Perlen und schwarze Tränen. Hans Flesch-Brunningen

Perlen und schwarze Tränen - Hans Flesch-Brunningen


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      HANS FLESCH-

      BRUNNINGEN

      PERLEN UND

      SCHWARZE

      TRÄNEN

      ROMAN

      Herausgegeben und mit einem

      Vorwort von Evelyne Polt-Heinzl

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      INHALT

       VORWORT

       NACHRICHTEN IN SCHLAGZEILEN

       THEATER UND KUNST

       LITERATURBEILAGE

       INNEN- UND AUSSENPOLITIK

       GERICHTSSAAL – WIRTSCHAFTSTEIL

       SONNTAGSBEILAGE: FÜR DIE HAUSFRAU, REISEN ETC.

      VORWORT

      »… und das seltsame Verhalten der Zeit wunderte ihn nicht«. Hans Flesch-Brunningens großer Exilroman Perlen und schwarze Tränen

      Hans Flesch-Brunningen hat sich so weit in die Literaturgeschichte eingeschrieben, dass ihm eine Nennung in Aufzählungen und Fußnoten gewiss ist. Allerdings haben weder Verlage noch Wissenschaft bisher für eine systematische Werkpflege gesorgt, obwohl seine expressionistischen Anfänge wie seine Exilromane in Forschungsbereiche fallen, die in den letzten Jahrzehnten verstärkt in den Blickpunkt gerückt sind. Man kann diesen Autor »wohl den bekanntesten unter den unbekannten oder gar den unbekanntesten unter den bekannten deutschen, vielmehr österreichischen Schriftstellern nennen«, er hat »5 Novellenbände, 21 Romane, 5 Theaterstücke […] geschrieben; dazu noch ein Dutzend Bücher aus dem Englischen übersetzt«. So formulierte Flesch-Brunningen in einem ironischen Nachruf zu Lebzeiten, erschienen 1968 in der Tageszeitung Die Presse – dreizehn Jahre bevor er am 1. August 1981 sechsundachtzigjährig in Bad Ischl verstarb. Zu den von ihm übersetzten Autoren gehört übrigens auch W. Somerset Maugham, ein Roman dieses Autors ist aktuell der einzige Titel, mit dem »Hans Flesch« im Buchhandel aufscheint.

      Dabei ist sein monumentaler Roman Perlen und schwarze Tränen aus dem Jahr 1948 ohne Zweifel eines der drei großen, auch formal herausragenden Bücher der österreichischen Exilliteratur – zusammen mit Friederike Manners im selben Jahr erschienenem Romanbericht Die dunklen Jahre, der 2019 in der Edition Atelier wieder aufgelegt wurde, und Martina Wieds 1951 erschienenem Buch Das Krähennest, dessen Neuausgabe hier in Vorbereitung ist.

      Johannes Flesch Edler von Brunningen wurde am 5. Februar 1895 in Brünn als Sohn einer wohlhabenden Familie mit jüdischen Wurzeln geboren. Kindheit und Jugend verlebte er in Abbazia/Opatija und Wien. Bereits im Juli 1914 brachte Franz Pfemferts Avantgardezeitschrift Die Aktion ein Heft mit Texten des Neunzehnjährigen, samt einer Porträtzeichnung von Egon Schiele am Titelblatt. 1917 erschien der Novellenband Das zerstörte Idyll in Kurt Wolffs Reihe Der jüngste Tag, 1919 folgte der fantastische Roman Baltasar Tipho, eine gnadenlose Satire auf die moralische Dekadenz der Kriegsschieber und Spekulanten.

      Ab 1925 lebte der ausgebildete Jurist in Italien, Frankreich und vor allem in Berlin. Von dort emigrierte Flesch-Brunningen bereits 1934 nach England. Damit war er Teil der ersten Flüchtlingswelle, und er kam nicht ganz ohne Referenzen, immerhin lag sein 1930 erschienener Roman über die Französische Revolution Die Amazone bereits im Folgejahr in englischer Übersetzung vor. Sein letztes in Deutschland geschriebenes Buch war übrigens eine Sammlung von Biografien historischer Exilanten mit dem Titel Vertriebene. Von Ovid bis Gorguloff.

