Nur den Auserwählten. Морган Райс

Nur den Auserwählten - Морган Райс


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Embers Augen und sah auf die Felsen und die Schiffswracks vor der ersten Insel herunter. Mit Hilfe ihres Blickes begann er die ersten Anweisungen zu geben.

      „Ein bisschen nach links“, sagte er.

      „Du glaubst, wir lassen uns von dir sagen, wohin wir fahren?“, brüskierte sich der Kapitän.

      „Soll ich euch zu meinem Vater führen oder nicht?“, fragte Royce. Er fühlte sich so schwach. Hätte er seine Kräfte, würde er sich einfach durch die Crew des Schiffs prügeln und seine Freunde retten. So wie es war... so wie es war, schien das aussichtslos. „Wenn du mir nicht glaubst, dann beobachte einfach den Vogel. Ember führt uns an.“

      Als der Kapitän aufsah, warf Royce Gwylim einen Blick zu und fragte sich, wie viel die wolfsartige Kreatur verstand. Er deutete mit einer Augenbewegung zu dem Kapitän und hoffte, er verstand genug. Dann spähte er wieder durch Embers Augen und ließ das Schiff näher an die Landfläche herankommen, in der Hoffnung, seine Chance zu bekommen...

      „Jetzt!“, schrie Royce auf und der Bhargir sprang auf den Kapitän zu. Royce schnappte nach dem Steuerrad und verdrehte es so, dass sie auf die Felsen zusteuerten.

      Das Schiff schwankte, doch Royce stürzte sich bereits auf seine Freunde. Die Drogen in seinem Blut gaben ihm das Gefühl, alles würde in einer Zeitlupe ablaufen. Geräusche und Bilder waren verzerrt, als er die Klänge eines brutalen Kampfes in seiner Nähe hören konnte. In seiner Verfassung hatte er keine Chance, an diesem Kampf teilzunehmen, doch er konnte versuchen, seine Freunde zu befreien. Er zog sein Kristallschwert und lehnte sich herab, um die Fesseln an Mathildes Händen zu durchtrennen.

      „Danke“, sagte sie und rieb sich ihre Handgelenke. „Ich... hinter dir!“

      Royce schwang herum und trieb seine Klinge in die Brust eines Seemanns, der auf ihn zukam. Trotz seiner wackeligen Beine, die kaum stehen konnten, hatte Royce die Kraft, sein Kristallschwert durch den Mann hindurchzustoßen. Das Schwert des Matrosen fuhr auf ihn herab und Royce konnte den Schlag noch auf seiner Rüstung spüren, bevor der Seemann erstarrte und zu Boden fiel.

      Royce fing erneut an, die anderen aus ihren Fesseln zu schneiden, als ein weiterer Seemann auf sie zukam. Dieses Mal stürzte sich Ember auf ihn und schlug ihre Krallen lange genug in sein Gesicht, dass Bolis ihn kraftvoll über Bord treten konnte.

      Das Schiff prallte mit einem so lauten Krachen der Holzplanken auf die Felsen, als würde ein ganzer Wald entwurzelt werden, und das gesamte Deck kippte zur Seite.

      Die Männer schrien, als sie in das Wasser darunter stürzten. Royce sah etwas aus dem Ozean kommen, eine lange schlangenartige Kreatur, deren Fächerflossen und messerscharfe Zähne sie da unten trafen. Das Wesen wuchs wie ein Turm aus dem Wasser und der Mann, der aus seinem Mund hing, schrie laut auf, als sich die Zähne wie Nadeln in sein Fleisch bohrten. Ein anderer war in seinem eingedrehten Schlangenkörper verwickelt und Royce konnte die Knochen brechen hören, als die Bewegungen der großen Bestie ihn zerquetschten.

      Für einen Moment lang starrte Royce einfach nur auf die Grausamkeit des Todes, dann rutschte er über das Deck bis zur Kannte, wo der Schlund des Seeungeheuers wartete.

      Er griff nach der Reling und konnte sich kaum an Ort und Stelle halten. Neben ihm kämpften Mark, Mathilde, Bolis und Neave um ihr Leben, während sich das Schiff weiter in Stücke schlug.

      „Was genau ist ein Plan?“, fragte Mark.

      „Das ist so ziemlich alles“, gab Royce zu. Das Schiff zerstören und danach herausfinden, was sie als Nächstes tun sollten. Es war ein Spielzug, der auf nichts als Hoffnung basiert hatte, und nun waren sie auf einem Schiff, das langsam in zwei Teile zerbrach und sie schon bald gegen die Felsen schleudern, oder noch schlimmer, in die Tiefen des Meeres ziehen würde.

