Nur den Auserwählten. Морган Райс

Nur den Auserwählten - Морган Райс


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der sich mit dem Wasser mitbewegte. Schroffe Felsen stachen rund um sie aus dem Meer, wie die Zähne einer großen Bestie. Es gab große Bestien, denn Royce sah, wie ein Wal die Wasseroberfläche durchbrach, und sein schwerer Körper mit einem Sprühregen aus den Fluten glitt. An den Felsen hingen noch die Überreste zahlreicher Schiffe, die keine sichere Route gefunden hatten. Royce war umso dankbarer, einen Kapitän gefunden zu haben, der bereit war, sie zu überführen.

      Die Inseln selbst wirkten wie ein Mix aus grüner Landschaft und schwarzen Steinen. Sie waren alle um eine zentrale Lagune positioniert, in deren Herzen eine weitere Insel lag. Die meisten von ihnen waren mit Torf, Bäumen und einem Sand überzogen, der so dunkel war, dass er von den Granit- und Basaltwänden der Inseln abgetragen worden sein musste. Die zentrale Insel schien ein Vulkan zu sein, der mit einem finsteren, roten Leuchten vor sich hinblubberte und erst jetzt wurde Royce klar, dass der Dunst rund um die Inseln kein Nebel war. Stattdessen handelte es sich um Rauch, der sich absenkte und eine Art Heiligenschein um die Inseln formte.

      Der Spiegel der Weisheit musste hier irgendwo sein und wenn er nach ihm suchen würde, so hoffte Royce, würde er auch seinen Vater finden.

      „Land in Sicht“, rief er den anderen zu und deutete in die Richtung.

      Der Schiffskapitän kam zu ihnen und lächelte. „Wo?“

      Durch Royce eigene Augen waren die Inseln nur eine Reihe kleiner Punkte, die ganz langsam größer wurden.

      „Wir haben es geschafft“, sagte der Kapitän. Er zog eine kleine Flasche aus seinem Gürtel. „Darauf müssen wir trinken und die Geister der See besänftigen.“

      Er streckte sie Royce entgegen, der sie annahm und höflich daran nippte. Die Flüssigkeit brannte in seiner Kehle. Mark nahm sie auch, obwohl er offensichtlich lieber abgelehnt hätte, doch der Kapitän bestand darauf. Nach einem kleinen Schluck hustete er stark.

      „Jetzt wo wir näher sind“, fing der Kapitän an, „könntest du uns vielleicht etwas mehr darüber erzählen, was ihr hier wollt. Du bist auf der Suche nach deinem Vater, nicht wahr?“

      Royce brauchte einen Moment, um zu realisieren, was der Mann gesagt hatte.

      „Das habe ich niemals gesagt“, erwiderte Royce.

      „Oh, sei nicht schüchtern“, sagte der Kapitän. „Dachtest du wirklich, die Gerüchte würden nicht durch die Dörfer wandern? Du bist Royce, der Junge, der den alten Herzog gestürzt hat. Du bist auf der Suche nach deinem Vater und wenn du mich für den langen Weg zu den Sieben Inseln angeheuert hast, dann muss er hier irgendwo sein.“

      „Ich weiß nicht, wovon du sprichst“, sagte Royce, „wir sind nur—“

      „Reisende Gaukler, ich weiß“, sagte der Kapitän. „Nur, dass ihr das nicht seid. Denkst du wirklich, ein wenig Schlamm auf dem Schild deines Ritters würde als Verkleidung dienen oder dass du das Zeichen auf deiner Hand loswerden kannst? Du bist Royce, keine Chance das zu leugnen.“

      Der Mann starrte ihn erwartungsvoll an und Royce erahnte, dass es keinen Zweck hatte, es weiter abzustreiten. Trotzdem behagte es ihm nicht, die Wahrheit einzugestehen.

      „Warum willst du das überhaupt wissen?“, fragte Mark von der Seite.

      „Weil ich helfen möchte“, sagte der Kapitän. „Ihr habt nur gesagt, dass ihr zu den Sieben Inseln wollt, aber das ist ein großes Areal. Ich kann euch zu jeder von ihnen bringen. Wo wollt ihr hin?“

      „Das weiß ich nicht“, gab Royce zu. Wüsste er die Antwort auf diese Frage, wäre es deutlich einfacher.

