Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper

Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper - James Fenimore Cooper


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zu Ende war oder eine gewisse Achtung vor den Rechten des Spenders die Neige des Trankes dem wieder zuschob, welcher denselben bezahlt hatte.

      Gewöhnlich wurden dabei Toaste getrunken, und hin und wieder versuchte einer, der von der Natur vorzugsweise mit Witz bedacht zu sein vermeinte, seine Dankgefühle in Phrasen auszudrücken, wie zum Beispiel: »Ich hoffe, daß der Festgeber es weiter bringen möge als sein Vater«, oder »er möge leben, bis alle seine Freunde ihm den Tod wünschen«; während sich die bescheideneren Zechgenossen begnügten, mit gravitätischem Ernst auf »gut Glück« oder einen anderen gleich kurzen und inhaltsreichen Wunsch zu trinken. Stets wurde aber der invalide Wirt aufgefordert, die Sitte der königlichen Mundschenke nachzuahmen und das Glas, welches er präsentierte, vorher zu kosten – eine Aufforderung, welcher er gewöhnlich dadurch willfahrte, daß er seine Lippen benetzte, nachdem er zuvor den Toast: »was wir hoffen«, ausgebracht hatte, bei welch kläglichem Ausweg es dem Gutdünken der Gäste überlassen blieb, den umfassenden Wunsch nach eigenem Sinn zu deuten. Während dieses Treibens war die Wirtin emsig beschäftigt, eigenhändig die von ihren Kunden verlangten Getränke zu mischen, wobei sie hin und wieder einen der Dorfbewohner, welcher sich dem Verschlag näherte, grüßte und sich nach dem Befinden seiner Familie erkundigte.

      Als endlich der Durst der Gäste einigermaßen gestillt war, gewann das Gespräch einen mehr allgemeinen Charakter, wie er gerade für die Stunde paßte. Der Arzt und sein Gefährte – einer der zwei Advokaten des Dorfes –, die man am meisten für geeignet hielt, das Wort zu führen, waren die Hauptsprecher, obgleich sich auch hin und wieder Herr Doolittle, welchen man nur in dem beneidenswerten Punkt der Erziehung als jenen nachstehend betrachtete, eine Bemerkung erlaubte. Ein allgemeines Stillschweigen trat ein, als der Rechtsgelehrte folgendermaßen begann:

      »Dem Vernehmen nach, Doktor Todd, habt Ihr diesen Abend eine wichtige Operation vorgenommen, indem Ihr Lederstrumpfs Sohne einen Hirschposten aus der Schulter schnittet?«

      »Ja, Sir«, erwiderte der andere, indem er seinen kleinen Kopf mit einer wichtigtuenden Miene erhob. »Ich hatte ein derartiges kleines Geschäft bei dem Richter, doch will es nicht viel heißen. Etwas anderes wäre es gewesen, wenn der Schuß durch den Körper gegangen wäre. Die Schulter ist kein zum Leben unbedingt nötiger Teil, und ich denke, der junge Mann wird bald wieder gesund sein. Ich wußte jedoch nicht, daß der Patient ein Sohn von Lederstrumpf ist; denn ich hörte nie, daß Natty ein Weib hatte.«

      »Das folgt auch nicht notwendig daraus«, entgegnete der andere, indem er sich mit einem pfiffigen Blinzeln umsah. »Ich denke, Ihr wißt, daß es so eine Art Ding gibt, das der Jurist filius nullius nennt?«

      »Sagt uns das in gutem königlichem Englisch, Mann«, rief die Wirtin. »Für was soll es gut sein, in einem Zimmer ehrlicher Christenmenschen indianisch zu sprechen, und wenn es sich auch nur um einen armen Jäger handelte, der nicht viel besser ist als die Wilden selbst? Doch dürfen wir hoffen, daß die Missionare einmal die armen Teufel bekehren werden, wo dann wenig darauf ankommt, von welcher Farbe ihre Haut ist oder ob sie Wolle oder Haare auf dem Kopf tragen.«

      »Es ist lateinisch, nicht indianisch, Frau Hollister«, entgegnete der Rechtsgelehrte, indem er sein pfiffiges Blinzeln wiederholte –, »und Doktor Todd versteht lateinisch, – wie wollte er sonst die Aufschriften auf seinen Apothekerbüchsen und Schubladen lesen? Nein, nein, Frau Hollister, der Doktor versteht mich – nicht wahr, Doktor?«

      »Hem – nun, ich vermute, daß ich nicht weit davon bin«, versetzte Elnathan, indem er sich mühte, den Gesichtsausdruck des anderen nachzuahmen. »Lateinisch ist eine wunderliche Sprache, meine Herren, – und ich will wetten, es ist nicht einer in dem Zimmer, Squire Lippet ausgenommen, welcher glauben könnte, daß Far. Av. Hafermehl bedeutet.«

