Die Zwillinge der Zeit. Dana S. Lublow

Die Zwillinge der Zeit - Dana S. Lublow


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Augen. „Vater, ich war ...“

      „War nur ein Scherz! Jetzt beeil dich!“

      „Ich bin dann weg!“ Sie umarmte ihren Vater und stürmte aus dem Haus.

      Airo Seram und Mornan Daiko warteten schon am Stadttor auf Ayuma. Es war gefährlich, in Kriegszeiten im Wald zu spielen, aber zum Glück hatten die Gefechte Seron noch nicht erreicht. Doch das war nur eine Frage der Zeit.

      „Du bist zu spät“, maulte Mornan.

      „Tut mir leid, aber mein Vater musste mir wieder einmal sagen, dass wir nicht zum Sperrgebiet gehen sollen“, sagte Ayuma.

      Die drei zogen los.

      „Ja, das hat meine Mutter heute auch erwähnt“, meinte Airo.

      „Ihr habt jedenfalls Eltern und keine Schwester, die sich einmischt“, maulte Mornan.

      „Ist Dorna denn so schlimm?“, fragte Ayuma.

      „Immer sagt sie, was ich tun und lassen soll. Belehrungen den ganzen Tag über, das nervt. Sie will einmal Drachenmeisterin an der Akademie werden und übt Erziehung an mir. Natürlich hat auch sie das Sperrgebiet verboten“, antwortete Mornan.

      „Habt ihr schon einmal darüber nachgedacht, was ihr werden wollt?“, wollte Ayuma wissen.

      „Ich will bei den Dämonenrennen mitmachen“, sagte Mornan sofort.

      Airo zuckte nur mit den Schultern.

      Er und Mornan waren beste Freunde und doch völlig unterschiedlich. Airo hatte kastanienbraune Haare und grüne Augen. Er lebte mit seiner Mutter im unteren Bezirk. Er wollte am liebsten Magier werden, aber das gab er nicht zu. Jedenfalls nicht, wenn Mornan dabei war. Airo mochte nicht im Mittelpunkt stehen und war der Vernünftigere.

      Mornan hatte dunkle Haare, in denen Dutzende blonde Strähnen aufblitzten, und braune Augen. Seine Mutter war eine Nymphe gewesen, weshalb in seinen Adern Nymphenblut floss. Seine Eltern waren früh gestorben und so teilte er sich mit seiner Schwester ein Zimmer in einem Gasthaus. Mornan war impulsiv und abenteuerlustig. Er wollte einmal an den berühmten Dämonenrennen teilnehmen, dabei wusste er nicht einmal, wie er einen Dämon bekommen sollte.

      Elfen, Nymphen, Floranier, Nekori und Taychoni konnten im Laufe ihres Lebens tierische Begleiter finden, die das passende Gegenstück zu ihrer Seele bildeten und alle Gedanken und Gefühle mit ihnen teilten. Man nannte sie Dämonen. Sie waren gutartig. Die Einzigen, die keine Dämonen besitzen konnten, waren Menschen.

      „Und was ist mit dir?“, fragte Mornan.

      „Ich weiß es nicht“, antwortete Ayuma. „Irgendwann wird der Krieg auch zu uns kommen und spätestens dann werde ich kämpfen.“

      „Du hast doch noch nicht einmal eine richtige Waffe“, meinte Mornan.

      „Die bekomme ich noch“, sagte Ayuma.

      „Ja, genau wie du, Mornan“, erklärte Airo und rempelte Mornan absichtlich an.

      Dann rannten sie hinunter zum Fluss. Dort warteten schon Gorek und Riku Norn, ungeduldig wie immer. Ihre Eltern waren Bauern und bewirtschafteten die Felder um die Stadt. Man sah ihnen an ihrer kräftigen Statur die harte körperliche Arbeit an.

      „Da seid ihr ja endlich“, wurden die Ankömmlinge von Gorek begrüßt.

      „Ein schönes Hallo oder Toll, dass ihr gekommen seid! hätte es auch getan“, flüsterte Airo Ayuma ins Ohr. Diese grinste.

      Sie waren meistens zu fünft und Ayuma war oft das einzige Mädchen. Ab und zu kam Mornans ältere Schwester Dorna mit, aber das kam selten vor.

      Gorek forschte weiter nach, wo sie denn den ganzen Morgen über gewesen waren.

      „Sind wir denn so viel zu spät?“, wich Mornan aus.

      „Mal abgesehen davon, dass wir Mittag haben ...“ Riku klang beinahe vorwurfsvoll.

