Attentäter Null. Джек Марс
vor sich hergeschoben, denn er vertraute sich selbst nicht, sofort zurückzutreten. Es war schon schlimm genug, dass er aufgrund der Fehltritte seiner zwei Vorgänger unter die Lupe genommen wurde, nicht nur von den Medien, sonder praktisch von der ganzen Welt. Es war schon schlimm genug, dass Chinas neuer und scheinbar irrationaler Anführer einen Handelskrieg mit den USA ausgelöst hatte, indem er stetig steigende Tarife auf die riesigen Mengen Exporte erhob, die dort hergestellt wurden. Experten prognostizierten eine sprunghafte Inflation, die langfristig die amerikanische Wirtschaft destabilisieren könnte.
Es war schon schlimm genug, dass es Thanksgiving war, verdammt noch mal.
„Sir?” forderte Tabby ihn sanft auf.
Rutledge hatte nicht bemerkt, dass er in seinen eigenen Gedanken verloren war. Er riss sich zusammen und rieb sich die Augen. „Na gut, lasst uns direkt zur Sache kommen: haben wir Grund zu glauben, dass die Vereinigten Staaten ein Ziel werden könnten?”
„Derzeit”, antwortete Direktor Shaw, „sollten wir unter der Annahme handeln, dass die USA ein Ziel werden. Etwas anderes können wir uns nicht leisten.”
„Gibt es irgendwelche Informationen, wer dahinter steckt?” fragte Rutledge.
„Noch nicht”, erwiderte Johansson.
„Aber das hier passt irgendwie nicht mit der Arbeitsweise unserer Freunde im Nahen Osten zusammen”, brachte General Kressley dar. „Müsste ich wetten, dann würde ich mein Geld auf die Russen setzen.”
„Wir können keinerlei Annahmen machen”, entgegnete ihm Johansson streng.
„In Anbetracht unserer jüngsten Geschichte”, argumentierte Kressley, „würde ich es eine auf Erfahrung gestützte Vermutung nennen.”
„Wir sind eine Nachrichtenagentur”, schoss Johansson über den Tisch zurück und hatte sogar ein dünnes Grinsen dabei auf den Lippen. „Als solche sammeln wir Informationen und arbeiten mit Fakten. Nicht Vermutungen oder Annahmen.”
Plötzlich mochte Rutledge die schlanke blonde Frau vor sich, die sich weigerte, sich von einem knurrenden Vier-Sterne-General einschüchtern zu lassen, sehr. Er wandte sich an sie und fragte: „Was schlagen Sie vor, Johansson?”
„Unser Top-Ingenieur arbeitet derzeit an einer Methode, um diese Art von Waffe zu orten. Nach dem Anschlag auf Havanna zu urteilen, würde ich sagen, dass die Täter wahrscheinlich in der Nähe des Meeres bleiben und eine Küstengegend anzielen. Mit ihrer Erlaubnis, Sir, würde ich gerne ein Spezialeinsatzteam losschicken, um sie zu finden.”
Rutledge nickte langsam - ein CIA-Einsatz klang viel besser, als wegen eines möglichen Attentats Alarm zu schlagen. Halte es klein, halte es geheim, dachte er. Dann ging ihm blitzschnell ein Licht auf.
„Johansson”, fragte er, „einer Ihrer Agenten ist der Typ, der die Kozlovsky Affäre aufgedeckt hat, oder? Er fand die Dolmetscherin und die Aufnahme?”
Johansson war seltsam zögerlich, doch sie nickte einmal. „Ja, Sir.”
„Wie hieß er doch gleich?”
„Er... nun, sein Abrufzeichen ist Null. Agent Null, Sir.”
„Null, stimmt.” Rutledge rieb sich über das Kinn. „Er. Setzen Sie ihn auf diesen Fall an.”
„Äh, Sir... momentan ist er noch nicht ganz einsatzbereit. Er wechselt gerade zurück zur Einsatzarbeit.”
Der Präsident wusste nicht, was das bedeutete, doch es klang wie eine Ausrede oder ein Euphemismus in seinen Ohren. „Es ist ihre Aufgabe, ihn vorzubereiten, Deputy Direktorin.” Man konnte ihn nicht mehr umstimmen, Rutledge wusste, dass dies die richtige Entscheidung war. Der Agent hatte eigenhändig den ehemaligen Präsidenten Pierson vor einer Ermordung gerettet und den geheimen Pakt zwischen Harris und den Russen aufgedeckt. Wenn überhaupt jemand die Täter und diese Ultraschall-was-auch-immer-sie-war finden konnte, dann war er es.
