Wanderung nach dem Schlachtfelde von Leipzig im October 1813. Группа авторов
bestand, sogleich vorwärts zu einer Recognoscirung gegen Weißenfels.
Noch war er nicht zurück, als wir diesen Morgen mit einer großen Volksmenge in Naumburg vor dem Thore nach Weißenfels an der Chaussee standen. Die Gefechte schienen sich zu nähern, denn vor unsern Augen wurden auf der ersten Anhöhe zehn bis zwölf versprengte Franzosen von den Kosaken und Oesterreichischen Dragonern gefangen genommen. Alles harrte mit banger Erwartung auf den Ausgang. Eine heransprengende Ordonnanz kündigte an, die Oesterreicher hätten die Franzosen zurückgedrängt, Graf Gatterburg werde mit den Truppen sogleich zurückkehren. Dieses geschah auch, er kam an der Spitze von leichter Infanterie, und wurde von den biedern Naumburgern, welche in den Oesterreichern, so wie in den Alliirten die längst ersehnten Befreier vom fremden Joche, welches eisern wie auf ganz Deutschland, so ganz vorzüglich auch auf Sachsen gelastet hatte, erblickten, jubelnd empfangen. Graf Gatterburg hatte durch zweckmäßig-genommene Stellungen das weitere Vordringen der Franzosen verhindert, und ihnen glaubend gemacht, daß ein starkes Corps entgegenstünde. Beruhigt kehrten jetzt Alle zur Stadt zurück. Bald darauf zog eine Abtheilung Preußischer Jäger und Kosaken ein. An ihrer Spitze ritt, mit zahlreichem Gefolge, ein Kosakenchef; sein Gepäcke trug ein Kameel, mit bunten Teppichen behangen, und Glöckchen verziert; das Ganze bildete eine malerisch-morgenländische Gruppe.
Entschlossen unsern Weg nach Leipzig fortzusetzen, wählten wir, da Weißenfels noch von den Franzosen besetzt war, nach dem Rathe des Postmeisters, den Weg nach Zeitz. Die Chaussee dahin geht bekanntlich eine Stunde von Naumburg bei dem Dorfe Wethau von der nach Weißenfels führenden Straße Rechts ab. Bis dahin trafen wir noch einzelne Truppen-Abtheilungen der Alliirten, welche noch mehrere Gefangene einbrachten.
Von Wethau bis Zeitz war die Straße vollkommen ruhig. Auf diesem Terrain hatten schon am 10ten October heftige Gefechte Statt. Der Feld-M. Lieut. Fürst Moritz Lichtenstein, welcher mit der ersten leichten Division sich mit dem Streif-Corps des Gen. Lieut. von Thielemann vereinigt hatte, sollte den Marsch des Marschalls Augereau, welcher mit 10,000 Mann Infanterie, und 3000 (aus Spanien kommende) alter Eliten-Cavallerie aus Zwickau durch das Saalthal zur französischen Haupt-Armee eilte, beobachten und möglichst aufhalten. Fürst Lichtenstein ließ deswegen in der Nacht vom 9ten das schon vom Feinde besetzte Dorf Wethau durch das 7te Jäger-Bataillon unter dem Oberst Veyder nehmen, und hielt dadurch den am 10ten mit seinem ganzen Corps von Naumburg in Schlachtordnung anrückenden Marschall Augereau bedeutend auf. Als aber die zahlreiche Cavallerie des Feindes die linke Flanke des Fürsten Lichtenstein umgieng, so zog sich dieser in bester Ordnung zurück, zuerst bis Stößen, dann bis Pretsch. Da entstanden mörderische Cavallerie-Gefechte, wo von beiden Seiten ruhmvoll gekämpft wurde, aber der Verlust auch ansehnlich war. Die Spuren dieser Gefechte waren zu beiden Seiten der Straße noch allenthalben sichtbar.
Die Chaussee endigte ungefähr eine Stunde vor Zeitz, die verdorbenen Wege hielten aber unsere Fahrt auf, und erst in der Dunkelheit kamen wir bei dieser Stadt an. Ringsum brannten die Wachtfeuer des Giulayschen Corps, welches hier größtentheils bivouacquirte. Wir waren an der angeschwollenen Elster, die Fuhrt war nicht zu wagen, doch glücklicherweise fand der Postillon eine militärische Nothbrücke, über die er uns, nicht ohne Gefahr, doch sicher brachte.
Die Brigade des General-Majors von Salins liegt hier in der Stadt, sie rückt noch diese Nacht in die Position von Teuchern, und wird die Franzosen, wenn sie durchbrechen sollten, kräftig empfangen.
Noch kann uns der Oesterreichische Commendant, von dem wir so eben kommen, nicht mit Gewißheit sagen, ob Leipzig in den Händen der Alliirten sey. Unsere Pässe sind weiter auf das Kais[erlich] Oesterr[eichische] Hauptquartier nach Rötha visirt worden, wohin wir Morgen früh abgehen.
