Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper

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Mann wie einen Bären den Ansiedlern zur Schau hinzustellen? Es sollte nicht weh tun, wenn man einen alten Soldaten, der den Krieg von Sechsundfünfzig mitgemacht und sechsundsiebzigmal dem Feind gegenübergestanden hat, an einen solchen Ort steckt, wo die Jungen mit Fingern auf ihn weisen und sagen können: ›Ich habe es selbst mit angesehen, wie er dem Bezirk zu einem Spektakel diente?‹ Es sollte nicht weh tun, das Ehrgefühl eines Mannes, der sich keines Unrechts bewußt ist so zu kränken, daß man ihn wie eine Bestie des Waldes behandelt?«

      Benjamin stierte wild um sich, und hätte er nur ein einziges Gesicht finden können, in welchem sich Hohn ausgesprochen hätte, so würde er sicher alsbald mit dem Eigentümer desselben Streit angefangen haben; da er aber überall nur auf nüchterne und hin und wieder sogar auf bedauernde Blicke traf, so setzte er sich ganz bedächtig an der Seite des Jägers nieder, steckte seine Füße in die beiden leeren Löcher des Stocks und sagte:

      »Nun, laßt herab, Meister Konstabler, laßt herab, sag’ ich Euch! Wenn es hierherum so eine Art von Mann gibt, der einen Bären zu sehen wünscht, so soll er herkommen: der Teufel hole ihn, er wird deren zwei finden, und darunter vielleicht einen, der ebensogut beißen kann wie brummen.«

      »Aber ich habe keinen Befehl, Euch in den Stock zu sperren, Herr Pump«, rief der Konstabler. »Geht heraus und hindert mich nicht an meiner Pflicht«

      »So erhaltet Ihr jetzt meinen Befehl, und was habt Ihr Euch weiter um meine Füße zu bekümmern? Schließt den Deckel zu, sage ich, und laßt mich den Mann sehen, der das Maul darüber verzieht.«

      »Nun, es geschieht niemand ein Leid damit, wenn man einen Menschen einsperrt, der selber in den Pferch will«, entgegnete der Konstabler lachend und schloß den Stock über beiden.

      Es war ein Glück, daß dies schnell ausgeführt wurde; denn als die Gesamtmasse der Zuschauer Benjamin in seiner neuen Lage erblickte, regte sich unter ihr eine Neigung zur Heiterkeit, die nur wenige zu unterdrücken der Mühe wert achteten. Der Hausmeister kämpf sich gewaltig ab, seine Freiheit wiederzuerlangen, augenscheinlich in der Absicht, mit den zunächst Stehenden einen Kampf zu beginnen der Schlüssel war aber bereits umgedreht und daher alle seine Anstrengung vergeblich.

      »Hört, Meister Konstabler«, rief er, »tut mir Eure Fußschellen für einen Augenblick auf, damit ich diesen Halunken zeigen kann, wer es ist, über den sie sich lustig machen.«

      »Nein, nein, Ihr wolltet hinein, und so müßt Ihr ausharren«, entgegnete der Gerichtsdiener, »bis die Zeit um ist, die der Richter für den Gefangenen bestimmt hat.«

      Als Benjamin fand, daß sein Sträuben und seine Drohungen nicht fruchteten, bewies er Verstand genug, sich die Ergebung seines Gefährten zum Muster dienen zu lassen, weshalb er sich an Nattys Seite ganz ruhig verhielt, obgleich er nicht umhin konnte, in seinen harten Züge einen Ausdruck von Verachtung zu legen, welcher zeigte daß sein Zorn einem anderen Gefühl gewichen war. Sobald sich die ungestüme Aufregung des Hausmeisters einigermaßen gelegt hatte wandte er sich an seinen Mitgefangenen, und mit einer Erregung, die einen noch stärkeren Gefühlserguß gerechtfertigt hätte, versuchte er sich in dem menschenfreundlichen Amt des Trösters.

      »Im Grunde genommen hat die Sache nicht viel auf sich, Meister Bumppo«, sagte er. »Ich habe an Bord der Boadishey ganz prächtig Leute mit den Fersen festliegen sehen, und zwar für weiter nichts als weil sie vielleicht vergessen hatten, daß sie ihre Portion schon getrunken hatten, als ihnen ein Glas Grog in den Weg kam. Die Sache kommt mir nicht anders vor, als wenn man vor zwei Ankern reitet und in einem stillen Wasser, wo man noch Raum genug hat, die Klüsen zu fegen, auf das Eintreten der Flut oder auf günstigen Wind wartet. Ich habe, wie gesagt, manchen Mann um einen solchen Rechnungsfehler an Bug und Stern vor Anker liegen sehen, wo er nicht einmal seine Breitseite umdrehen konnte, und vielleicht noch obendrein mit einem Stopfer vor der Zunge in der Form eines quer unter der Nase weggezogenen Pumpstocks, ganz wie eine Backspier längs dem Geländer des Heckbords.«

      Der Jäger wußte augenscheinlich seinem Gefährten Dank für die freundliche Absicht, obgleich er dessen Worte nicht verstand; er versuchte daher zu lächeln, erhob sein demütiges Antlitz und fragte:

      »Wie?«

      »Ich sage, es ist weiter nichts als eine kleine Bö, die bald ausgeblasen hat«, fuhr Benjamin fort. »Eurem langen Kiel muß es ohnehin nichts ausmachen, obgleich sie bei meinem ziemlich kurzen Untergebälk meine Hieling in einer Weise aufgeholt haben, daß das Fahrzeug ziemlich schräg steht. Aber was kümmere ich mich darum, Meister Bumppo, ob das Schiff ein bißchen am Anker zerrt? Es ist ja nur für eine Hundewache, und hol mich der Teufel, wenn es nicht mit Euch segelt, sobald Ihr nach den besagten Bibern kreuzt. Ich verstehe mich nicht sonderlich auf das kleine Gewehr, da ich etwas zu niedrig aufgetakelt bin, um über die Hängematte wegzusehen, und nur bei der Munitionskammer angestellt war; aber seht, ich kann das Wild tragen und auch vielleicht bei den Schlingen Hand anlegen; und wenn Ihr Euch nur halbwegs so auf Euer Geschäft versteht wie auf die Führung der Bootshaken, so wird unsere Kreuzfahrt bald vorüber sein. Ich habe diesen Morgen mit Squire Dickens die Rahen ins Kreuz gebracht und will ihm sagen lassen, daß er meinen Namen aus den Büchern ausstreichen soll, bis unser Kreuzen vorüber ist.«

      »Ihr seid an den Aufenthalt unter Menschen gewöhnt, Benny«, sagte Lederstrumpf traurig, »und das Leben in den Wäldern würde Euch schwer ankommen, wenn – –«

      »Nicht im geringsten – nicht im geringsten!« rief der Hausmeister. »Ich bin keiner von jenen Schönwetter-Kunden, Meister Bumppo, die bloß im glatten Wasser fahren. Wenn ich einen Freund finde, seht Ihr, so bleibe ich bei ihm liegen. So gibt es zum Beispiel keinen besseren Mann als Squire Dickens, und ich halte ebensoviel auf ihn wie auf Frau Houisters neues Jamaikatönnchen –«

      Der Hausmeister hielt inne, wandte sein unschönes Gesicht dem Jäger zu, betrachtete ihn mit einem schelmischen Blinzeln und verzog die Muskeln seiner harten Züge zu einem freundlichen Grinsen, bis die weißen Zähne zum Vorschein kamen, worauf er leiser beifügte: »Ich sage Euch, Meister Lederstrumpf, er ist frischer und lieblicher als der Holländer, den sie von Garnsey heraufbringen Aber wir wollen hinüberschicken und bei dem Weibsbild ein Schlücklein holen lassen; denn ich fühle mich in diesen Strümpfen so beengt, daß ich glaube, es ist etwas nötig, um in meinem Obergestell einzuheizen«

      Natty seufzte und sah auf die Menge, die sich allmählich zu zerstreuen begann und bereits sehr abgenommen hatte, da die meisten ihren Geschäften nachgegangen waren Er warf Benjamin einen ernsten Blick zu, ohne etwas zu erwidern; eine tiefwurzelnde Beklommenheit schien jedes andere Gefühl aufzuzehren und ein schwermütiges Dunkel über seine Züge zu werfen, in denen sich der innere Kampf des Mannes aussprach.

      Der Hausmeister war geneigt, nach dem alten Grundsatz, daß Schweigen Zustimmung bedeutet, zu handeln, als Hiram Doolittle, von Jotham begleitet, aus dem Haufen auftauchte und quer über den freien Platz ging. Die Magistratsperson näherte sich dem Ende des Stocks, wo Benjamin saß, und pflanzte sich in sicherer Entfernung dem Angesicht Lederstrumpfs gegenüber auf. Die scharfen Blicke, welche Natty nach Hiram schoß, schienen den Ehrenmann für einen Augenblick einzuschüchtern und in eine Verlegenheit zu setzen, die ihm sonst fremd war. Als er sich jedoch einigermaßen gesammelt hatte, sah er nach dem Himmel auf und dann nach der dunstigen Atmosphäre, worauf er, als sei er nur zufällig mit einem Freund zusammengetroffen, in seiner förmlichen und zögernden Weise zu sprechen begann:

      »Der Regen ist in der letzten Zeit selten gewesen; ich denke, wir werden eine lange Dürre behalten.«

      Benjamin war eben mit dem Aufknüpfen seines Geldbeutels beschäftigt und bemerkte die Annäherung der Magistratsperson nicht, während Natty, ohne zu antworten, sein Gesicht, in dem jeder Muskel Abscheu ausdrückte, abwandte. Durch diese Äußerung des Widerwillens eher ermutigt als eingeschüchtert, fuhr Hiram nach einer kurzen Pause fort:

      »Die Wolken sehen aus, als ob sie kein Wasser enthielten, und die Erde klafft in schrecklichen Spalten. Soviel ich von der Sache verstehe, wird die Ernte in diesem Sommer schmal ausfallen, wenn wir nicht bald Regen bekommen.«

      Die Miene, mit der Herr Doolittle diese Prophezeiung machte, war von der Art, wie man sie bei einem solchen


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