„Darf ich einen Vorschlag machen?” legte Johansson ein. „Die CIA verfügt über einen der besten Spurensucher der Welt. Ein ehemaliger Ranger und ebenfalls ein hochdekorierter Agent -”
„Fantastisch”, unterbrach sie Rutledge, „schicken Sie ihn auch los. So bald wie möglich.”
„Ja, Sir”, stimmte Johansson leise zu, starrte dabei auf den Tisch.
„Gibt es sonst noch was?” fragte er. Niemand sprach, weshalb Rutledge aufstand und die vier weiteren Personen im Krisenraum es ihm gleichtaten. „Dann halten Sie mich auf dem Laufenden und, äh... versuchen Sie, den Feiertag zu genießen.” Er nickte ihnen zu und schritt aus dem Konferenzsaal, wo die beiden Geheimdienstagenten sofort hinter ihm hergingen.
Immer unter Beobachtung. Niemals wirklich allein.
Doch eigentlich stimmte das nicht, bemerkte er. In diesem Moment fühlte er genau das Gegenteil - egal wie viele Leute um ihn waren, ihn berieten, ihn beschützten, ihn in eine Richtung oder die andere schubsten, er fühlte sich wirklich einsam.
KAPITEL FÜNF
Null wachte auf und spürte, wie das warme Sonnenlicht auf seinem Gesicht durch die Jalousien drang. Er setzte sich auf und streckte seine Arme, fühlte sich ausgeruht. Doch etwas stimmte nicht. Sein Schlafzimmer war größer als es eigentlich sein sollte, doch bekannt. Statt einer einzelnen Kommode standen da jetzt zwei. Eine von ihnen war kleiner und hatte einen Spiegel auf ihr.
Das war nicht seine Wohnung in Bethesda. Dies war sein Schlafzimmer aus New York - ihr Schlafzimmer, in dem Haus, das sie teilten. Bevor... vor allem.
Und als er langsam seinen Kopf drehte, sah er, unmöglicherweise, dass sie da war. Sie lag neben ihm, die Bettdecke war halb über ihren Körper gezogen und sie schlief friedlich in einem weißen Unterhemd, wie sie es so oft tat. Ihr blondes Haar lag perfekt auf dem Kissen, auf ihren Lippen lag ein leichtes Lächeln. Sie sah traumhaft wie ein Engel aus. Sorglos. Friedlich.
Er lächelte und legte sich zurück auf das Kissen, beobachtete sie, während sie schlief. Er bemerkte die perfekten Umrisse ihrer Wangen, das kleine Grübchen auf ihrem Kinn, das sie Sara vererbt hatte. Seine Frau, die Mutter seiner Kinder, die größte Liebe seines Lebens.
Er wusste, dass es nicht real war, doch er wünschte, dass es das sein könnte, dass dieser Moment ewig andauern würde. Er griff nach ihr und berührte sanft ihre Schulter, ließ seine Fingerspitzen über ihre sanfte Haut hinunter bis zum Ellenbogen gleiten...
Er blickte finster.
Ihre Haut war kalt. Ihre Brust fiel und sank nicht beim Atmen.
Sie schlief nicht. Tot.
Umgebracht durch eine tödliche Dosis Tetrodotoxin, verabreicht durch einen Mann, den Null einen Freund genannt hatte, einen Mann, den Null hatte leben lassen. Eine Entscheidung, die er tagtäglich bereute.
„Wach auf”, murmelte er. „Bitte. Wach auf.”
Sie bewegte sich nicht. Sie würde es nicht, niemals mehr.
„Bitte wach auf.” Seine Stimme brach.
Es war seine Schuld, dass sie starb.
„Wach auf.”
Es war seine Schuld, dass sie ermordet wurde.
„WACH AUF!”
Null atmete schlagartig ein, als er sich aufrecht im Bett setzte. Es war ein Traum. Er war in seinem Schlafzimmer in Bethesda. Die Wände waren weiß und ungeschmückt, es gab nur eine Kommode. Er war sich nicht sicher, ob er geschrien hatte oder nicht, doch seine Kehle war rau und schlimme Kopfschmerzen brauten sich zusammen.
Er stöhnte und schaute auf seinem Telefon nach der Uhrzeit, während er sich wieder an die Realität gewöhnte. Die Sonne war aufgegangen,