Der Hund, der die Welt rettet. Ross Welford

Der Hund, der die Welt rettet - Ross Welford


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von Real Madrid erkennen?« Mich beeindruckte das. »Außerdem mag Mister Masch sie.«

      Also war ich bereit, ihr eine Chance zu geben.

      5. Kapitel

      So sind wir also am Abend desselben Tages in Spanish City gelandet.

      »Hahahahaaa!«, gackert Dr. Pretorius wieder, und ich glaube wirklich nicht, dass sie uns was vorspielt. Sie ist einfach aufgeregt.

      Hinter den Flügeltüren ist es dunkel, komplett finster, bis Dr. Pretorius bellt: »Studiolicht!« Hoch, hoch über uns erwachen gleißend helle Strahler zum Leben, die an schmalen Metallschienen kreuz und quer im Gewölbe befestigt sind.

      Wir stehen in einem riesengroßen runden Raum ohne Fenster, die Wände sind komplett – von oben bis unten – mit einem matten dunkelgrünen Zeug verkleidet … Schaumstoff? Wirkt schwammartig, aber ich traue mich nicht, es anzufassen. Die Decke und der Boden sind mattschwarz und in der Mitte des Raums steht ein einsamer Liegestuhl, so ein altmodisches Teil mit rot-weiß gestreiftem Segeltuch. Sonst nichts.

      Wir befinden uns in der Kuppel von Spanish City, diesem auffälligen moscheeartigen Bau am Strand von Whitley Bay. Und diese Kuppel ist riesig.

      »Gefällt’s euch?« Während ihre Stimme durch die gigantische Leere hallt, macht sie stolz eine ausholende Geste.

      »Jaa!«, antworte ich, und Ramzy nickt, aber noch bevor meine Stimme verklungen ist, funkelt sie mich an.

      »Lügnerin! Wie kann es dir gefallen? Du weißt ja nicht mal, was es ist. Ich habe euch gewarnt. Ihr müsst mir immer die Wahrheit sagen! Also noch mal von vorn. Gefällt’s euch?«

      »Ähm …« Diesmal weiß ich wirklich nicht, was ich sagen soll, und ich habe Angst, was falsch zu machen. Diese Frau kann einen ganz schön einschüchtern. Ramzy rettet mich.

      »Um ehrlich zu sein, Frau Dr. Pretorius«, sagt er, »da ist ja nicht viel zu mögen da. Aber es ist auf jeden Fall beeindruckend. Imposant. Ähm … außergewöhnlich.«

      »Ha! Du lernst schnell! Weiter so. Du kennst eine Menge Wörter. Woher kommst du, mein Junge? In deinem Geordie-Dialekt schwingt noch was anderes mit, nicht wahr?«

      Ramzy zögert. »Hhmm, mein Heimatland existiert nicht mehr. Es gab Krieg und …«

      »Versteh schon, Junge. Wir suchen alle nach einem Zuhause, was? Das hier ist mein Zuhause. Willkommen in meinem Laboratorium. Ha! Kommt mit. Immer schön am Rand bleiben. Und … Moment mal.« Sie schnuppert. »Riecht ihr das? Wie verbranntes Gummi.«

      »Tut mir leid. Das, ähm … das ist Mister Masch. Er hat ein kleines … Verdauungsproblem.«

      Dr. Pretorius hält sich die Hand vors Gesicht und ihre Stimme klingt gedämpft. »Was du nicht sagst!« Ihr Blick wandert von Mister Masch zur Tür, als würde sie ihn am liebsten rausschicken, tut sie aber nicht. Womit sie in meiner Achtung steigt.

      Während wir ihr am Rand des runden Raums entlang folgen, gewöhnen sich meine Augen an das Schummerlicht. Dr. Pretorius öffnet eine Tür und wir drei plus Mister Masch zwängen uns durch einen schmalen Durchgang.

      »Kontrollraumlicht!«

      Grelle Neonröhren erhellen einen lang gestreckten Raum mit weißen Fliesen an Boden und Wänden. Hier gibt es Arbeitsflächen aus Aluminium, mehrere Spülen, einen großen Kühlschrank, einen Herd mit acht Platten und einen schwarzen Eisengrill. Offensichtlich war das mal die Restaurantküche.

      Über einem langen Schreibtisch aus Holz hängen drei riesige Bildschirme an der Wand, dazu gehört ein großes Pult mit Reglern und bunten Knöpfen. So eines haben wir auch in der Schule im Techniklabor. Und überall – auf jedem Regal, auf sämtlichen Flächen – liegt Zeug, unendlich viel Zeug. Kisten mit Kabeln, Ersatzteilen, winzigem Werkzeug, Rollen mit Klebeband, ein Lötkolben, Kästchen mit Nägeln und Schrauben, eine Auswahl an Schutzbrillen, Helmen, Handschuhen und Brillen für Virtual-Reality-Spiele. Manche sind so verstaubt, als hätten sie schon Jahre da herumgelegen. Auf den Brillen stehen Namen wie Google, Vis-Art, Apple, Ocean Blue, Samsung … Manche kenne ich, aber die meisten nicht.

