun, ich kriegen Hieb und liegen wie totes Kaninchen …“

      Dann hatte er mit seinen Affenarmen bereits Daisy Mallingrott nach hinten gerissen. Sie bekam dasselbe Taschentuch in das holde Mündchen, und im Nu war sie am Zaune sicher versorgt. Ihr Vater würde sie nachher schon finden.

      „Entschuldigen Sie, Miß,“ sagte ich zum Abschied. „Wie du mir, so ich dir … – es ist das Gesetz der Wüste.“

      Sie war unheimlich bleich. Wir ließen ihr ihre Waffen und ritten davon. – Wenn ich damals die Folgen dieses Zwischenspiels geahnt hätte, würde ich mit Daisy anders umgesprungen sein.

      Achi schlug nördliche Richtung ein. Wir trabten gemütlich dahin, denn zur Eile lag keinerlei Veranlassung vor.

      „Mussu,“ meinte der schwarze Jüngling bissig und belastete seinen Wollschädel, „weißes Känguruh doch vorhanden sein, – du nicht immer lachen müssen, da nichts zu lachen …“

      „Zeige es mir …“ warf ich ungläubig ein. „Hier hat jeder Bezirk sein Hausgespenst. Drüben in Burketown fabeln sie von dem riesigen Beutelwolf, in Gregory Nation von dem weißen Emu … Die Menschen müssen etwas zum Schwatzen haben.“

      Achi drückte seinen Basthut vorsichtig auf den ramponierten Dickschädel und rauchte sich eine Zigarette an. Natürlich eine meiner Zigaretten. Mein mißtrauischer Blick wurde durch die schlichten Worte abgetan: „Mussu, ich alle Zigaretten mitnehmen, genug da sein.“

      Wir kamen durch ein ausgetrocknetes Flußbett. Bis zur Meeresküste waren es von hier nur vier Stunden. Man spürte den Odem des Meeres, und Sehnsucht nach der grünen wogenden Unendlichkeit erinnerte mich auch an mein Eiland, das nun der feuchte Sarg zweier Liebenden war.

      „Mussu,“ sagte der kleine Prophet, als ein Waldstück aus der Salzsteppe emporwuchs, „Miß Daisy Mallingrott haben viel Geheimnis …“ Er äugte scharf geradeaus. Seine Sehschärfe war erstaunlich.

      „Geheimnis?!“ Ich war nur mäßig interessiert. Dieses rotbraune Mädel, das da wochenlang in der Wildnis sich umhertreiben sollte, hatte mir nicht sonderlich imponiert. Unbeherrschte Naturen wie sie scheitern zumeist. Es war bedauerlich, daß ihr Äußeres und ihr Temperament so wenig Resonanz hatten.

      Achi sog an seiner Zigarette und zügelte seinen Gaul.

      „Das da vor uns Weg nach Borraloola,“ meinte er leise.

      Ich sah die Telegraphenmasten. Die Isolatoren schimmerten blendend weiß.

      „Nun – und?!“

      „Miß haben Feinde,“ flüsterte der kleine Prophet. „Miß das auch wissen … Aber Feinde sehr schlau …“

      „Du meinst, daß da vor uns im Walde Leute sind?“

      „Reiter.“

      „So?!“

      „Ja … drei.“

      Ich mühte mich ab, etwas zu sehen. Aber es war umsonst.

      Achi schien zu überlegen. Wir hielten hier in einem dünnen Streichholzgebüsch von Riesenschachtelhalmen.

      „Du warten, Mussu …“ sagte Maleachi in seiner unübertrefflichen Selbstverständlichkeit.

      Diesmal machte ich es umgekehrt.

      „Du wartest!“ Ich hatte gemerkt, daß er mich auszuschalten suchte. Er hatte bisher noch nie Daisys Feinde erwähnt, und ich witterte irgendeine dunkle Sache, die mir verborgen bleiben sollte.

      Ein seltsamer Blick streifte mich. Seine Mundwinkel zogen sich hoch.

      „Mussu, die drei sehr schlau …“

      „Ich auch …“

      Ich schlich zu Fuß nach rechts und kroch dann in den Salzkräutern auf allen Vieren weiter. Auch die breitblätterigen gelben Sackistauden schützten mich gegen Sicht.

      Als ich den Wald erreicht hatte, erkannte ich nun auch, woraus Achi auf drei Reiter geschlossen hatte. Unter den ersten Bäumen abseits des Weges waren drei Pferde angebunden, denen man helle Wolldecken übergelegt hatte. Diese Decken mußte Achi bemerkt haben. Europäeraugen sind im Vergleich zu denen der Halbwilden stets minderwertig.

      Der sogenannte „Weg“, nichts als ein von Radspuren zerschnittener Sandstrich mit Telegraphenstangen als einseitiger Einfassung, lief hier schräg durch den Buschwald.

      Ich schob mich noch weiter vor. Coy Calas Schüler bewährte sich. – Hinter dichtem Gestrüpp lagen drei Männer in englischledernen Anzügen. Sie hatten Snidersbüchsen auf den linken Unterarm gelegt, und ihre ganze verdächtige Stellung ließ nur den Schluß zu, daß sie Daisy und ihrem Vater auflauerten.

      Sie sprachen halblaut miteinander, und als ich mich noch näher wagte, vernahm ich von dem Mittleren die denkwürdigen Sätze:

      „Haben wir sie, haben wir auch alles andere …!“

      Vielleicht hätte Mr. Austin Gorrand noch mehr hinzugefügt, aber es geschah etwas, das selbst mir den Atem benahm.

      3. Kapitel

       Ein Mann von einst

       Inhaltsverzeichnis


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