Rising Skye (Bd. 2). Lina Frisch

Rising Skye (Bd. 2) - Lina Frisch


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sich bereits zur Kapitulation entschieden. »Vielleicht haben wir uns überschätzt.«

      Hunter springt auf und zieht mich auf die Füße.

      »Wir haben uns geschworen, ReNatura aufzuhalten. Zusammen. Wir werden nicht aufgeben, okay?«

      Der Stress der letzten Tage scheint mit einem Mal von Hunter abzufallen. Er wirkt energiegeladen, beinahe euphorisch. Ich weiche seinem glühenden Blick aus. Wir haben keinen Geheimdienst im Rücken, keine allmächtige Partei, keine Journalisten, die uns treu ergeben sind, und keine Ordnungswahrer. Alles, was wir haben, ist ein Diktiergerät voller Worte, die ohne freies Internet niemand hören wird … Zögernd hebe ich den Blick, schaue in die smaragdgrüne Tiefe von Hunters Augen und spüre, wie die verzweifelten Stimmen in mir leiser werden.

      »Wir können das schaffen«, sagt Hunter beschwörend. »Wir müssen

      Ich merke, wie mein Kopf nickt. Ich habe diesen Kampf gewählt, als ich mich entschloss, nicht wegzusehen. Jetzt werde ich ihn zu Ende führen müssen, ob ich will oder nicht.

      Ich hole tief Luft. »Wir müssen es schaffen«, wiederhole ich. Dann erwidere ich sein Lächeln und deute auf den alten Kühlschrank. »Aber ohne Lunch mache ich gar nichts.«

      »Na wunderbar, dass wir uns darüber einig sind.« Yana klappt den Laptop zu und steht auf. »Ich würde allerdings Monas Café vorschlagen, wenn wir mehr als Cola und trockene Sandwiches zur Auswahl haben wollen.« Sie hält ihr Handy hoch. »Ma schreibt, sie lädt uns ein.«

      Ich öffne schon den Mund zum Protest, doch Hunter kommt mir zuvor. »Dann lasst uns gehen.«

      Erstaunt sehe ich ihn an. Yana kramt ein Päckchen Kaugummi aus der bunten Umhängetasche, die neben der Couch liegt. »Ich wäre bereit.«

      »Aber die Checks –«, sage ich verständnislos.

      Hunter streicht mir beruhigend über den Arm. »Die Checks sind gerade erst auf den Markt gekommen und hier wahrscheinlich noch nicht verbreitet. Außerdem hast du doch gehört, was Yana gesagt hat. Reka kommt extra aus Greenhill, um ihre Mittagspause mit uns zu verbringen.« Hunters Lächeln erreicht seine Augen nicht, und ich denke daran, wie er Reka gestern Nacht hinterhergestarrt hat. »Es wäre doch unhöflich, sie warten zu lassen.«

      Er schiebt das Garagentor nach oben, und mir bleibt nichts anderes übrig, als ihm und Yana hinaus ins Sonnenlicht zu folgen.

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      Auf der Main Road stauen sich Stoßstange an Stoßstange Trucks und Autos. Das Internet war keine Stunde lang tot – und in Las Almas herrscht bereits der Ausnahmezustand.

      »Wer weiß, was dieser Angriff noch für Folgen haben wird«, höre ich eine Frau an einer Bushaltestelle sagen.

      »Ich lösche auf jeden Fall sofort alle meine Social-Media-Profile«, erwidert ihre Begleiterin.

      Sie beachten uns nicht, als wir an ihnen vorbeigehen. Schließlich können sie nicht wissen, dass das Mädchen in dem blauen Top und der Typ mit den Locken diejenigen sind, die die Kristallisierer eigentlich ausschalten wollen. Meine Hand fühlt sich kalt an in Hunters warmer.

      »Bist du sicher, dass wir das tun sollten?«, zische ich Hunter zu, als wir vor der Glastür von Monas Café angekommen sind.

      Yana hebt spöttisch die Augenbrauen. »Hast du dich hier schon mal umgesehen? Sind dir die eingeschlagenen Fensterscheiben und die heruntergekommenen Häuser entgangen? Das hier ist Las Almas, Schätzchen. Der letzte Ort, an dem die Leute ihr Geld für die neusten Technikspielereien aus New York ausgeben. Die einzigen Checks, die du hier finden wirst, sind die am Arm der Tagestouristen.« Sie öffnet die Tür. »Und die werden nach allem, was heute passiert ist, garantiert längst zurück auf dem Highway sein.« Sie deutet die Straße hinunter auf den Stau und tritt ein.

