HEAR 'EM ALL. Группа авторов

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Metal-Band mit Punk-Attitüde.«

      Obwohl »Killers« auch aufgrund Martin Birchs präziser Produktion (Steve Harris durfte hier das erste Mal seinen Bass reindrehen, bis er das prädominante Instrument ist) diese Attitüde am besten von allen Maiden-Alben spiegelt, handelt es sich bei dem Songmaterial eher um die Resterampe von Maidens erster Schreibphase. Doch vielleicht macht gerade das die Platte so ungezwungen, so wild und divers. Der Journalist Martin Popoff beschreibt es so: »›Killers‹ hat mehr Kudos verdient … Hier sind die Ideen cleverer, das Spiel mutiger und demonstrativer. Ein beeindruckendes Paket, das die erste Platte insgeheim sogar ein bisschen naiv wirken lässt.«

      Im Vergleich zum nachfolgenden Greatest-Hits-Automaten »The Number Of The Beast« hat »Killers« außer dem Titelstück und »Wrathchild« keine echten Klassiker zu bieten, doch gerade das macht eine ständige Wiederentdeckung so reizvoll. »Killers« lehnt sich immer ein paar Zentimeter zu weit aus dem Fenster. Es übertreibt mit zwei Instrumentals (»Ides Of March« und »Genghis Khan«), wird einen Tick zu standardrockig mit »Another Life«, »Innocent Exile« und dem unterschätzten »Murders In The Rue Morgue«, versteigt sich in psychedelischen Rudimenten bei »Prodigal Son« und wird zu hektisch bei »Drifter« und dem grandiosen »Purgatory«, dessen Maxisingle einer von Derek Riggs’ besten Eddies ziert. Und auch wenn Neumitglied Adrian Smith auf »Killers« im Grunde noch nichts zu sagen hat, steht er als der Melodiker von Maiden schon hier für das Konzept Lässigkeit über Habitus.

      Am Ende hat »Killers« nicht nur Paul Di’Anno den Kopf gekostet, sondern Bruce Dickinson einen neuen Job eingebracht. Für seine Audition hat er eigene Versionen von »Killers« und »Wrathchild« eingesungen und sie Harris geschickt. Dem scheinen sie offensichtlich gefallen zu haben, doch ich bleibe dabei: »Wrathchild« hatte nie mehr Wut und »Killers« mehr Mordlust als bei Di’Anno. Der übrigens heute noch Punk ist und im Rollstuhl »Wrathchild« singt, selbst wenn er sich den Text nicht mehr merken kann.

MOTÖRHEADNo Sleep ’til Hammersmith Christina Mohr

      [Bronze, 1981]

      Die Gemeinde wird es nicht gerne hören, aber ich behaupte, dass Motörhead eine Konsensband sind – weil sich Metaller, Punks, Hippies und kleine Schulmädchen, wie ich es anno 1981 war, auf Lemmy & Co. einigen konnten, obwohl Motörhead zumindest für mich zum Krassesten gehörten, was mir bis dato untergekommen war. Abgesehen von The Exploited, was mir heute eher niedlich erscheint.

      Apropos niedlich: Als ich zum ersten Mal mit Motörhead in Berührung kam, hingen in meinem Kinderzimmer Poster von The Teens und Duran Duran. Meine beste Freundin, die mehr Geld für den Plattenkauf zur Verfügung hatte als ich, schleppte irgendwann »Ace of Spades« an: auf dem Cover drei räudige alte Männer (die damals auch erst 35 waren) im Tex-Mex-Wüstenlook, das wirkte gefährlich und lächerlich zugleich. Die Musik allerdings war das Gegenteil von lächerlich – mit nie gehörter Geschwindigkeit und Lautstärke bretterte der Titeltrack aus den Boxen, föhnte uns die Kleinmädchenfrisuren nach hinten, whoah! Das hatte nichts mit dem schwerfälligen, gniedeligen, gitarrensoliverliebten Hardrock à la Deep Purple oder Black Sabbath zu tun, was unsere Eltern auflegten, wenn sie sich mal wieder jung und verwegen fühlen wollten. Das hier war … Rock’n’Roll, wie ich wenig später erfahren sollte. Denn »Ace of Spades« war ein Anfang, brachte mich aber noch nicht dazu, das Teens-Poster abzuhängen oder weniger Duran Duran zu hören. Warum auch?

      Komplett überzeugen oder besser: überwältigen, überrollen, gefangen nehmen konnte mich erst Motörheads Livealbum »No Sleep ’til Hammersmith«, das überall, nur nicht im Hammersmith Odeon entstanden war: »We are Motörhead and we play Rock’n’Roll«, röchelte Lemmy damals noch nicht zur Begrüßung ins Mikrofon, stattdessen hörte man die letzten Reste eines Intros, danach brach die Speed-Hölle los, elf meistens irrsinnig schnelle Stücke lang, von »Ace of Spades«, womit auch dieses Album begann, bis »Motorhead, you can call me Motorhead, alright!«, dem unkaputtbaren Schlachtgesang am Schluss, den auch die Kleinstadtpunks mitgrölten, auch wenn sie ganz anders aussahen als die langhaarigen Amphetaminjünger aus dem United Kingdom. »No Sleep ’til Hammersmith«, aufgenommen auf eine Chromdioxid-Cassette, auf der Rückseite wahrscheinlich die B-52’s, Talking Heads oder Kate Bush, begleitete mich viele Jahre lang – bis ich Ende der 1990er-Jahre von einer Kommilitonin die Vinyl-LP bekam. Im Tausch gegen eine löchrige Jeans.

