Die Zwillinge der Zeit. Dana S. Lublow
aber dennoch leicht. Es passte perfekt zu ihr. Es schmiegte sich an ihre Hand und fühlte sich genau wie die Verlängerung ihres Armes an. Ihr Traum war in Erfüllung gegangen. Ein eigenes Schwert hatte sie sich schon immer gewünscht.
„Das Schwert ist aus einem weißen Kristall, den ich zufällig bei einem Händler entdeckt habe“, erklärte Izores.
„Es ist wunderschön“, bestätigte Ayuma.
„Komm mit.“
Sie gingen vor die Schmiede, wo Izores zwei Stangen aufgestellt hatte. Ayuma rannte los, drehte sich elegant und zerschnitt die Stangen sauber in der Mitte.
„Die Jungen haben dir schon einiges beigebracht.“
„Ich habe es ihnen beigebracht“, warf Ayuma ein.
„Meine ich doch.“ Ayuma hielt inne und schaute ihren Vater fragend an. „Los, lauf schon zu Mornan und Airo!“
„Danke“, rief Ayuma über die Schulter, stolperte über einen Stein, fing sich wieder und war kurz darauf verschwunden.
„Musst du heute noch zum Anwesen des Grafen?“, fragte Izores und drehte sich zu Cass um. Diese schüttelte den Kopf und erklärte, dass man heute keine Verwendung für sie habe. „Wir sollten Ayuma endlich alles erzählen!“
„Warten wir lieber noch ein Jahr. Sie ist noch so jung. Sie hat zwar jetzt ein Schwert, aber noch keine Ahnung von dem, was da draußen vor sich geht. Hier kann sie es vielleicht mit den Straßenjungen aufnehmen, doch sie wird im Krieg keine Sekunde überleben.“ Izores schaute zu Boden. Er wusste, dass seine Frau recht hatte. „Sie ist noch nicht vorbereitet. Außerdem, du willst sie doch sowieso nicht gehen lassen“, fügte Cass noch hinzu.
„Es geht nicht um mich, sondern um die ganze geteilte Welt.“
„Aber ihr Schicksal kann es nicht sein, sich für die geteilte Welt zu opfern.“
„Sie wird sich nicht opfern.“
„Doch und das weißt du!“
„Noch hat sie nicht die geringste Ahnung, wer sie ist oder welche Bestimmung sie hat“, warf Izores ein. „Wenn der Krieg Seron endgültig erreicht, dann wird sie kämpfen müssen. Spätestens dann wird ihr jemand alles erzählen. Du solltest das langsam akzeptieren!“
Cass schaute ihn wütend an, drehte sich um und ging zurück ins Haus. Izores blieb ratlos auf der Straße stehen.
„Woher hast du denn das Schwert?“
Sie waren auf der Straße in Richtung Sperrgebiet unterwegs.
„Und der Umhang ist auch neu!“
„Es sind Geschenke meiner Eltern zu meinem Geburtstag“, erklärte Ayuma fröhlich.
„Unser Mädchen ist jetzt sechzehn“, rief Airo und umarmte Ayuma stürmisch.
„Ich will auch“, rief Mornan und umklammerte beide. „Kaum sechzehn und schon machst du verbotene Sachen!“
„Es ist nicht verboten, in das Sperrgebiet zu gehen. Es ist nur auf eigene Gefahr“, erklärte Ayuma, als sie sich befreite.
„Das ist das Gleiche“, warf Airo ein.
„Du hast recht, gehen wir trotzdem.“ Vergnügt zwinkerte Ayuma mit den Augen, rannte los und zog Mornan mit sich. Airo seufzte und eilte den beiden hinterher.
Bisher hatten sie sich immer an die Weisungen der Eltern gehalten. Doch diese hatten ihr Verbot mittlerweile so oft ausgesprochen, dass nun erst recht die Neugier der Freunde geweckt war. An diesem besondern Tag waren sie bereit, ein Wagnis einzugehen.
Sie liefen ein Stück am Fluss entlang und überquerten eine alte Brücke. Hier wurde die Stadt einsamer. Sie erreichten eine Anhöhe und schauten auf eine riesige, verkohlte Fläche hinab. Vor einigen Jahren hatte ein Feuer gewütet und die Menschen mussten ihre Häuser verlassen. Es hieß, das Unglück sei in diesen Teil Serons eingezogen. Dies war das Sperrgebiet.
