Mörder-Paket Juli 2020: 10 Krimis für den Strand: Sammelband 9015. A. F. Morland

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Dienstwagen aus meinem Apartment abholen.

      „Du kannst dir sicher vorstellen, was bei uns los ist.‟ Ich warf den Motor an und fuhr los. „Vor morgen Abend werde ich nicht nach Hause kommen. Zwei Beamte des FBI werden mein Apartment mit dir teilen, bis ich wieder bei dir bin.‟

      „Danke, Jesse‟, flüsterte sie, „danke für alles.‟

      Sharon wohnte nur zwei Häuserblocks weiter. Fünf Minuten später hielten wir schon vor ihrem Haus. Ich parkte hinter einem alten GM-Van. Ich ließ sie nicht allein in ihre Wohnung hochgehen.

      „Er will sie heiraten‟, sagte Sharon, während sie in ihrer Umhängetasche nach ihrem Wohnungsschlüssel kramte.

      „Wer will wen heiraten ...?‟ Ich verstand kein Wort.

      „Mike will dieses blonde Mädchen heiraten.‟ Sie fummelte den Schlüssel ins Schloss.

      „Wie lange kennen die beiden sich denn schon?‟

      „Seit heute Nacht.‟ Ein gequältes Lächeln huschte über ihr blasses Gesicht. „Das heißt: Sie sind schon seit einem Jahr Nachbarn. Aber heute Nacht haben sie zum ersten Mal miteinander gesprochen ...‟ Die Tür sprang auf.

      „Der Mann ist verrückt.‟ Ich folgte ihr in ihr Apartment ...

      49

      Ismael drückte sich gegen die Innenwand des Vans. Die Basis in Brooklyn hatte ihnen das Auto vor einigen Tagen zur Verfügung gestellt. Atemlos lauerte er zum schmalen Fenster hinaus auf die Straße. Die Frau kam nicht allein. Ein Mann war bei ihr.

      Ismael stieß einen Fluch aus. Damit hätten sie rechnen müssen. Ein Fehler! Ein Fehler, der die letzte Hinrichtung zunichte machen konnte! Wieder blickte er hinaus. Die Haustür fiel eben ins Schloss.

      Er überlegte nicht lange. Irgendwie musste er seinem Bruder zur Hilfe kommen. Ismael zog die Seitentür auf und sprang hinaus auf die Straße.

      Hinauf zur Haustür. Er klingelte ganz oben. „Ja, bitte?‟, meldete sich eine Stimme.

      „Heizungswartung‟, sagte Ismael

      Der Türöffner summte. „Im Frühsommer?‟, schnarrte die Stimme aus der Gegensprechanlage. Ismael drückte die Tür auf. Er lauschte. Stimmen oben im Treppenhaus. Ein Schlüsselbund klimperte. Auf Zehenspitzen schlich er in den Hinterhof. Eine eiserne Nottreppe führte an der Rückfront des Hauses hinauf.

      Die Frau wohnte im dritten Stock. Er zog die Jericho-Pistole aus seiner Manteltasche und zählte die Stockwerke ab ...

      50

      Sharon lief in ihr Schlafzimmer. Ich ging in die Küche, um mir etwas zu trinken zu holen. Vom Kühlschrank aus hörte ich, wie sie einen Koffer vom Schrank zerrte. „Kann ich dir irgendwie helfen?‟

      „Nein, danke‟, rief sie. „Ich komm zurecht.‟

      Ein Schuss hallte über den Hinterhof. Ich stellte das Wasserglas auf den Kühlschrank und riss meine SIG Sauer aus dem Holster. Wieder ein Schuss. Das Glas des Küchenfensters zersprang. Ein Projektil schlug in der Decke ein. Neben dem Fenster presste ich mich mit dem Rücken gegen die Wand.

      „Schließ ab, Sharon!‟, brüllte ich. „Leg das Sicherheitsschloss vor! Und verkriech dich unters Bett!‟ Ich drückte das Fenster hoch und spähte in den Hof hinunter. Ein Mann in einem langen schwarzen Mantel stand mitten im Hof und richtete eine Waffe nach oben.

      Schuss um Schuss schlug in der Decke ein. Verputz rieselte auf den Küchenboden. Ich tippte Milos Nummer in mein Handy. „Kommt sofort zu Sharon! Ein Verrückter schießt vom Hinterhof aus in ihre Wohnung hinein – ich kann mir keinen Reim darauf machen ...‟

      Weg mit dem Handy, die Pistole aus dem Fenster und Feuer – ich schoss das halbe Magazin leer. Der Mann huschte aus meinem Blickfeld. Ich wagte es und klettere aus dem Fenster auf die Feuerleiter. Die Waffe im Anschlag suchte ich den Hof ab. Nichts. Der Kerl war im Treppenhaus verschwunden. Ich kletterte die Treppe hinunter ...

      51

      Er stand plötzlich hinter ihr. Als hätte das Nichts ihn ausgespuckt. Stand breitbeinig da, hielt seine Pistole mit beiden Fäusten umklammert, und starrte sie an.

      Für einen Moment schwankte der Boden unter Sharons Füßen. Das Bild des Mannes verschwamm vor ihren Augen. Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Sie konnte nicht einmal schreien. Aus, dachte sie, aus und vorbei ...

      Der Mann war nicht wesentlich größer als sie selbst. Und nicht viel jünger. Er trug Skaterhosen und Turnschuhe. Sein dunkelblauer Blouson war viel zu groß. Warum schießt er nicht, warum ...

      Er stand nur da und starrte. Sein Unterkiefer sank langsam nach unten. Seine Augen weiteten sich.

      „Du ...?‟, flüsterte er. „Du, Sharon?‟ Langsam sanken seine Arme herunter.

      Er hatte einen Kahlkopf. Und war sehr schmal geworden. Sharon brauchte Sekunden, bis sie ihn erkannte. Doch dann gefror ihr das Blut.

      „Raphael ...‟, flüsterte sie. „Raphael!‟

      Unter ihrer Schädeldecke schien ein Damm zu brechen. Bilder überfluteten ihre Hirnwindungen – Universitätsball in London, der Ägypter mit den schwarzen Locken am Rande der Tanzfläche, blutjung und bildschön; das Themse-Ufer, sie und er Arm in Arm; ihr kleines Zimmer in Spitalfield, ihr Bett, seine starken Hände, seine leidenschaftlichen Augen, seine Liebesschwüre; das Shakespeare – ganze Tage hatten sie in der Kneipe verbracht, diskutiert, diskutiert, diskutiert, über Religion, über Politik, und wieder über Religion; und dann die Flughalle von Heathrow – er hatte geweint, und sie auch ...

      Sharons Herz krampfte sich zusammen. „Warum?‟ flüsterte sie. „Warum ...‟

      Er wollte sie heiraten damals. Und er hatte verlangt, dass sie zum Islam übertrat. Das


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