SAGAWorlds Apart Joachim Hiller

      [Polydor, 1981]

      Weiß der Teufel, was wir uns damals dachten. Wir glaubten, wir seien die Härtesten, wegen unserer Musik. Wir hörten ja schließlich Rockmusik. Asia zum Beispiel. Oder Nightranger. Oder Foreigner. Oder Loverboy. Oder … Saga. 1983 wurde ich gefirmt. Das Katholenritual zur finalen Knutung der Jugend. Meine Mutter übernahm die Indoktrination der Firmlinge im heimischen Esszimmer, zum Glück waren meine besten Freunde in der Gruppe und auch … Mädchen! Eine gute Gelegenheit, die früher Eintreffenden mit den aktuellen musikalischen Neuerwerbungen zu beeindrucken, zumindest für ein paar Minuten. Und es muss ungefähr zu dieser Zeit gewesen sein, dass ich das 1981 in Deutschland auf Polydor erschienene »Worlds Apart«-Album der Kanadier Saga beim örtlichen Fachhändler »Günthers Plattenladen« erworben hatte.

      Saga waren 1977 in Oakville südlich von Toronto gegründet worden, von den beiden Brüdern Jim und Ian Crichton. Michael Sadler wurde Sänger, wobei Ian und Michael die Hauptsongwriter waren und sich an allen Instrumenten (inklusive des mächtigen Moog-Synthies) austobten. »Worlds Apart« war schon ihr viertes Album, bereits mit dem titellosen Debüt von 1978 hatten sie in Deutschland (und Puerto Rico!) einen Überraschungserfolg erzielt, aber erst mit dem 1981er Album, in Großbritannien von Rupert Hine aufgenommen, kam auch der Durchruch im Megamarkt USA. Bis heute ist die Band aktiv, tingelt wahrscheinlich regelmäßig durch die ländlichen Regionen Westdeutschlands.

      Das Online-Lexikon meiner Wahl rubriziert die Band tatsächlich neben dem nachvollziehbaren Progressive Rock auch als Power Pop und New Wave, doch speziell letzteres ist unfassbar absurd. Für mich, für uns war das damals Hardrock, das Gegenteil von Radio-Weichspüler-Pop, echte, ernsthafte Musik im Gegensatz zur von der Industrie verunstalten NDW. Dass manche Musik freilich besser altert als andere ist eine Binsenweisheit, und so löst das Hören von »Worlds Apart« heute eine Mischung aus Verwunderung, Entsetzen und Fremdscham aus. DAS fand ich mal gut?!? Doch lasse ich mich auf diesen Bombast ein, verschaffen mir Saga auch heute noch Gänsehautmomente, meiner Gattin, musikalisch ähnlich sozialisiert, geht es genauso. »On The Loose«, der Opener, hat kaum begonnen, und schon richten sich die Härchen auf dem Unterarm auf. Genau wie bei Song A3, »Wind Him Up«. Beides ist pompösester Pompösrock, aufgesupert mit allem, was die damalige analoge Studiotechnik so zu bieten hatte, und eine Extraportion flächige Synthie-Sahne gab es noch on top. Doch bei entemotionalisierter Betrachtung muss ich sagen, dass das Album mit dem seltsamen alten Mann auf dem Cover, der mit Schatzkarte im Nebel steht, nicht gut gealtert ist – genau wie der im Herbst 1983 erschienene Nachfolger »Heads Or Tales« mit dem Opener-Hit »The Flyer«.

      Gut für Nachbarn und Eltern, dass mein Budget damals noch nicht für eine richtige Stereoanlage gereicht hatte – ein Dual-Plattenspieler mit Verstärker und schlappen 20 × 20 Watt musste es reißen. Mit mehr Power hätte ich die Bude abgerissen und meine Oma und ihr »Junge, das ist doch keine Musik, das ist doch nur Lärm!« übertönt. Gehört hatte ich Saga zuerst im Radio, auf SDR 3, erwähnte Hits auf BASF- oder Maxell-Chromdioxid-C90ern mitgeschnitten und dann vom Zwanni der Oma die LP gekauft, diese bis zur Materialermüdung gespielt, als Soundtrack endloser, trister Teenager-Sonntagnachmittage. Bis mich irgendwann Punk von diesem Schrott erlöste. Und bis dann 30 Jahre später das süße Gift der Nostalgie seine böse Wirkung entfaltete …

OZZY OSBOURNEDiary Of A Madman Radek Krolczyk

      [Jet, 1981]

      Es war da, und das war ein Glück! »Ozziego – to mam ten


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