1177 v. Chr.. Eric H. Cline
Welt von heute mit dem 18. Jahrhundert beschäftigen muss, mit dem Höhepunkt des Zeitalters der Aufklärung, mit der Industriellen Revolution und der Gründung der Vereinigten Staaten. Zwar bin ich in erster Linie daran interessiert, die möglichen Ursachen für den Zusammenbruch der Zivilisation der Bronzezeit zu untersuchen, doch zugleich geht es auch stets um die Frage, was die Welt damals verlor, als die großen Reiche des 2. Jahrtausends v. Chr. kollabierten, und in welchem Maße es dadurch in jenem Teil der Welt zu tiefgreifenden zivilisatorischen Veränderungen, ja Rückschritten kam, die teilweise mehrere Jahrhunderte andauerten. Das Ausmaß jener Katastrophe war enorm; es war ein Verlust, wie ihn die Welt nicht mehr erleben sollte, bis das Römische Reich zusammenbrach – über eineinhalb Jahrtausende später.
Danksagung
Ich wollte schon lange ein Buch wie dieses schreiben, daher geht mein Dank in erster Linie an Rob Tempio, der das Projekt auf den Weg gebracht und maßgeblich dazu beigetragen hat, meinem Manuskript über die üblichen Kinderkrankheiten hinwegzuhelfen und es schlussendlich in den Druck geben zu können. Er bewies zudem eine enorme Geduld, als es darum ging, auf das endgültige Manuskript zu warten, denn die ursprünglich vorgesehene Deadline ließ sich nicht ganz einhalten. Ich bin hocherfreut, dass Princeton University Press dieses Werk als ersten Band seiner neuen Reihe Wendepunkte in der Geschichte des Altertums (herausgegeben von Barry Strauss und Rob Tempio) veröffentlicht.
Weiterhin gilt mein Dank dem University Facilitating Fund der George Washington University für ihr Sommerstipendium – sowie zahlreichen Freunden und Kollegen, u.a. Assaf Yasur-Landau, Israel Finkelstein, David Ussishkin, Mario Liverani, Kevin McGeough, Reinhard Jung, Cemal Pulak, Shirly Ben-Dor Evian, Sarah Parcak, Ellen Morris und Jeffrey Blomster, mit denen ich ergiebige Gespräche über viele relevante Themen führen durfte. Besonders möchte ich mich bei Carol Bell, Reinhard Jung, Kevin McGeough, Jana Mynářová, Gareth Roberts, Kim Shelton, Neil Silberman und Assaf Yasur-Landau bedanken, die mir auf Anfrage bestimmtes Material oder detaillierte Antworten auf spezifische Fragen zugesandt haben, sowie bei Randy Helm, Louise Hitchcock, Amanda Podany, Barry Strauss, Jim West und zwei anonymen Gutachtern, die das gesamte Manuskript gelesen und mit Anmerkungen versehen haben. Ich danke der National Geographic Society, dem Oriental Institute der University of Chicago, dem Metropolitan Museum of Art und der Egypt Exploration Society für die Erlaubnis, einige der Bilder, die in diesem Buch auftauchen, abzubilden.
Ein Großteil des Materials in diesem Buch besteht aus meinen eigenen Forschungsergebnissen und Veröffentlichungen zu den internationalen Beziehungen in der späten Bronzezeit, die im Laufe der letzten 20 Jahre oder etwas länger her erschienen sind und die ich hiermit auf den neuesten Stand gebracht und zugunsten einer besseren Lesbarkeit überarbeitet habe; darüber hinaus stelle ich aber selbstverständlich auch die Arbeiten und Schlussfolgerungen vieler anderer Wissenschaftler dar. Mein herzlicher Dank geht daher auch an die Herausgeber und Verleger verschiedener Fachzeitschriften und Sammelbände, in denen einige meiner früheren einschlägigen Artikel und Publikationen erschienen sind, für ihre Erlaubnis, das Material in diesem Buch zu reproduzieren, wenn auch zumeist in veränderter und aktualisierter Form. Dazu gehören u.a. David Davison von Tempus Reparatum/Archaeopress, Jack Meinhardt und die Zeitschrift Archaeology Odyssey, James R. Mathieu und die Zeitschrift Expedition, Virginia Webb und das Annual of the British School at Athens, Mark Cohen und CDL Press, Tom Palaima und Minos, Robert Laffineur und die Aegaeum-Reihe, Ed White und Recorded Books/Modern Scholar, Garrett Brown und die National Geographic Society sowie Angelos Chaniotis und Mark Chavalas. Ich habe versucht, in den Endnoten und der Bibliographie ganz eindeutig die Publikationen zu dokumentieren, in denen meine früheren Beiträge über die hierin bearbeiteten Themen zu finden sind. Sollte ich irgendeine Formulierung oder eine andere Entlehnung aus einer meiner eigenen früheren Veröffentlichungen oder einem Beitrag von jemand anderem zu belegen versäumt haben, so geschah dies gänzlich ohne Absicht und kann gerne in einer späteren Ausgabe korrigiert werden, falls erforderlich. Last, but not least, danke ich meiner Frau Diane für viele anregende Gespräche über einzelne Aspekte dieses Materials.