      Auf einer der Arbeitsplatten steht ein Computer mit Monitor, schon ziemlich alt, aus dem letzten Jahrhundert, die Innereien quellen aus dem Gehäuse, als wäre das Gerät mal heruntergefallen und niemand hätte sich die Mühe gemacht, die Teile zusammenzufegen. Hier hat überhaupt schon lange keiner mehr gefegt. Ehrlich gesagt, ist die ganze Bude ziemlich ranzig.

      Unter dem Schreibtisch befinden sich etliche Schränke, in denen wohl die intakten Computer stecken. Ein paar Lichter blinken, aber es ist kein Geräusch zu hören, nicht mal ein Summen.

      Auf einer weiteren Arbeitsplatte liegt ein Brett mit einem eingewickelten Brot, Butter, Käse und in der Spüle daneben stapeln sich dreckige Tassen. Mister Masch hat am Boden ein paar Krümel entdeckt und fahndet nun nach mehr.

      Dr. Pretorius macht es sich mit ihren langen Gliedern in einem Schreibtischstuhl bequem, rückt ihre Brille zurecht und betätigt die Tastatur, woraufhin der mittlere Bildschirm anspringt.

      »Entschuldigt die Unordnung«, sagt sie, aber es klingt nicht sehr reumütig.

      Während sie eifrig tippt, öffnet sich eine Seite nach der anderen. Nun leuchten auch die beiden anderen Monitore auf. Eine Flut von Bildern rauscht vorbei, viel zu schnell, um was zu erkennen, bis ein Strand zu sehen ist.

      Es ist ein bewegliches Bild, das aus drei verschiedenen Perspektiven aufgenommen wurde und jetzt über die Bildschirme ineinander projiziert wird.

      Ich schaue zu Ramzy, der schon seit einer Weile nichts mehr von sich gibt. Mit offenem Mund starrt er auf die Monitore.

      »Keine Sorge«, sagt Dr. Pretorius hinter uns, »das ist noch längst nicht alles. Da.« In jeder Hand hält sie einen Fahrradhelm und wartet, wie wir reagieren. »Macht schon, setzt sie auf«, sagt sie schließlich. »Stellt euch den Helm auf eure Größe ein und zurrt die Riemen fest, fester als sonst.«

      Ein winziger Kopfhörer schmiegt sich bequem in jedes Ohr. Dr. Pretorius hilft uns mit den Riemen und Schnallen, zieht und zerrt, bis Ramzy ruft: »Au, das ist zu eng!«

      »Kriegst du noch Luft?«

      »Ja.«

      »Dann ist es nicht zu eng. Okay, nun folgt mir. Der Hund bleibt hier.« Sie führt uns zurück in die Kuppel, wo wir mit dem Rücken zur grünen Schaumstoffwand stehen.

      Als ich genauer auf den Boden schaue, merke ich, dass er in der Mitte anders ist und wir auf einer Art äußerem Ring stehen. Und dass die Scheibe in der Mitte nicht glatt ist, sondern …? Ich beuge mich dichter drüber.

      »Ein Millimeter große mattschwarze Kugellager«, sagt Dr. Pretorius neben mir. »Millionen davon. Sie reichen einen halben Meter tief. Ihr könnt ruhig drauf laufen, kein Problem. Die Kugellager liegen dicht an dicht. Ihr versinkt schon nicht.«

      Nachdem Dr. Pretorius noch mal die Helme kontrolliert hat, klappt sie einen gebogenen Stahlbügel herunter, der sich wie ein Visier vor die Augen schiebt. »Das ist der 3-D-Generator«, sagt sie. »Am Anfang blendet es ein wenig. Und wahrscheinlich kribbelt es auch auf der Kopfhaut, aber kümmert euch nicht drum.«

      Ramzy sagt: »Ist ja wie im Virtuellen Erlebnisraum in Disneyland!«

      Ich habe den Eindruck, dass er das lieber nicht hätte sagen sollen, aber sicher weiß ich es nicht. Dr. Pretorius blinzelt ein paarmal und atmet tief durch die Nase, als würde sie die Antwort gut abwägen. Endlich sagt sie: »Stimmt haargenau, Kleiner. Ist nur vieeel besser. Dieses Spiel wird die Welt verändern. Gut, da geht’s lang.«

      Sie führt uns zum Liegestuhl. Über die Kugellager läuft es sich wie über weichen Schotter. Merkwürdig.

      »Wenn das Programm startet«, sagt Dr. Pretorius, »bewegt sich der Untergrund ein wenig. Anfangs fühlt es sich vielleicht seltsam an, aber daran gewöhnt ihr euch schnell.« Damit marschiert sie zum Kontrollraum und schließt


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