      „Sei nicht schüchtern“, sagte der Kapitän. „Ich will helfen. Sag mir einfach, wo dein Vater ist, und ich führe dich direkt zu ihm. Sag mir, wo er ist.“

      In der Stimme des Kapitäns lag eine Härte, die Royce überraschte. Er sah ihn an und versuchte mit Hilfe von Embers Sinnen herauszufinden, was dahintersteckte. Er zog sie zurück zum Schiff und sah es von oben an. Seitdem sie das Land verlassen hatten, hatte er nicht mehr von hier auf das Deck geblickt, denn er war zu beschäftigt damit gewesen, nach den Inseln zu suchen oder Lori durch Ember zu erreichen.

      Hätte er auf das Schiff zurückgeblickt, so hätte er seine gefesselten Freunde im hinteren Teil des Schiffs gesehen. Ihre Hände waren hinter ihre Rücken gebunden und ihre Waffen und Rüstungen lagen auf der anderen Seite des Schiffs, während sie von einigen Seemännern bewacht wurden.

      „Was soll das?“, sagte Royce. „Lass meine Freunde sofort frei!“

      Der Kapitän wirkte offensichtlich überrascht, als er bemerkte, zu was Royce in der Lage war.

      „Magie!“, sagte der Kapitän und machte einen Schritt zurück.

      Royce griff nach seinem Kristallschwer und taumelte. Zu spät wurde ihm klar, wie unsicher und wackelig er sich auf seinen Beinen fühlte. Die kleine Flasche! Da war etwas in der Flasche! Mark lehnte bereits kraftlos an der Reling.

      „Wir bringen dich zu deinen Freunden“, sagte der Kapitän, „und vielleicht finden wir einen Weg, dich zum Reden zu bringen, wenn wir ihnen ein bisschen wehtun. Der König wird gut für dich bezahlen, aber für sie... sie können wir aufschneiden, so viel wir wollen.“

      Er klatschte in die Hände und ein paar Seemänner traten hervor, um Mark und Royce zu schnappen und sie zum Heck des Schiffs zu schleifen.

      „Warum tust du das?“, forderte ihn Royce auf, doch die Worte kamen aus einem Nebel, der so dick war, wie die Luft rund um die Sieben Inseln.

      „Warum tut man überhaupt irgendetwas?“, sagte der Kapitän mit einem Schulterzucken. „Geld! Ich könnte dich bis zu den Sieben Inseln bringen und mein Schiff bei der Durchfahrt durch die Felsen riskieren oder ich könnte dein Geld nehmen und dann auch noch die Belohnung einkassieren, wenn ich dich bei König Carris abliefere.“

      „Hilf mir und ich finde einen Weg, dich ebenfalls zu belohnen“, brachte Royce hervor. Das klang sogar in seinen Ohren armselig.

      Der Kapitän lachte. „Mit was? Du hast kein Geld. Oder planst du, selbst König zu werden? Es lohnt sich nicht, einen Krieg anzufangen, mein Junge. Ich komme gut um die Runden damit, ein paar Leute über das Meer zu bringen, diejenigen auszuliefern, die etwas wert sind oder das ein oder andere Schiff zu überfallen, das alleine am Ozean liegt. So mache ich mir ein schönes Leben.“

      Royce wollte den Mann niederstrecken, doch die Seemänner hielten ihn nun an den Handgelenken fest und die Müdigkeit in seinen Knochen machte es schwieriger, sie abzuwehren.

      „Oh, du möchtest kämpfen?“, fragte der Kapitän. „Vertrau mir, nach dem Aufwand, den ich mit dir hatte, würde ich das nicht tun. Den ganzen Weg... Ich habe dich nur soweit gebracht, weil ich dachte, ich könnte den alten König gemeinsam mit dir ausliefern. Aber ich zerstöre mein Schiff nicht an diesen Felsen.“

      Ein Gedanken kam Royce; ein verzweifelter, gefährlicher Gedanke.

      „Du wirst meinen Vater niemals finden, wenn du nicht dorthin gehst“, sagte er.

      „Also erzählst du uns, wo er ist?“, fragte der Kapitän.

      „Ich...“, täuschte Royce ein erschöpftes Stottern vor. „Ich kann es euch zeigen.“

      Der Kapitän rieb seine Hände zusammen und nickte den Seemännern hinter sich zu. Er führte sie zu der Brücke des Schiffs, auf der Mathilde, Neave und Bolis gefesselt waren und ein Matrose das Ruder steuerte. Die Seemänner warfen Mark neben ihnen zu Boden, während Gwylim hinter ihnen her trottete.

      Der Kapitän zog einen Dolch hervor und kam auf Mark zu. „Also, dein Freund wird uns sagen, wo wir den alten König finden, und sollte er Ärger machen, dann schneide ich dich in Stücke, bis er spurt.“

      „Das musst du nicht tun“, sagte Royce. Mit dem Messer so nahe an Mark war


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