Der Kaperschiffer vor hundert Jahren. Фредерик Марриет

Der Kaperschiffer vor hundert Jahren - Фредерик Марриет


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der Sklavenschiffmatrosen vom Boot aus sagen: „heute Abend um acht Uhr wollen wir kommen und die ganze Sache in’s Reine bringen.“ Das Boot schob sodann ab und ruderte nach der Brigg zurück.

      Nun pflegte der Kapitän jeden Abend ans Ufer zu gehen, um mit dem Gouverneur Sangaré zu trinken und zu rauchen. Ich begleitete ihn sehr oft, und das Schiff blieb in solchen Fällen unter der Obhut des zweiten Maten. Auch heute war es meine Absicht gewesen, an’s Land zu gehen, und ich hatte dies dem zweiten Maten mitgetheilt, denn wir gedachten uns nur noch zwei Abende bei dem Fort aufzuhalten; nach dem aber, was ich vernommen, beschloss ich, an Bord zu bleiben. Etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang beklagte ich mich über Kopfweh und Uebelkeit, und setzte mich unter die Zeltdecke über den Hintertheil des Halbdecks. Als der Kapitän heraufkam, um an’s Ufer zu gehen, fragte er mich, ob ich bereit sei; ich gab jedoch keine Antwort, sondern drückte blos die Hand an den Kopf.

      Der Kapitän, welcher meinte, ich werde wohl das in der Gegend herrschende Fieber kriegen, war sehr besorgt, und forderte den zweiten Maten auf, er solle ihm helfen, mich nach meiner Kajüte hinunterzubringen; dann begab er sich an’s Land. Die vier Männer, welche mit mir in der Gefangenschaft gewesen, ruderten wie gewöhnlich das Boot, denn der Kapitän wusste, dass er am Land ihnen besser trauen konnte, als den Uebrigen, welche sich in Branntwein betranken, so oft sich Gelegenheit dazu gab. Ich blieb bis fast acht Uhr in meinem Bette, und kroch dann leise die Hüttenlucke hinauf, um nachzusehen, wer auf dem Deck sei. Die Matrosen befanden sich insgesammt unten in dem Fockpiek beim Nachtessen, und da ich schon früher bemerkt hatte, dass sie ihre Besprechungen in der Back zu halten pflegten, so begab ich mich in das Vorderschiff und bedeckte mich daselbst mit einem Theil des grossen Marssegels, welches die Mannschaft im Laufe des Tages ausgebessert hatte. In solcher Deckung konnte ich Alles hören, was vorging, mochten die Leute in das Fockpiek hinuntergehen oder ihr Gespräch in der Back führen. Ungefähr zehn Minuten nachher vernahm ich den kratzenden Ton des Bootes an der Schiffsseite, und unmittelbar darauf stiegen die Matrosen des Sklavenschiffs auf das Deck.

      „Ist Alles in Richtigkeit?“ fragte Einer von den Leuten des Sklavenschiffs.

      „Ja,“ versetzte unser zweiter Mate. „Der Schiffer ist mit seinen Leuten am Land und der erste Mate hat das Fieber.“

      „Um so besser,“ entgegnete ein Anderer. „So hat man mit Einem weniger anzubinden. Doch jetzt zur Sache, meine Jungen. Wir müssen noch heute Abend Alles ausmachen, so dass wir nicht mehr zusammenzukommen brauchen, bis die ganze Geschichte abgethan ist.“

      Sie begannen sodann sich zu berathen, und ich entnahm aus ihrem Gespräche, dass ihrer Uebereinkunft gemäss unser Schiff geentert und in Besitz genommen werden sollte, sobald es ein Paar Meilen aus der Bai wäre; denn die Sklavenschiffer wagten es nicht, uns anzugreifen, so lange wir in der Nähe des Forts vor Anker lagen. Der zweite Mate und die acht Matrosen, die zu uns gehörten, sollten thun, als leisteten sie Widerstand, bis sie in den Raum hinuntergeschlagen wären; habe man dann das Schiff gewonnen, so wolle man den Kapitän, mich und die andern vier Männer, welche mit dem Boot am Lande waren, für immer zum Schweigen bringen. Hierauf wurde verhandelt, was mit der sehr werthvollen Ladung geschehen, und in welchem Verhältniss nach Verkauf derselben das Geld vertheilt werden sollte. Sofort wurde bereinigt, welche Matrosen man zu Offizieren an Bord des Fahrzeugs machen wollte, das sie ohne Zweifel in ein Piratenschiff umzuwandeln gedachten. Ferner entdeckte ich, im Falle des Gelingens sei es ihre Absicht, ihren eigenen Kapitän und diejenige Mannschaft des Sklavenhändlers, welche es nicht mit ihnen halte, zu tödten, das Schiff aber, welches sehr alt war, in den Grund zu bohren.

      Die Berathung endete mit einem feierlichen schändlichen Eid, welcher Jeden zur Treue und zur Geheimhaltung des Vorhabens verpflichtete; dann stiegen die Matrosen des Sklavenhändlers in ihr Boot und ruderten nach ihrem eigenen Schiff zurück. Der zweite Mate und unsere Leute blieben noch etwa eine Viertelstunde auf dem Deck, stiegen dann insgesammt durch die Leiter nach dem Fockpiek hinunter und suchten ihre Hängematten auf.

