HEAR 'EM ALL. Группа авторов
eines Zeugen Jehovas, war es das zweite Album. Er hörte es so oft so laut, dass ihn sein Vater verprügelte. Später stieg der Typ bei Metallica ein, gründete Megadeth – wer wollte da an seiner Einschätzung rütteln. »Sad Wings Of Destiny« deckt das halbe Evangelium (sprich: »Unleashed«) ab. Ein wenig ging es auch beim nächsten Album aufwärts, speziell »Dissident Aggressor« (in 3:07 Minuten die Essenz der ersten vier bis fünf Alben). Full-on Metal dann bei »Stained Class«, auf Augenhöhe auch der Nachfolger, so wie »Point Of Entry« nach »British Steel« die Rückseite derselben Medaille (bzw. US-Version), dito »Defenders Of The Faith« nach »Screaming«.
Der springende Punkt: Neun magere Jahre lang haben sie geackert, verlassen von Gott und der Welt, unbeachtet von Teufel und leeren Seelen haben sie Songs und Sound gestählt. Auch die Fäuste, die Wut, male ich mir aus. Kaum waren sie über Nacht berühmt und im Fernsehen, haben sie in den ersten fetten Jahren weiterhin jeden Part und jeden Riff sorgsam zerschmolzen, zerlegt und bereinigt, bis keine Spur des Blues zu erkennen war, die von hippieskem Prog Rock nur bei gewiefter Obduktion. Yes, auch Genesis und so Sachen sind in der DNA von Metal, wie Arrangements von Maiden, Mercyful Fate, Dream Theater, Mastodon et al. illustrieren. Aber Priest waren eher da. Sie haben es vorgelegt – und zigfach komprimiert in eng geschnürte Killer-Songs gegossen, über lange Strecken ohne Gesang, dafür mit Unmengen an Zwischenteilen, vertrackt verzackt krachenden Breaks und zweigeteilten Strophen, Soli usw. Nach den neun mageren Jahren – voller Schweiß aber sicher auch Zorn – plötzlich in den Charts, im Fernsehen, auf Titelseiten. Überall weitere Metal-Bands, auch Thrash und Speed. Selbst Mötley Crüe dachten an Halford, als sie sich in Leder schnürten, parallel legten Maiden bis »Number Of The Beast« jedesmal eine Schippe drauf … und Priest, Langstreckenläufer, ging nicht die Puste aus. Sie wurden immer noch: noch besser. Auf »Screaming For Vengeance« monumental und wie in das härteste Stahl gegossen »The Hellion«, keine Minute lang, schon atemlos und rasend weitergehämmert, dann souverän, mal mit Harley, dann mit zwinkerndem Auge, auch textlich cool (obwohl natürlich gänzlich unbeachtet). Zufrieden mit mir? Teufel noch mal: Mehr geht nicht … selbst wenn ich bei »Fever« immer noch am liebsten »Diva, you set my soul on fire« brülle. Mit »Screaming For Vengeance« war die sich kontinuierlich steigernde Band auf der absoluten Höhe. Perfekt. Göttlich.
Das Vollendete hat aber einen Haken, es ist wie das Göttliche gleichzeitig nicht mehr menschlich, also ein bisschen tot (vgl. Hegel, »Vorlesungen über die Ästhetik«), und die Genese lässt sich ohnehin nicht als lineare Geschichte begreifen, was ja selbst Foucault umrifft hat: Judas Priest standen 13 Jahre nach ihrer Formierung, so wie Led Zeppelin nach sieben fetten Jahren, vor einem Problem. Was ist das nächste Ziel, was der größere Sinn. Souverän ausscheren konnten Zeppelin schon mit »III«, Priest mit »Turbo« aber nicht. »Ram It Down«, Outtakes noch mal aufgekocht, war einerseits versöhnend und konsequent (mit Chuck-Berry-Cover auch mit einem menschlichen Makel), aber das Ensemble war am Ende der Fahnenstange angekommen. »Painkiller« natürlich noch mal gut, wie mit links runtergebolzt, um dem Nachwuchs zu zeigen, wo der Hammer hängt (»brennende Predigten reinigen ihre bösen Worte / zwischen Hammer und Amboss«). Aber so konnte es nicht weitergehen. Tat es auch nicht.
