Das Neue Land. Verena Pausder

Das Neue Land - Verena Pausder


Скачать книгу

      Die Frage ist doch:

      Haben wir eine Zukunftsvision, die nicht abstrakt ist?

      Kann es eine Zukunftsvision geben, die konkret ist?

      Meine Vision ist das Neue Land.

      In diesem Neuen Land zeigt sich Handlungsfähigkeit nicht nur in offensichtlichen Krisen –

      sondern auch in den vermeintlich unscheinbaren,

      aber gleichermaßen wichtigen Herausforderungen – und zwar,

      wenn es um die Erneuerung des Industriestandorts Deutschlands geht,

      wenn es um das Wegbrechen einstiger Wirtschaftszweige geht,

      wenn es um Bildung, Nachhaltigkeit, Fortschritt und Zukunft geht.

      Im Neuen Land klingen die Dinge nicht nur gut,

      im Neuen Land werden keine »Pakete« geschnürt,

      sondern Zukunftsbilder entwickelt.

      Klare, nachvollziehbare Zukunftsbilder.

      Der Drang, es gut klingen zu lassen, ist in der Politik

      häufig stärker als die Aufgabe,

      ein klares Ziel zu definieren,

      und zu sagen, wohin wir wollen.

      Das Ziel zu erreichen bedarf vieler, kleiner iterativer Schritte,

      vieler Meilensteine und überschaubarer Arbeitspakete.

      Einfach mal anfangen, statt zu lange darüber zu sprechen.

      Das ist die neue Haltung.

      Wir machen uns besser Schritt für Schritt an die Umsetzung –

      als dass wir gewaltige Aufgaben, wie Klimaschutz oder Künstliche Intelligenz,

      vor uns herschieben – weil wir auf die perfekte Lösung warten,

      statt einfach anzufangen.

      Weil es noch nicht diese eine,

      die perfekte,

      die mit allen abgestimmte,

      von allen befürwortete Lösung ist.

      Weil das Alte Land noch immer den Takt vorgibt.

      Weil wir uns noch viel zu sehr auf der Leistung vergangener Tage ausruhen.

      Viel zu sehr auf dem, was uns groß gemacht hat.

      Aber, wie viele der derzeit im DAX vertretenen Unternehmen sind in den letzten 25 Jahren gegründet worden?

      Sind die Taktgeber im DAX nicht immer noch die Siemens’ und Daimlers,

      deren Geschichte weit in das 19. Jahrhundert reicht?

      Hier ist kein Apple, kein Tencent, kein Alphabet.

      Und wenn wir auf das Rückgrat der deutschen Wirtschaft schauen,

      den Mittelstand, auch da die Frage:

      Wie viele Familienunternehmen, die heute einen Umsatz von mehr als einer Milliarde aufweisen oder mehr als 1000 Mitarbeiter*innen beschäftigen,

      sind in den vergangenen 25 Jahren gegründet worden?

      Wie viele Familienunternehmen

      sind nicht bereits in der zweiten, dritten oder gar zehnten Generation tätig?

      Antwort: Es sind nicht viele.

      Es sind drei.

      Drei der 500 größten Familienunternehmen Deutschlands wurden in den letzten 30 Jahren gegründet.

      Das ist das Dilemma:

      Wir verklären die Vergangenheit, verklären das, was uns groß gemacht hat.

      Dabei lassen wir außer Acht,

      welche enorme Leistungsbereitschaft,

      welchen Einsatz,

      welchen Mut,

      welche Kraft es die Menschen schon damals gekostet hat,

      Wohlstand aufzubauen,

      wie sehr es schon damals auf Unternehmertum, auf unerschrockenes Handeln, und ja, auch auf das »ins Risiko gehen« angekommen ist.

      Und vor allem lassen wir außer Acht,

      wie viel Leistungsbereitschaft, Einsatz, Mut und Kreativität uns auch heute auszeichnet –

      wie viel Leistungsbereitschaft, Einsatz, Mut und Kreativität im Neuen Land vorhanden ist.

      Deshalb würde ich vorschlagen:

      Kommen wir in der Gegenwart an.

      Und Gegenwart heißt:

      Wir fangen einfach an,

      wir dürfen Fehler machen,

      wir dürfen etwas riskieren,

      wir dürfen uns gestatten,

      die Komplexität nicht zu jedem Zeitpunkt zu beherrschen,

      aber wir dürfen nicht im Besitzstand ersticken.

      Wir müssen Neues wagen.

      Ich weiß, ich habe es oft gehört:

      Nicht so schnell, liebe Verena,

      wir sollten uns nicht zu weit herauswagen,

      auch nicht zu sehr auffallen.

      Nicht zu sehr auf die Pauke hauen.

      Bescheidenheit ist der Maßstab.

      Und der Konsens. Und der Kompromiss.

      Und ist eine neue Idee auch noch so gut

      – sie muss demütig und bescheiden daherkommen.

      Ich habe eine Reihe von Politiker*innen erlebt,

      die eigentlich auch dem Neuen Land angehören,

      die veränderungsbereit und mutig sind,

      aber

      ich habe erlebt, wie sie sich verändern, wenn aus ihnen die Partei spricht,

      wie schnell sie umschwenken

      und oft wider besseres Wissen Dinge sagen,

      die man als Vertreter*in der Partei eben zu sagen hat.

      Doch: Menschen wählen Menschen,

      glaubwürdige Menschen.

      Und glaubwürdig ist, wer sich erklärt.

      Und sich treu bleibt.

      Das ist ein Wesenszug des Neuen Landes.

      Man will wissen:

      Was denkst DU? Warum machst DU es?

      Warum stehst DU für diese Sache?

      Und warum nicht?

      Die jüngere Generation ist ohnehin ungeduldig,

      das zeigen nicht zuletzt die Klimaproteste.

      Ich zähle nicht mehr wirklich zu dieser jungen Generation –

      auch wenn ich in altehrwürdigen Industrierunden immer noch als die junge Start-up-Expertin begrüßt werde.

      Aber die Ungeduld kann ich nachvollziehen.

      Es braucht heute klare Antworten, und noch wichtiger:

      Es braucht Handlungen.

      Und echte Menschen, die sie umsetzen.

      Der Wandel hat längst begonnen,

      und es ist unredlich, so zu tun,

      als könne man diesen irgendwie aussitzen.

      Ich komme aus einer Unternehmerfamilie

      mit


Скачать книгу