Sie war es, die mich u.a. in die Analyse sozialer Netzwerke und in die Komplexitätstheorie einführte, und sie entwarf einige der hier verwendeten Abbildungen. Ihr und unseren Kindern möchte ich zudem für die Geduld danken, die sie aufbrachten, während ich an diesem Buch arbeitete. Wie immer hat mein Text enorm von der fachkundigen Redaktion und dem kritischen Feedback meines Vaters, Martin J. Cline, profitiert.
Prolog
Zusammenbruch der Zivilisationen:
1177 v. Chr.
Als die Krieger die Bühne der Weltgeschichte betraten, kamen sie schnell voran und brachten Tod und Verwüstung über das Land. Die moderne Wissenschaft nennt sie kollektiv »Seevölker«, aber die Ägypter benutzten diesen Begriff nicht, sondern nannten in ihren Aufzeichnungen stets die einzelnen Gruppen, die zusammen auftraten: Peleset, Tjeker, Šekeleš, Šardana, Danunäer und Wašaš – fremd klingende Namen für fremd aussehende Menschen.1
Abgesehen von diesen Namen verraten uns die ägyptischen Aufzeichnungen nur wenig über sie. Wir wissen nicht genau, woher die Seevölker ursprünglich kamen – nach einem möglichen Szenario vielleicht von Sizilien, Sardinien und aus Italien, vielleicht aber auch aus der Ägäis oder Westanatolien, vielleicht von Zypern oder aus dem östlichen Mittelmeer.2 Es ist noch niemandem gelungen, eine antike Stätte als den Ort ihrer Herkunft oder den Ausgangspunkt ihrer Reisen zu identifizieren. Die Seevölker fuhren unaufhaltsam von Ort zu Ort und überrannten dabei ganze Länder und Königreiche. Glaubt man den ägyptischen Texten, so schlugen sie in Syrien ihr Lager auf, bevor sie die Küste von Kanaan (einen Teil der heutigen Staaten Syrien, Libanon und Israel) überfielen und schließlich ins ägyptische Nildelta vordrangen.
Das geschah 1177 v. Chr., im achten Regierungsjahr von Pharao Ramses III.3 Nach den Aufzeichnungen der Alten Ägypter und neueren archäologischen Befunden fielen einige der Seevölker auf dem Landweg ein, andere über See.4 Sie hatten keine Uniformen, keine aufwändigen Kleider. Alte Bilder zeigen eine Gruppe mit Federschmuck auf dem Kopf, eine andere mit Schädelkappen, wieder andere mit gehörnten Helmen oder ganz ohne Kopfbedeckung. Einige trugen kurze Spitzbärte und kurze Röcke, der Oberkörper nackt oder mit einer Tunika bedeckt, andere hatten keine Bärte und trugen längere, ebenfalls rockähnliche Kleidungsstücke. Diese Beobachtungen legen nahe, dass die Seevölker aus unterschiedlichen Gruppen aus verschiedenen Regionen und verschiedenen Kulturen bestanden. Sie waren mit scharfen Bronzeschwertern, Holzstangen mit glänzenden Metallspitzen sowie mit Pfeil und Bogen bewaffnet und kamen auf Schiffen, Kutschen, Ochsenkarren und Streitwagen. Auch wenn ich hier 1177 v. Chr. als Jahreszahl in den Mittelpunkt rücke, wissen wir, dass die Eindringlinge in Wellen kamen, und das über einen beträchtlichen Zeitraum hinweg. Manchmal kamen die Krieger allein, manchmal wurden sie von ihren Familien begleitet.
Wie uns die Inschriften des Ramses berichten, gab es kein Land, das in der Lage gewesen wäre, der Masse der Eindringlinge etwas entgegenzusetzen. Jeder Widerstand war zwecklos. Die damaligen Großmächte – die Hethiter, die Mykener, die Kanaaniter, die Zyprer und andere mehr – fielen ihnen eine nach der anderen zum Opfer. Manchen gelang es, nur zu überleben, indem sie vor dem Massaker flohen, andere hausten bald in den Ruinen ihrer einst so stolzen Städte; es gab aber auch Menschen, die sich den Invasoren anschlossen, ihre Anzahl weiter anschwellen ließen und zu der offensichtlichen Vielschichtigkeit des eindringenden Mobs beitrugen. Jede einzelne Gruppe der Seevölker befand sich in Bewegung, die Motivation dafür war aber offenbar recht unterschiedlich. Vielleicht war es der Wunsch nach Beute oder Sklaven, der einige antrieb; andere könnte der demographische Druck dazu gezwungen haben, den Westen zu verlassen und im Osten ihr Glück zu suchen.
An den Mauern seines Totentempels in Medinet Habu, nahe dem Tal der Könige, stehen Ramses’ prägnante Worte:
Die Fremdländischen verschworen sich auf ihren Inseln. Im Kampfgewühl wurden die Länder auf einen Schlag vernichtet. Kein Land hielt ihren Armeen stand, Ḫatti, Qadi, Qarqemiš, Arzawa, Alašija waren [auf einen Schlag] entwurzelt. Sie schlugen