      Sobald ich glaubte, mit Sicherheit meinen Platz verlassen zu können, kroch ich aus meinem Lauschwinkelchen hervor und zog mich nach der Kajüte zurück. Es war ein Glück, das ich dies gethan hatte, denn eine Minute später hörte ich Tritte auf dem Deck, und der zweite Mate kam nach der Hüttenlucke herunter, um mich zu fragen, ob ich nicht etwas brauche. Ich antwortete mit Nein; ich fühle mich sehr unwohl, und hoffe nur, dass ich eine leidliche Nacht bekommen möge. Dann fragte ich ihn, ob der Kapitän zurückgekehrt sei, und nach einer verneinenden Erwiederung zog er sich zurück. Sobald ich allein war, begann ich zu erwägen, was sich wohl in dieser verfänglichen Frage anfangen lasse. Ich kannte den Kapitän als einen sehr bedenklichen Mann, und wagte es desshalb nicht, ihm das Geheimniss anzuvertrauen, weil ich voraussah, er werde sich in einer Weise benehmen, welche die Matrosen belehren musste, dass sie entdeckt und ihre Plane verrathen seien. Dagegen konnte ich mich auf meine früheren Leidensgenossen verlassen. Es war Dienstag Abend, und wir hatten uns vorgenommen, am Donnerstag abzufahren. Es gebrach uns an den erforderlichen Vertheidigungsmitteln, da die kleine Kanone an Bord Gallen hatte, und fast nutzlos war; denn wenn sie allenfalls auch noch zu Signalschüssen Dienste leistete, so wäre sie doch sicherlich augenblicklich zersprungen, hätte man sie mit einer Kugel laden wollen. Allerdings waren wir mit Musketen und Stutzsäbeln versehen; aber was konnten wir uns hievon versprechen, wenn wir gegen eine so überlegene Macht anzukämpfen hatten, während zugleich die Meisten der Unsrigen Verräther waren? Natürlich konnten wir unter solchen Umständen unmöglich lange Stand halten. Ich zweifelte nicht daran, dass die Sklavenschiffmatrosen zuerst sich ihres eigenen Fahrzeugs zu bemächtigen gedachten, ehe sie das unsrige angriffen. Allerdings segelten wir in einer Brise schneller, aber die Bai hatte gewöhnlich keinen Wind, und wir mussten schon weit in hoher See stehen, wenn wir von unsern Vortheilen sollten Gebrauch machen können. Ich vermuthete daher, die Meuterer würden die Gelegenheit ersehen, uns zu entern, während wir uns langsam durch’s Wasser bewegten, und ein Boot leicht gegen uns aufkommen konnte. Der Sklavenhändler hatte seine Absicht angedeutet, demnächst auszufahren, um sich anderswo eine Ladung zu verschaffen; es konnte desshalb keinen Argwohn erregen, wenn er gleichzeitig mit uns die Anker lichtete. Den Schutz des Gouverneurs aufzubieten, wäre ein nutzloses Beginnen gewesen, da er uns nicht schirmen konnte, wenn wir einmal aus der Bai draussen waren, und wäre überhaupt ein derartiger Schritt bekannt geworden, so hätte dies nur dazu beigetragen, die Sache zu beschleunigen. Die Matrosen des Sklavenschiffes würden sich, während wir noch vor Anker lagen, unseres Fahrzeuges bemächtigt haben, da die Kugeln des Forts kaum so weit reichten. Nur durch Kriegslist also konnten wir den Klauen dieser Elenden entrinnen. Aber auch angenommen, dass wir ihnen entwischten, so waren wir dennoch in einer äusserst bedenklichen Lage; denn wenn man auch vielleicht auf den Kapitän einigermassen rechnen konnte, so waren wir doch nur sechs gegen neun und konnten dann wohl von unserer eigenen Mannschaft überwältigt werden, die aus entschlossenen, kräftigen Leuten bestand.

      Die ganze Nacht hindurch warf ich mich auf meinem Bette hin und her, und stellte Erwägungen über die Mittel an, die sich möglicher Weise auffinden liessen, bis ich endlich zu einem Entschluss kam. Am andern Morgen begab ich mich auf’s Deck, und erklärte, dass mich das Fieber verlassen habe, obschon ich noch immer sehr unwohl sei. Das Langboot wurde ausgeschickt, um noch mehr Wasser zu holen, und ich trug Sorge dafür, dass der zweite Mate mit den meuterischen acht Matrosen zu diesem Dienst gewählt wurde; sobald sie abgefahren waren, rief ich die anderen vier in’s Vorderkastell, und theilte ihnen mit, was ich gehört hatte. Sie waren höchlich erstaunt, da es ihnen nicht entfernt eingefallen wäre, es könnte etwas derartiges an Bord vorgehen. Ich vertraute ihnen sodann meinen Plan, und sie versprachen mir, mich in Allem zu unterstützen — ja, wenn ich’s zugegeben hätte, so würden die tapferen Leute den Versuch gemacht haben, den zweiten Maten mit den übrigen zu überwältigen, und noch in der Nacht auszusegeln. Dies ging jedoch nicht an, da die Gefahr zu gross war. Sie begriffen mit mir vollständig, dass es unnütz sei, den Kapitän zu unterrichten, und dass wir nichts Weiteres zu thun hätten, als uns diese Leute vom Halse zu schaffen und dann das Fahrzeug so gut wie möglich nach Haus zu bringen. Aber wie es angreifen? Dies war die Hauptfrage. So viel leuchtete Allen ein, dass es nöthig wurde, die Bai bei Nacht zu verlassen, oder es war zu spät. Glücklicherweise wehte bei Nacht stets eine leichte Brise, und da der Mond erst Morgens um drei Uhr aufging, so konnten wir die Dunkelheit benützen, und bis dahin die hohe See erreichen. Der Sklavenhändler


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