Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper

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so strömt einiges von dem Blut des Delawarenstammes in Ihren Adern. Ich bitte, mich nicht mißzuverstehen; denn weder die Farbe noch die Abkunft gibt ein Verdienst, und ich weiß nicht, ob nicht diejenigen, die dem Blute nach den ursprünglichen Eigentümern dieses Bodens entsproßten, das beste Recht haben, diese Berge mit leichtem Gewissen zu betreten.«

      Mohegan wandte sich feierlich und mit den ausdrucksvollen Gebärden eines Indianers zu dem Sprecher und entgegnete:

      »Vater, du hast den Sommer deines Lebens noch nicht zurückgelegt; deine Glieder sind jung. Geh auf den höchsten Berg und blick um dich. Alles, was du siehst, vom Aufgang der Sonne bis zum Niedergang, von den Hauptwassern der großen Quelle bis dahin, wo sich der gekrümmte Fluß in den Bergen verbirgt, ist sein. Er stammt aus dem Blut der Delawaren, und sein Recht ist stark. Aber der Bruder von Miquon ist gerecht. Er wird das Land in zwei Teile schneiden, wie es der Fluß in den Niederungen tut, und wird zu dem Jungen Adler sagen: ›Kind der Delawaren, nimm es – behalte es und sei ein Häuptling in dem Lande deiner Väter‹.«

      »Niemals«, rief der junge Jäger mit einer Heftigkeit, welche die gespannte Aufmerksamkeit plötzlich vernichtete, womit der Geistliche und seine Tochter dem Indianer zuhörten. »Der Wolf des Waldes ist nicht gieriger auf seine Beute als dieser Mann nach Gold, und doch ist sein Schleichen nach dem Besitz so leise wie die Bewegung der Schlange.«

      »Gott bewahre dich, Gott bewahre dich, mein Sohn«, unterbrach ihn Herr Grant. »Solche ungestüme Leidenschaftlichkeit darf man nicht aufkommen lassen. Die zufällige Beschädigung, die dir von dem Richter Temple zugefügt wurde, hat das Gefühl der Kränkung wegen Beeinträchtigung deines Erbes gesteigert. Aber vergiß nicht, daß die eine unabsichtlich war und die andere eine Wirkung des politischen Wechsels ist, welcher in seinem Lauf den Stolz von Königen demütigte und mächtigen Nationen den Untergang gebracht hat. Wo sind nun die Philister, die so oft die Kinder Israels ihr Joch fühlen ließen? Wo ist die Stadt Babylon, die in Üppigkeit und Lastern schwelgte und sich in ihrem Stolz die Königin der Völker nannte? Erinnere dich der Bitte in unserer heiligen Litanei, in der wir die Allmacht anflehen – ›daß es ihr gefallen möge, unsern Feinden, Verleumdern und Verfolgern zu vergeben und ihre Herzen umzuwenden‹. Das Unrecht, das den Eingeborenen zugefügt wurde, hat Richter Temple mit einem ganzen Volk gemein, und was deinen Arm anbelangt, so wird er bald wieder die frühere Kraft besitzen.«

      »Dieser Arm?« wiederholte der Jüngling, indem er mit heftiger Aufregung im Zimmer auf und ab schritt. »Glauben Sie, Sir, ich halte den Mann für einen Mörder? – O nein, er ist zu schlau und zu feige zu solch einem Verbrechen. Aber mögen immerhin er und seine Tochter in seinem Reichtum schwelgen – der Tag der Vergeltung bleibt nicht aus. – Nein, nein, nein«, fuhr er ruhiger auftretend fort – »nur Mohegan konnte auf die Vermutung kommen, daß die Verletzung absichtlich geschah; doch diese Kleinigkeit ist nicht wert, daß ich weiter daran denke.«

      Er setzte sich, stemmte die Arme auf seine Knie und verbarg sein Gesicht mit den Händen.

      »Es ist das erbliche Ungestüm der Leidenschaft eines Eingeborenen, mein Kind«, sagte Herr Grant leise zu seiner Tochter, welche sich entsetzt an seinen Arm geklammert hatte. »Er hat, wie du hörtest, indianisches Blut in den Adern, und weder die Macht der Erziehung noch die Vorteile unserer ausgezeichneten Liturgie sind imstande gewesen, das Übel mit der Wurzel auszurotten. Doch können Sorgfalt und Zeit noch viel für ihn tun.«

      Obgleich der Geistliche leise gesprochen hatte, so war er doch von dem Jüngling nicht unbeachtet geblieben; denn dieser erhob jetzt sein Haupt und fuhr mit einem unbestimmten Lächeln in seinen Zügen ruhiger fort:

      »Sie brauchen sich weder durch die Wildheit meines Benehmens noch durch die Rauheit meines Äußern beunruhigen zu lassen, Miss Grant. Eine Leidenschaftlichkeit hat mich hingerissen, die ich hätte unterdrücken sollen, und ich muß sie mit Ihrem Vater dem Blute beimessen, das in meinen Adern fließt, obgleich ich meinem Stamm deshalb keinen Vorwurf machen will; denn es ist das einzige mir verbliebene Erbe, dessen ich mich rühmen kann. Ja, ich bin stolz auf die Abkunft von einem Delawarenhäuptling, von einem Krieger, der der menschlichen Natur zur Ehre gereichte. Der alte Mohegan war sein Freund und der Zeuge seiner Tugenden.«