      Ich sehe mich um. Am Fenster ist ein Tisch frei, doch ich steuere stattdessen auf einen kleineren in der Ecke neben den Toiletten zu. Yana verzieht genervt das Gesicht, sagt aber nichts. Unauffällig mustere ich die anderen Gäste und atme auf, als ich keine silbernen Armbänder entdecke.

      »Wollt ihr schon etwas bestellen?« Mona taucht neben unserem Tisch auf, ein Tablett mit Milchshakes in der Hand.

      Yana schüttelt den Kopf. »Wir warten noch auf meine Mutter.« Sie sieht zweifelnd aus dem Fenster. Der Stau auf der Main Road löst sich nicht auf, im Gegenteil, jetzt hupen die Fahrer in ihrer Wut darüber, dass es nicht weitergeht.

      »Ich bringe euch schon mal eine Runde Eistee«, entscheidet Mona und zwinkert uns zu. »Geht aufs Haus.«

      Ich will mich bedanken, doch die Worte bleiben mir im Hals stecken, als plötzlich Chloe Cremontes Stimme ertönt. Sie ist überall gleichzeitig.

      »Die Geschehnisse des heutigen Vormittags bieten Grund zur Sorge, aber die Gläsernen Nationen sind unangreifbar. Denn wir sind vorbereitet.« Die Worte multiplizieren sich. Der Kristall spricht aus jedem Smartphone um uns herum, aus jedem Laptop. Schlagartig verstummt das Café, und die Leute drehen sich zum Fernseher über dem Tresen, der sich ebenfalls selbst eingeschaltet hat. Anstelle von Chloe Cremontes Gesicht erscheint auf dem Bildschirm nun ein blaues Achteck auf weißem Grund. »Octagon ist ein soziales Netzwerk, an dessen Entwicklung unsere Experten seit Jahren arbeiten. Es gewährleistet einen sicheren Austausch, den verantwortungsvollen Umgang mit Ihren Daten und absolute Transparenz.« Das Achteck erhebt sich auf dem Fernsehbildschirm und dreht sich ins Waagerechte. Linien erscheinen darüber und darunter. Sie ziehen Verbindungen, bis uns ein stilisierter Kristall entgegenstrahlt. »Teilen wir unsere Gedanken, Ideen und unsere Worte, vereint an einem sicheren Ort.« Draußen auf der Straße haben die Autos aufgehört zu hupen. Die Leute auf den Bürgersteigen sind stehen geblieben, den Blick starr auf ihre Handys gerichtet. Chloe Cremontes Stimme schwebt über den Tischen des Cafés. »Die Welt des Internets braucht endlich Regeln und Ordnung. Sicherheit muss höchste Priorität bekommen. Für Klarheit und Weitsicht.«

      Hunter und ich sehen uns an. Die Kristallisierer ziehen die Schlinge immer enger. Sie wappnen sich mit allen Mitteln gegen die Enthüllung von ReNatura. Um mich herum tippen die ersten Octagon schon in die Suchleiste ihrer Handys. Erkennt ihr denn keine verdammte Zensur, wenn sie euch ins Gesicht spuckt? Am liebsten würde ich schreien.

      Die Kamera schwenkt herum, zeigt die dicht gefüllten Reihen des Parlamentsaals. Ich schiebe meinen Stuhl zurück und gehe auf den Fernseher über der Theke zu.

      »Skye?«

      Hunter erhebt sich ebenfalls, doch mein Blick klebt an dem grauhaarigen Mann im Anzug, der in der hintersten Reihe des Saals stehend applaudiert. Der Mann, von dem ich mich vor zweieinhalb Wochen an der New Yorker Central Station verabschiedet habe, um in den Zug zur Testung zu steigen.

      »Nein.«

      Meine Stimme ist kaum hörbar, als ich zusehe, wie mein Vater voller Stolz lächelt, während Chloe Cremonte unsere Freiheit begräbt.

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      Hör auf, dich zu benehmen, als wäre Octagon ein Glücksfall!«, zischt Yana, nachdem sie die Tür des Bungalows hinter mir geschlossen hat und Skye im Bad verschwunden ist. »Du wirst ihr trotzdem endlich sagen müssen, was mit dem Diktiergerät passiert ist.«

      »Ich dachte, du kannst sie nicht leiden«, erwidere ich unwirsch.

      »Kann ich auch nicht«, sagt Yana. »Aber sie verdient es nicht, im Dunkeln gelassen zu werden. Du schuldest ihr die Wahrheit und du wirst sie nicht mehr lange vor ihr verheimlichen können!«

      »Du hast ja recht, verdammt noch mal!«, explodiere ich. Im Badezimmer rauscht der Wasserhahn und ich senke hastig die Stimme. »Octagon gibt mir Zeit, okay? Während Skye damit beschäftigt ist, darüber nachzudenken, was Cremontes neuster Coup für uns bedeutet, können


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