      Nun kam die Reihe, ob dieser Zurschaustellung von Gelehrsamkeit verlegen zu werden, an den Advokaten; denn obgleich er auf einer der öffentlichen Universitäten promoviert hatte, so war er doch etwas verblüfft über den von seinem Gefährten gebrauchten Ausdruck. Indes war es gefährlich, in einem öffentlichen Wirtshaus und vor so vielen seiner Klienten, den Anschein zu gewinnen, als werde er an Gelehrsamkeit übertroffen, weshalb er die beste Miene zu der Sache machte und in ein schlaues Gelächter ausbrach, als stecke irgendein guter Witz dahinter, der nur von dem Arzt und ihm selbst verstanden werde. Die Zuhörer wechselten indessen Blicke des Beifalls, und Ausdrücke, wie »Versteht sich auf Sprachen«, und: »Ja, wenn’s einer weiß, so muß es Squire Lippet wissen«, ließen sich als Zoll der Bewunderung in den verschiedenen Teilen des Zimmers vernehmen. So ermutigt, erhob sich der Rechtsgelehrte von seinem Stuhl, wandte den Rücken dem Feuer zu, faßte die Trinkgesellschaft ins Auge und fuhr fort:

      »Nun, mag er jetzt Nattys Sohn oder der Sohn von niemand sein – ich hoffe wenigstens, daß der junge Mann die Sache nicht ruhen lassen wird. Wir leben in einem Land der Gesetze, und da möchte ich doch sehen, ob das Gericht der Ansicht ist, daß ein Mann, der hunderttausend Morgen Landes besitzt oder zu besitzen vorgibt, mehr Recht hat, auf seinen Nebenmenschen zu schießen als ein anderer. Was haltet Ihr davon, Doktor Todd?«

      »Oh, Sir«, entgegnete der Doktor, »ich bin, wie bereits gesagt, der Ansicht, daß die Verletzung keinen lebensgefährlichen Teil getroffen hat. Auch wurde die Kugel bald herausgezogen und die Schulter, wie ich wohl behaupten darf, gut verbunden; ich glaube daher nicht, daß die Sache so gefährlich ist, als sie hätte werden können.«

      »Ich berufe mich auf Euch, Squire Doolittle«, fuhr der Advokat mit verstärkter Stimme fort. »Ihr seid eine Magistratsperson und wißt, was Rechtens und was nicht Rechtens ist Ich frage Euch daher, Sir, ob ein Schuß auf einen Menschen eine Sache ist, die man so gar leicht nehmen darf? Gesetzt, Sir, der junge Mann hätte Weib und Familie, und gesetzt, er wäre ein Techniker wie Ihr selbst, Sir, und gesetzt, seine Familie hinge wegen ihres Unterhalts nur von ihm ab; und gesetzt, die Kugel hätte ihm, statt bloß ins Fleisch zu dringen, das Schulterblatt zerschmettert und ihn für immer zum Krüppel gemacht; – ich frage euch alle, meine Herren, gesetzt, all dieses wäre der Fall, müßte die Jury nicht eine bedeutende Entschädigung beantragen?«

      Da der Schluß dieser gesetzten Fälle an die Gesellschaft insgesamt gerichtet war, so fühlte sich anfänglich Hiram nicht bereifen, eine Erwiderung zu geben; als er aber fand, daß die Augen aller Anwesenden erwartungsvoll auf ihm hafteten, so gedachte er seines richterlichen Charakters und begann daher mit dem gebührenden Grade von Bedächtigkeit und Würde:

      »Freilich, wenn einer auf einen andern schießt, – ich meine nämlich, wenn er es mit Vorsatz tut, und wenn das Gericht davon Meldung erhält, und wenn ihn eine Jury schuldig findet, so ist es wahrscheinlich ein Fall, der den Täter ins Staatsgefängnis liefert«

      »Allerdings ist es so, Sir«, erwiderte der Advokat »Das Gesetz, meine Herren, erkennt in einem freien Lande kein Ansehen der Person. Es ist eine der großen Segnungen, welche uns von unsern Vorfahren überantwortet wurden, daß alle Menschen in den Augen des Gesetzes ebenso gleich sind, wie sie von der Natur gleich geschaffen wurden. Mögen auch einige, weiß Gott wie, zu einem großen Vermögen gekommen sein, so werden sie dadurch doch nicht berechtigt, die Gesetze eher übertreten zu dürfen als der ärmste Bürger in den Staaten Dies ist meine Ansicht, meine Herren, und ich denke, wenn jemand diese Angelegenheit vor Gericht bringen wollte, so durfte sich wohl herausstellen, daß die Salben bezahlt würden. Was meint Ihr, Doktor?«

      »Ei, Sir«, erwiderte der Arzt, den diese Wendung des Gesprächs augenscheinlich ein wenig beunruhigte, »ich habe das Versprechen des Richters Temple vor Zeugen – nicht als ob mir sein Wort nicht ebenso lieb wäre, als hätte ich’s schriftlich von ihm –, aber es geschah vor Zeugen. Laßt mich einmal sehen – es waren Monschier Ler Quow und Squire Jones und Major Hartmann und Jungfer Pettibone und einer oder zwei Schwarze dabei, als er sagte, seine Tasche würde mich reichlich für meine Bemühungen belohnen«

      »Wurde das Versprechen vor oder nach dem geleisteten Dienst gegeben?« fragte der Advokat.

      »Ich weiß das nicht mehr so genau«, antwortete der vorsichtige Arzt, »so viel ist mir aber noch gegenwärtig, daß es geschah, ehe ich den Verband anlegte.«

      »Aber es scheint, daß er sagte, seine Tasche würde Euch belohnen«,


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