      Herr Grant nahm jetzt das Gespräch auf, und als er den jungen Mann ruhiger und den betagten Häuptling aufmerksam fand, erging er sich in einer weiten theologischen Erörterung über die Pflicht der Vergebung. Die Unterhaltung dauerte über eine Stunde, bis endlich die Gäste aufstanden und sich aufs freundlichste verabschiedeten. An der Tür trennten sie sich, und Mohegan schlug den Weg nach dem Dorf ein, während der Jüngling dem See zuging. Der Geistliche blieb vor seinem Hause stehen und sah der dahingleitenden Gestalt des alten Häuptlings nach, der sich mit einer für seine Jahre erstaunlichen Geschwindigkeit in dem tiefen Pfad hinbewegte; sein schwarzes, starres Haar war noch über dem durch die Wolldecke gebildeten Ballen sichtbar, der sich bisweilen in dem Silberlicht des Mondes kaum von dem Schnee unterscheiden ließ. An der hinteren Seite des Hauses befand sich ein Fenster, das sich nach dem See hin öffnete; hier wurde Luise von ihrem Vater gefunden, wie sie aufmerksam in der Richtung der östlichen Berge nach irgendeinem Gegenstand blickte. Er näherte sich ihr und bemerkte die Gestalt des jungen Jägers in der Entfernung von einer halben Meile, wie sie mit großen Schritten über das weite Schneefeld, welches das Eis bedeckte, gerade nach der Stelle hinstreifte, wo, wie er wußte, Lederstrumpfs Wohnung am Rand des Sees unter einem Felsen lag, dessen Gipfel mit Fichten und Tannen bedeckt war. Im nächsten Augenblick verloren sich die Umrisse des Fremden im Schatten überhängender Bäume und kamen nicht wieder zum Vorschein.

      »Es ist wunderbar, wie lange sich die Neigungen des Wilden in diesem merkwürdigen Geschlecht fortpflanzen«, sagte der gute Geistliche, »aber wenn er fortfährt, wie er angefangen, so wird er dennoch zuletzt Herr darüber werden. Erinnere mich daran, Luise, daß ich ihm bei seinem nächsten Besuch die Predigt ›gegen die Gefahren des Götzendienstes‹ leihe.«

      »Gewiß, lieber Vater, Sie glauben nicht, daß er je zu der Gottesverehrung seiner Vorfahren zurückkehrt?«

      »Nein, mein Kind«, entgegnete der Diener der Kirche, indem er seine Hand mit einem liebevollen Lächeln auf ihre gelben Locken legte, »sein weißes Blut schon würde das verhindern; aber es gibt auch noch einen andern Götzendienst, – den unserer Leidenschaften.«

      XIII

       Inhaltsverzeichnis

      So gebt mir einen Humpen doch –

       Die Gerstenernte lebe hoch!

      Trinklied

      An einer Ecke des Dorfes, wo die zwei Hauptstraßen von Templeton sich kreuzten, stand das Wirtshaus ›Zum kühnen Dragoner‹. Dem ursprünglichen Plan zufolge hätte sich das Dorf links des kleinen Stromes, welcher das Tal durchfloß, hinziehen sollen, so daß durch die Straße, welche von dem See zu der Akademie führte, die westliche Grenze gebildet worden wäre. Aber Bequemlichkeit vereitelt oft die besten Entwürfe. Das Haus des Herrn – oder wie er infolge seines Kommandos über das Militär des Patents genannt wurde – des Hauptmanns Hollister, das schon in früheren Tagen mit der Front gerade gegen die Richtung der Hauptstraße erbaut worden, schob dem Verlauf derselben eine sehr augenfällige Barriere in den Weg, weshalb Reiter und nachher auch Ochsentreiber sich eines Durchgangs am Ende des Gebäudes bedienten, um den westlichen Weg abzukürzen, bis endlich die regelmäßige Landstraße fortgesetzt war und allmählich an beiden Seiten Häuser entstanden, so daß eine nachherige Verbesserung des Übelstandes unmöglich wurde.

      Diese Abweichung von Marmadukes regelmäßigen Plänen war von zwei wesentlichen Folgen begleitet. Die Hauptstraße wurde nämlich in der Hälfte ihrer Länge plötzlich genau um die Hälfte ihrer Breite geschmälert und der ›Kühne Dragoner‹ ward um seiner Lage willen, mit Ausnahme des Herrenhauses, bei weitem das augenfälligste Gebäude des Ortes.

      Dieser Umstand, durch den Charakter der Wirtsleute unterstützt, gab der Schenke über alle zukünftigen Konkurrenten einen Vorteil, der sich durch keine sonstigen Verhältnisse


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