BAUER, GARN & DYKEHimmel, Arsch & Zwirn | Frank Schäfer |
[Ahorn, 1982]
Bluesgeerdeter Hardrock mit deutschen Texten hat noch nie funktioniert. So genau will man es meistens nicht wissen. Die Gitarre hat gefälligst die Wahrheit zu sprechen und sonst niemand. Genuschelte Lyrics, wenn möglich in irgendeinem rauhen englischen Arbeiter-Slang, den man höchstens mal im Refrain versteht, weil man mitgrölen möchte, sind das einzige akzeptable Medium. Man hüte sich vor Textbeilagen! Franz K. hielten sich nie an diese Regeln, sondern reimten in stumpfem Wittener Hochdeutsch Kleinbürgermief auf sozialpädagogischen Verständnismuff. Völlig witzlos. »Rock in Scheeßel« (vom 1979er Album »Geh zum Teufel«) bringt ihr philiströses Provinzlertum, metrisch wunderbar vereiert, also formal wie inhaltlich auf den Punkt:
Bis 12 spielten Golden Earring / mit Volldampf in die Nacht, /
jeder dachte, dass es losgeht, / da wurde das Licht ausgemacht, //
weder Nektar traten auf, / noch die Byrds aus USA /
für das viele Geld gab es kaum Musik / und deshalb war das Chaos da. //
Rock in Scheeßel / diese Nacht vergess ich nie, /
Rock in Scheeßel / war eine Höllensymphonie, /
Rock in Scheeßel / Feuer in der Nacht /
denn die Wut der Fans hat sich Luft gemacht. //
…
Flammen fragen nicht nach Schuld, / doch ich kann die Fans verstehn //
und dennoch tut es mir sehr weh / die Bühne in Flammen zu sehn.
Sie konnten einfach ihr Maul nicht halten und betourten die Bundesrepublik von oben nach unten, von links nach rechts. Und anschließend gings noch mal im Zickzack durch die Heide, auf dass kein Vereinsheim, Bürgerschützensaal und keine Jugendverwahranstalt verschont bliebe von ihrer »Höllensymphonie«. Und man fragt sich, warum hat ihnen nie, nie, nie einer die Bühne unter den Turnschuhen angezündet …
Franz K. sind der Normalfall, der die Ausnahme umso heller erstrahlen lässt. Bluesiger Hardrock mit deutschen Texten hat nämlich doch schon mal funktioniert. Ein einziges Mal wenigstens, bei Bauer, Garn & Dyke. Das Zweitwerk »Himmel, Arsch & Zwirn« gehört zu den paar unveräußerlichen Alben, ohne deren Kenntnis man nicht mit vollem Recht von sich behaupten kann, man habe gelebt. In Hannes Bauers Händen mutiert die Gitarre zum Flammenwerfer, und wenn es Gerechtigkeit in der Welt gäbe, dann würde man das Konterfei dieses linkshändigen Hamburger Genies in irgendeinen Berg meißeln, gleich neben Rory Gallagher, Billy Gibbons und einem anderen großen Linkshänder.
Bauer besitzt aber nicht nur ein Händchen für Riffs und eine eichhörnchenhafte Leichtigkeit, den Ast rauf und runter zu flitzen, er hat noch dazu eine Sprache gefunden, die seine infantile Freude am Kalauer und Flachwitz mit einer gehörigen Portion Straßenwissen unterfüttert. Er vermengt ohne Kalkül, aber mit viel Spaß an der Sache die bundesrepublikanische Nonsens-Tradition und dezidiert norddeutsche Vaudeville-Komik à la Onkel Pö mit den Stehgreif-Geschichten der alten Bluesmen. Otto, Insterburg & Co und Neue Frankfurter Schule treffen auf Muddy Waters. Etwa wenn Hannes, der alte Schwerenöter, einer gewissen »Marleen« seine Briefmarkensammlung zeigen will.
Sie kommt mit mir nach Haus, und ich steh auf’m Schlauch /
Sie fragt, warum ich eine nach der andern rauch /
Und ob sie nun die Briefmarken ankucken kann /
Oh Mann, oh Mann, oh Mann //
Ich hab gar keine, kommt es aus mir heraus /
Sie sagt: Macht nix, Hansi, dreh die Lampe aus /
Bei uns kann die Post auch ohne Marken abgehn /
Wie schön, wie schön, wie schön /
Wenn er seine Faves übersetzt, Gallagher, ZZ Top et al., ist das schön und gut. Viel besser aber sind seine kerosingetriebenen Eigenkompositionen, in denen Noten und Worte wieder einmal diese kongeniale Verbindung eingehen, die man bei den großen Bluesmen findet. Aber Bauer hat viel mehr zu bieten als nur den Blues. »Pyro-Manni« etwa ist ein lupenreiner Hardrock-Riffer, dessen Solo förmlich explodiert und dessen Irrwitz seinem Protagonisten in nichts nachsteht. Hier ist gepflegtes Headbanging sogar mal auf (mehr oder weniger) Hochdeutsch möglich.
Schon als Kind spielte Manni immer gerne mit dem Feuer /
Vater wars egal, Mutter war es nicht geheuer. /
Eines Tages steckte er den ganze