Zweiter Brief
Leipzig, den 20sten October
Freuen Sie sich mit mir. Die gute Sache hat nach viertägigem blutigen Kampfe gesiegt. Die Franzosen sind total geschlagen, Napoleon flieht, und die Morgenröthe deutscher Freiheit ist angebrochen. Dank sey es der Eintracht der erhabenen Monarchen, so wie der Tapferkeit Ihrer Heere, welche diese Riesenschlacht ruhmvoll auskämpften. Die alten Fesseln sind zerbrochen, Deutschland wird sich ermannen, und wie ein neuer Phönix aus der Asche hervortreten.
Ich suche mich von den Schreckensbildern, die mich hier so eben umgaben, zu erholen, und mich zu sammeln, um das Tagebuch unserer heutigen Reise fortzuführen. Wir verließen diesen Morgen mit Tagesanbruche Zeitz, um über Pegau nach Rötha ins Oesterreichische Hauptquartier zu fahren. Zeitz und Pegau bilden jetzt die Sustentations-Basis der großen alliirten Armee; in Zeitz sind die Brodmagazine und übrigen Verpflegungen; in Pegau hingegen befinden sich die Reserve-Vorräthe für die Munition. In der ersten Stunde begegneten wir daher vielem Fuhrwerk, welches zwischen beiden Städten wechselte. Eine Stunde vor Pegau eröffnete sich aber ein neues, wirklich imposantes Schauspiel. Zu beiden Seiten der Chaussee lagerten die Russisch-Preußischen Garden und Grenadier-Reserven unter dem Großfürsten Constantin und dem General Miloradowitsch. Hier erfuhren wir zuerst mit Gewißheit die große Nachricht der glorreichen Schlacht. Diese Eliten-Truppen hatten sich gestern gleich vom Schlachtfelde hierher gewendet, um die fliehenden Franzosen in der linken Flanke zu beunruhigen. Während die ganze Gegend umher ein Lustlager der schönsten Truppen zu seyn schien, so kamen uns auf der Heerstraße die ersten Colonnen der Oesterreichischen Armee, das Colloredo’sche Corps, entgegen. Sie verfolgen den geschlagenen Feind, und suchen ihm über Zeitz, Jena und Weimar zuvorzueilen.
Die prächtigen Garde-Regimenter begrüßten aus ihren Bivouacqs die vorüberziehenden Cameraden mit ihren Musikchören, welches die defilirenden Oesterreicher mit schallender Feldmusik erwiederten. Cavallerie und Infanterie waren gleich kernhaft, vorzüglich zeichnete sich die vorüberfahrende russische reitende Artillerie, durch Bespannung und Mannschaft, aus. — Es war ein heiterer schöner Herbstmorgen; so weit das Auge reichte, war Alles mit jubelnden, theils ruhenden, theils vorüberziehenden Truppen bedeckt, es schien ein zusammenhängender Triumphzug zu seyn. Ich hätte das Talent eines Wouverman oder Rugendas haben mögen, um alle diese malerischen Lagerscenen bleibend aufzufassen.
In dem kleinen Städtchen Pegau war das Truppengewühl ungemein groß, man erwartete mit jedem Augenblick das große Hauptquartier unter dem Feldmarschall Fürsten Schwarzenberg. Der General von Langenau, welcher unter dem Chef des Generalstabs, dem Feld-M. Lieut. Grafen Radetzky, mit dem General Trapp die Leitung des Ganzen hat, war bereits angekommen. Da bei dem General von Langenau auch alle Pässe vorgezeigt werden müssen, so waren wir erfreuet, nun der Seitentour nach Rötha überhoben zu seyn. Unsere Pässe wurden noch in derselben Stunde visirt, und man hatte selbst die Güte, uns einen Erlaubniß-Schein auf Postpferde zu bewilligen.
Jedermann prophezeite uns zwar, daß wir dessenungeachtet, da wir der ganzen, von Leipzig auf Pegau im Marsch begriffenen, großen Armee entgegenfuhren, wahrscheinlich auf dem Schlachtfelde bivouacquiren müßten. Doch auf gut Glück beschlossen wir weiter zu fahren, und unser Muth wurde belohnt. Nicht weit von Pegau trafen wir eine Wagen-Colonne kais[erlich] russischer Equipagen, welche sich, unter der Bedeckung von Garde-Kosaken, einen Weg durch die Armee bahnten: an diese mußte sich unser Postillon anschließen, und so gelangten wir ohne Aufenthalt, durch alle Truppenmassen hindurch, Nachmittags 2 Uhr bei Leipzig an. Unser Weg führte uns über Gautsch nach der Brücke von Connewitz, wo wir die ersten Scenen des Schlachtfeldes trafen. Hier am linken Ufer der Pleiße kämpften am 16ten die Oesterreicher vom Meerveldtschen Corps gegen die Franzosen. Letztere, durch das Terrain begünstigt, machten es den Oesterreichern unmöglich, mit Erfolg den Uebergang auf das rechte Pleiße-Ufer zu bewerkstelligen. Viele Tode von den braven Regimentern Bellegarde und Strauch lagen noch auf den Waldwiesen längs dem Flusse zerstreut. Die Brücke war wieder hergestellt. In dem Dorfe Connewitz, bekannt durch die schönen Sommerwohnungen der Leipziger Familien, sah man allenthalben Zerstörung. Diese Scenen häuften sich bis zur Stadt. Die Alleen längs der Chaussee waren niedergehauen, die Garten-Mauern durch Schießscharten