      „Was sollen wir jetzt machen?“, fragte Neave. Sie hatte einen Arm um die Reling geschlungen, den anderen um Mathilde.

      „Ich denke...“, sagte Royce und versuchte den Nebel in seinem Kopf zu verdrängen. „Ich denke, wir müssen springen!“

      „Hier hinunterspringen?“, erwiderte Bolis. „Bist du verrückt geworden?“

      „Wenn wir hierbleiben, wird uns das Schiffswrack in die Tiefe zerren“, sagte Royce. „Wir müssen hier raus und das ist der einzige Weg!“

      Es gab noch einen anderen Grund, um zu springen. Zu viele Männer kamen über das Deck gelaufen und in seinem schwachen Zustand konnte er nicht alle bekämpfen. Oder in irgendeinem Zustand. Gwylim war hier und das Blut tropfte noch aus seinem Mund als er knurrte, aber was konnte eine Kreatur wie er in seiner Situation machen?

      Es blieb nur eine Wahl und Royce hatte sie für seine Freunde getroffen. Ohne zu zögern, stieß er Bolis und Mark über den Rand. Mathilde sah so aus, als würde sie lieber bleiben wollen, doch Neave zerrte sie über die Reling. Gwylim wirkte furchtlos. Der Bhargir brüllte laut auf, bevor er sich hinabstürzte. Jetzt gab es nur noch eine Sache zu tun. Royce klettere auf die Reling und blickte hinab auf die schäumenden, tosenden Fluten. Er schob das Kristallschwert in seine Halterung, hoffte, dass die Rüstung, die er im Turm gefunden hatte, so leicht war, wie sie sich anfühlte...

      ...und sprang.

      KAPITEL VIER

      Raymond stand mit seinen Brüdern an einer Kreuzung, direkt an der Grenze zum Land des ehemaligen Herzoges. Er wusste, dass er voranschreiten sollte, und war doch noch nicht bereit, sich von den anderen zu trennen. Bald würden Lofen, Garet und er sich auf den Weg machen müssen, um alle Dinge einzuleiten, die Royce für seinen Feldzug brauchte; die sie alle brauchten.

      „Aufgeregt?“, fragte er die anderen.

      „Natürlich nicht“, sagte Lofen, der immer am tapfersten sein musste. Lofen war immer bereit für den Kampf und vielleicht würde ihm das bei der Suche nach den Picti helfen. Und doch ertappte sich Raymond bei dem Gedanken, dass sein Bruder wohl bessere Chancen hätte, würde er über mehr als nur eine Karte und eine ungefähre Ahnung verfügen.

      „Ich werden tun, was getan werden muss“, sagte Garet, der natürlich genauso mutig wie seine Brüder wirken wollte. Raymond wollte ihm sagen, dass er wusste wie tapfer Garet war—er hatte gesehen, wie stark die andere gewesen waren, als man sie in Altfors Verlies gefangen gehalten hatte. „Ich bin der Fahnenträger für unsere Sache.“

      „Ich finde diejenigen, die euch helfen können“, sagte Moira, deren Pferd neben Garets wartete. Raymond war sich nicht sicher, was er von ihrer Anwesenheit halten sollte. Die Tatsache, dass sie eine Adelige war, würde dabei helfen, andere Adelige auf ihre Seite zu holen, und sie hatte sich freiwillig gemeldet. Doch Raymond sah bereits, welche Blicke ihr Garet zuwarf und er wusste genau, dass es kompliziert werden würde.

      „Pass auf dich auf“, sagte Raymond zu seinem jüngsten Bruder. Nun richtete er sich an Moira. Man konnte nicht verleugnen, dass sie wunderschön war, und er würde sie nicht dafür verurteilen, dass die Adeligen sie damals gestohlen hatten. Trotzdem war ihm nicht ganz wohl bei der Art, mit der sie sich freiwillig gemeldet hatte. „Pass du auf ihn auf.“

      „Ich bin kein Kind“, mischte sich Garet ein. „Ich bin ein Mann und ich werde die Sache erledigen wie ein Mann.“

      „Nur bis du die richtigen Leute gefunden hast“, sagte Raymond.

      „Ich habe die einfachste Aufgabe“, beschwichtigte ihn Garet. „Du bist derjenige, der die Bauern dazu bringen muss, sich zur Wehr zu setzen.“

      Raymond nickte. „Sie werden sich zur Wehr setzen. Sie werden es für Royce tun.“

      Er hatte gesehen, wie sein Bruder die Leute dazu gebracht hatte zu kämpfen und wie Royce die gefährlichsten Gegner besiegt hatte. Die Menschen würden sich in Royces Namen erheben.

      „Dann wird es Zeit für ein Lebewohl“, sagte Lofen. In seinen Worten hörte man keine


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