      „Was habt ihr denn den ganzen Morgen gemacht?“, lenkte Ayuma die Aufmerksamkeit auf Gorek.

      „Wir haben uns als Fischer versucht. War nicht so erfolgreich, aber es macht eine Menge Spaß.“ Er deutete auf einen Haufen improvisierter Angeln. „Riku hat schon einen Stiefel aus dem Fluss geangelt und ich eine halbe Dose. Vielleicht haben wir zusammen ja mehr Glück.“

      Das Fischen machte einen Riesenspaß. Es war zwar sehr eklig, den Wurm an der Spitze zu befestigen, und es dauerte sehr lange, bis die Fische endlich anbissen, aber wenn man dann einen Fisch hatte, konnte man stolz auf sich sein.

      Am späten Nachmittag zählten sie, was sie gefangen hatten: sechs Forellen, einen Lachs, der sich wahrscheinlich verschwommen hatte, verschiedene Fische, die keiner von ihnen einordnen konnte, und eine weitere kaputte Dose, die Mornan gefangen hatte.

      Die fünf beschlossen, die Fische zu braten. Doch niemand konnte mit Steinen einen Funken schlagen, um das Holz zu entzünden. Schließlich verdrehte Airo die Augen, murmelte einen Zauberspruch und das Feuer loderte auf. Das fanden Gorek, Mornan und Riku so toll, dass sie ihn auf den Schultern zum Fluss brachten und ihn direkt hineinbeförderten. Ayuma brach in schallendes Gelächter aus, als Airo Mornan packte, der einen Moment lang nicht aufpasste, und schon lagen beide im Wasser. Ayuma steckte noch schnell die Fische an einen Stock, hängte sie über das Lagerfeuer und half dann Mornan und Airo, auch noch die anderen Jungen ins Wasser zu schmeißen. Am Ende waren sie alle bis auf die Haut durchnässt. Aber zum Glück waren die Fische fertig gebraten.

      Tropfend, vor Kälte fast eingefroren, aber dennoch glücklich aßen sie in eine große Decke gehüllt die leckere Mahlzeit am wärmenden Feuer. Inzwischen war es dunkel geworden, aber die magischen Flammen knisterten immer noch munter vor sich hin.

      Die Fische waren köstlich, doch sie steckten voller Gräten. Als schon keiner von ihnen mehr Hunger hatte, waren immer noch Fische übrig.

      „Schade, dass es nicht immer so bleiben wird“, sagte Riku. Alle schauten ihn überrascht an. „Na, wir werden erwachsen, ich schaue mich schon nach einer Arbeit um, Gorek hilft sogar bei den benachbarten Bauern auf den Feldern mit. Bei mir wird es auch nicht mehr lange dauern, bis ich etwas Gutes, aber vor allem gut Bezahltes gefunden habe. Einen kräftigen Jungen kann man überall gebrauchen.“

      Mornan lachte. „Du und kräftig?“

      „Ja, ja, lach du nur. Du suchst doch wahrscheinlich selber Arbeit.“

      „Bis ich endlich meinen Dämon gefunden habe, werde ich Kriegsdienst leisten“, meinte Mornan.

      „Du kannst doch noch nicht mal ein Schwert halten.“ Diesmal war es Gorek, der sprach.

      „Tja, aber ich kann es lernen“, meinte Mornan und verdrehte die Augen.

      Ayuma grinste. So waren die Jungs nun einmal. Sie hielten sich immer selbst für den größten und besten Krieger, wurden dann von ihren Freunden zurechtgewiesen und gaben meistens klein bei. So war es schon immer gewesen. Ayuma erinnerte sich noch genau, wie sie die vier kennengelernt hatte ...

      Es war an einem heißen Sommertag. Ayuma schlenderte durch Seron. Sie hörte Geschrei und wirbelte herum. Ein Junge rannte auf sie zu, einen kleinen Geldbeutel in der Hand. Er packte sie an der Schulter und zog sie hinter eine Mauer. Er keuchte.

      Dann rannte ein Mann durch die Gasse, er sah sie nicht. „Halt Junge, ich krieg dich“, rief er und lief schneller.

      Ayuma schaute den Jungen, der sie umgestoßen hatte, genauer an. Sie kannte ihn, er war meistens in Begleitung seiner Schwester anzutreffen. „Woher hast du das?“ Ayuma nickte zu dem Geldbeutel, den der Junge jetzt aus ihrem Blickfeld schob.

      „Tut mir leid, meine Schwester und ich brauchen das Geld.“

      „Das ist gestohlen, du darfst es nicht behalten.“

      „Wenn ich einmal reich bin, zahl ich ihm jedes Goldstück zurück.“ Der


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