Warum war das Gebiet eigentlich gesperrt? Sie wussten es nicht. Sie standen dort nebeneinander und zögerten weiterzugehen. Schließlich atmete Ayuma tief ein und wortlos setzten sie ihren Weg fort. Jeder Schritt wirbelte den schwarzen Staub auf, der sich auf ihren Schuhen absetzte.
„Wieso ist denn dieser Ort verboten?“ Ayuma wurde langsam unsicher, als sie auf Höhe der verlassenen Häuser waren. Wieder schauten sie sich um.
„Verschwinden wir besser wieder von hier“, meinte Airo, doch Ayuma und Mornan reagierten nicht.
Plötzlich ertönte ein Knallen. Ayuma zog sofort ihr Schwert, obwohl sie lange nicht so von sich überzeugt war, wie sie nun vorgab. Sie hatte einfach nicht genug Übung darin. Doch eine ganze Weile passierte nichts.
Alles war ruhig. Verdächtig ruhig. Man hörte nur das leise Rauschen des Windes. Die drei drehten sich in alle Richtungen, konnten aber keine Ursache finden. Langsam schritten sie weiter.
Da erklang noch ein Knacken.
Auf einmal sprang ein Ungetüm aus einem halb zerfallenen Haus auf sie zu. Es schien nur aus Feuer zu bestehen. Die drei stolperten rückwärts. Ayuma fuchtelte wild mit ihrem Schwert, doch sie ahnte, dass sie keine Chance hatte. Sie schloss die Augen und wartete auf den Tod, der langsam näher rückte.
Stattdessen kreischte es schrill in ihren Ohren und Ayuma schlug die Augen wieder auf. Das Feuermonster war in einer blauen Kugel gefangen. Es konnte sich nicht mehr bewegen und kreischte aus voller Kehle.
„Kommt her“, rief eine Stimme.
Ayuma schaute auf. War das Dorna? Woher war sie gekommen?
Die Freunde sprangen auf und rannten auf Dorna zu, die sie rasch auf den Weg zurückzog. Sie gelangten über die Brücke und ließen sich keuchend ins Gras sinken.
„Was ist los mit euch? Seid ihr verrückt geworden? Wieso treibt ihr euch im Sperrgebiet herum?“, herrschte Dorna sie an.
„Was war das?“ Mornan saß geschockt auf dem Boden. Er konnte noch nicht verarbeiten, was gerade passiert war.
„Wie hast du es vertrieben?“, verlangte Ayuma zu wissen.
„Mit Magie, mit gewöhnlichen Waffen kann man nichts ausrichten. Woher hast du dieses Schwert?“
Ayuma schaute an sich hinunter, der Griff des Schwertes lag immer noch in ihrer Hand. Schnell steckte sie es weg. „Ich habe es von meinem Vater Izores erhalten.“
„Dein Vater kann prächtige Waffen schmieden. Aber wenn du schon eine seiner Waffen in Händen hältst, dann solltest du sie auch benutzen!“
Ayuma wurde klar, dass sie das hätte tun sollen, aber dann gestand sie: „Ich weiß noch nicht, wie man sie gegen Feinde einsetzt.“
„Wieso geht ihr drei dann gerade ins Sperrgebiet, wenn ihr euch nicht einmal verteidigen könnt? Wisst ihr nicht, worauf ihr euch dort einlasst?“, fragte Dorna immer noch zornig.
Ayuma, Mornan und Airo starrten weiter zu Boden, sie konnten keine Erklärung dafür finden.
„Nun gut. Manchmal macht man Dinge, die verboten sind. Aber sie machen euch nicht stärker oder beliebter. Meistens sind sie einfach nur dumm. Ich würde vorschlagen, ihr lernt erst einmal, mit einer Waffe umzugehen. Ein guter Krieger sollte zwar auch ein paar Zauber beherrschen, doch die Kenntnis seiner eigenen Waffe steht an vorderster Stelle.“
Ayuma sah zu Dorna auf. Was hatte sie gesagt? Man musste als Krieger auch zaubern können?
„Ist das Gebiet wegen dieser Monster gesperrt?“, meldete sich nun Airo.
Dorna setzte sich nun ebenfalls ins Gras, ihr Zorn verflog allmählich. Sie überlegte, wie sie Airo antworten sollte. „Früher lebten dort Menschen. Doch dann haben ein paar Bewohner des Bezirks einen heftigen Streit angezettelt und eine Seite hat wilde Dämonen eingesetzt.