      In London hält sich Flesch-Brunningen zunächst mit Gelegenheitsjobs über Wasser, engagiert sich, gemeinsam mit Berthold Viertel, im links gerichteten Freien deutschen Kulturbund, und beginnt bereits um 1938 seine Texte für britische Zeitungen in Englisch zu schreiben. 1939 erhält er eine Stelle als Sprecher und Übersetzer beim German Service der BBC, die er durch die Internierung als Enemy Alien im Juni 1940 wieder verliert. Als er im Oktober 1940 nach London zurückkehren kann, ist seine Situation neuerlich prekär, etwas Geld verdient er unter anderem als Tellerwäscher im Lyon’s Corner House, einem billigen, bei Emigranten beliebten Lokal einer Tea-Shop-Kette. Verzweifelt versucht er, weiter in die USA zu emigrieren, doch dann erhält er seine Stelle bei der BBC zurück – um den Preis, seine Mitgliedschaft beim Kulturbund aufzugeben. Er tut es und engagiert sich fortan im politisch weniger exponierten Club 43. Von 1953 bis 1958 ist er dann Vorsitzender der deutschen Sektion des PEN-Clubs in London. Bis zu seiner Pensionierung 1958 bleibt er als Sprecher, Übersetzer, Scriptwriter und Redakteur bei der BBC, dann kehrt er nach vierundzwanzig im englischen Exil verbrachten Jahren nach Österreich zurück. Als Autor ergeht es ihm hier wie vielen späten Remigranten, deren Karrieren meist einen unheilbaren Knick zurückbehielten, denn die neue Generation von LeserInnen kannte schon ihre Namen oft nicht mehr.

      Perlen und schwarze Tränen entstand 1945/46 noch im englischen Exil und ist eine sprachlich wie kompositorisch ambitionierte Paraphrase auf den Ulysses von James Joyce, den Flesch-Brunningen in Paris kennengelernt hatte. Das Buch folgt 24 Stunden hindurch den Wegen, Gedanken, Erinnerungen und traumhaften Visionen des fiktiven Exilautors John Truck. Vieles ist dabei autobiografisch grundiert, etwa die Erfahrungen als Gelegenheitsarbeiter, die Tätigkeit beim Rundfunk oder das Engagement in Emigrantenorganisationen.

      Auf der realen Ebene der Außenwelt bewegt sich Truck durch das devastierte London, wo Ausgebombte in U-Bahnschächten campieren und in den Ruinen Prostituierte ihre Dienste den Soldaten anbieten. Es ist das London im Würgegriff der deutschen Bombardements, auch hier ist die »ganze Zivil-Bourgeoisie verschwunden«, die Uniform herrscht, »der Götze des Jahrhunderts«. Über allem liegt der dichte Nebel, der in der Eingangspassage über den Wassern aufsteigt und, sich mit Gerüchen und Dünsten anreichernd, allmählich »städtisch« wird. Aus seinen undurchdringlichen Schwaden lässt der Autor mit leichter Hand geisterhafte Bilder und Begegnungen emporwachsen. So trifft Truck während seines nächtlichen Gangs durch die Stadt in der Nähe von Marble Arch auf eine Gespensterkutsche, der historische Größen der englischen Literatur entsteigen. Was wie eine Maskerade wirkt, verhandelt zugleich Fragen der gesellschaftlichen Verantwortung des Künstlers wie der kulturellen Identität des Exilanten. In dieser Szene findet sich auch eine konkrete Anspielung auf Joyce in Gestalt von Trucks geheimnisvollem Begleiter, der wechselnde Identitäten anzunehmen vermag und sich einmal auch als »Kelte« beschreibt, der »die Einbildungskraft und den Flug der Phantasie« liebe.

      Das Kapitel heißt Literaturbeilage, so wie viele Abschnitte nach Ressorts der medialen Berichterstattung benannt sind. Schließlich spielt fast die Hälfte des Romans in den Bürolandschaften der monströsen BBC-»Wortfabrik«, ein Porträt des 1932 fertiggestellten Broadcasting House am Portland Place. Rastlos ist das Getriebe in den labyrinthischen Gängen dieses Gebäudes, verloren und verängstigt sind die hier Arbeitenden, denn zahlreich sind die Flüchtlingsschicksale im German Service, wo jeder auf seine Art mit Verlusterlebnissen, Zukunftsängsten und Vereinsamung zu kämpfen hat. Deshalb kippen hier während Trucks Nachtdienst alle Szenen verlässlich ins Surreale. In seiner Autobiografie Die verführte Zeit bezeichnet Flesch-Brunningen die Häufung fantastisch-skurriler Szenarien als Technik der »Verschlüsselung«, zugleich weisen diese erzähltechnischen Verfremdungseffekte auch auf seine expressionistischen und fantastischen Anfänge zurück.

      Zu Beginn wartet Truck gut dreißig Seiten lang im »Café Canada« auf seine notorisch verspätete Geliebte und


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