Wanderung nach dem Schlachtfelde von Leipzig im October 1813. Группа авторов
wodurch die Franzosen das äußere Thor in Vertheidigungszustand gesetzt hatten, waren durch das österreichische Geschütz am 19ten Morgens zum Theil niedergeschmettert worden. Gegen dieses Thor kämpften am vorgestrigen Morgen die österreichischen Truppen von dem Colloredoschen Corps, so wie von der Reserve unter dem Erbprinzen von Hessen-Homburg. Zunächst stand die Division Greth von Colloredo. Vor derselben war eine Batterie 6 Pfünder, hinter derselben eine Batterie 12 Pfünder aufgefahren, die Franzosen vertheidigten noch hartnäckig die dem Thore nahgelegenen Gärten, deren Mauern sie allenthalben mit Schießscharten versehen hatten. Die österreichischen Batterien waren zur Beschießung der Stadt, im Fall sich die Franzosen darin noch länger hätten halten wollen, bestimmt; sie erwarteten von den Straßenhäusern bei Stötteritz, wo sich der commandirende Feldmarschall Fürst Schwarzenberg befand, durch 6 Kanonenschüsse das Signal zum Angriff. In der Zwischenzeit kamen zum Petersthor heraus mehrere sächsische Parlamentärs aus der Stadt, welche sich den österreichischen Vorposten mit dem Gesuche näherten, sie zum Kaiser Alexander und dem Fürsten Schwarzenberg zu bringen, indem sie Unterhandlungen des Königs von Sachsen, so wie Bitten der Stadt Leipzig, welche in der jetzigen fürchterlichen Lage das Wohl derselben allein befördern könnten, zu überbringen hätten. Ein österreichischer Major begleitete sie daher zu den Straßenhäusern, wo der Kaiser Alexander, der König von Preußen, der Fürst Schwarzenberg und die ganze Generalität der großen alliirten Armee hielt. Der Kaiser Alexander nahm die Sendung an. Der Stadt wurde Schonung versprochen, alle übrige Unterhandlungen aber abgelehnt. Der Chef des Russischen Generalstabs, General Toll, begleitete die in die Stadt rückkehrenden Parlamentärs, um jedem Mißverständnisse über die Meinung des Kaisers vorzubeugen. Sie nahmen den Weg wieder durch das Petersthor, da am Grimmaischen Thore, welches den Straßenhäusern näher lag, die Armee des Kronprinzen bereits unter heftiger Kanonade vorrückte. Diese Operationen wurden auch während des Unterhandelns keineswegs gehemmt, da man vermuthete, daß der Kaiser Napoleon noch in der Stadt sey, und durch alle Mittel Zeit für den, seiner Armee so nachtheiligen Rückzug gewinnen wollte. Der von der Nord-Armee auf die Grimmaische Vorstadt muthvoll ausgeführte Sturm, und die Besetzung der Stadt, machte nun die Beschießung Leipzigs von der Seite des Petersthors, welche sich der menschenfreundliche Kaiser Alexander auch nur als äußerste Maßregel vorbehielt, unnöthig. —
Wir wanderten weiter gegen Connewitz und Dölitz, wo am 16ten und 18ten die heftigsten Gefechte Statt fanden. Diese Dörfer, so wie Lößnig liegen nahe am rechten Ufer der Pleiße. An dieses stützte sich am 16ten, so wie am 18ten der französische äußerste rechte Flügel. Die Behauptung dieses wichtigen Postens war den Polen unter ihrem Heerführer, dem Fürsten Joseph Poniatowsky, anvertrauet; sie entsprachen der Erwartung des Kaisers Napoleon, und schlugen sich mit ungemeiner Tapferkeit. Zum Soutien Poniatowsky’s war am 16ten und 17ten zwischen Lößnig und Dösen die alte französische Garde aufgestellt; man sieht hieraus, daß der französische Kaiser diesen Punkt mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln halten wollte. Fürst Schwarzenberg gründete am 16ten eine Haupt-Operation auf diesen Punkt. Er ließ deswegen das Meerveldtische Corps am linken Pleißenufer gegen Dölitz und Connewitz vorrücken, stellte die Oesterreichische Reserve zwischen der Pleiße und Elster bei Gautsch auf, und leitete selbst diese Operationen. Gelang es dem Fürsten Schwarzenberg, den Uebergang bei Connewitz mit bedeutenden Massen zu bewerkstelligen, und so den französischen rechten Flügel zu tourniren und aufzurollen, so war die Schlacht am 16ten gewiß gewonnen. Doch die Schwierigkeiten des Terrains, die Tapferkeit der gegenüber stehenden Truppen, vereitelten diese schönen Entwürfe. Der Feldmarschall, welcher durch einige Officiere des Oesterreichischen Generalstabs (bei denen von Russischer Seite auch General Jomini, und der Oberst vom Generalstab, Baron Wolzogen waren) den Gang der Schlacht auf dem Kirchthurme zu Gautsch beobachten ließ, erhielt von ihnen mehrere Meldungen, daß General Graf Wittgenstein, der nebst den Generalen Kleist und Klenau diesen Morgen den Haupt-Angriff gegen die feindliche Position bei Markkleeberg, Wachau und Liebertwolkwitz unternommen hatte, gedrängt werde. Da auch Adjudanten von Wittgenstein herbeieilten, welche um Verstärkung baten, so gieng nun der Fürst Schwarzenberg mit der österreichischen Reserve über Deuben auf das rechte Ufer der Pleiße, ließ durch die Oesterreich[ischen] Reserve-Truppen die ermüdeten Preußisch-Russischen Truppen ablösen, und sicherte so das Schlachtfeld für die folgenden Tage.
Ein aufmerksamer Beobachter, welcher während der Schlachttage in und bei Connewitz gewesen war, theilte uns hier folgende Nachrichten mit, die einige uns noch nicht bekannte Thatsachen enthielten.
„Am 15ten,“ sagte uns der Freund, „war völlige Waffenruhe; Napoleon und der König von Sachsen musterten bei Wachau die Polen.“
„Am 16ten früh gegen 9 Uhr drangen die Alliirten auf der ganzen Linie, und besonders auf der Landstraße von Borna vor, nahmen Crostewitz, Markkleeberg weg, und die Oesterreicher behaupteten auch am linken Pleißenufer das Rittergut Dölitz. An den Pleißenbrücken wurde tiraillirt. Im Ganzen blieben ungefähr die alten Stellungen.“
„Am 17ten war, außer einzelnen Postengefechten, von dieser Seite Ruhe.“
„Am 18ten begann der Kampf schon Morgens ½ 8 Uhr. Gegen 10 Uhr verloren die Franzosen den größten Theil des Dorfes Lößnig und wurden beinahe bis Connewitz zurückgetrieben. Hier setzten sie sich aber unter dem Schutze einer starken Batterie von 15 bis 20 Kanonen, die seitwärts Connewitz aufgestellt war, drangen von Neuem vorwärts, und eroberten wieder die Lößniger Mühle. Der fürchterlichste Kanonendonner rollte beinahe ununterbrochen zwischen Dösen und Meisdorf; starkes Infanterie-Gefecht war an den Brücken, die durch zwei immer abgelöste Compagnien französischer Tirailleurs und durch zwei Kanonen vertheidigt wurden; in allen Dörfern im Umkreise war Feuer. Der Kaiser Napoleon befand sich mit den Garden bei der Quandt’schen Tabacks-Windmühle. Der Marschall Augereau war von 10 bis gegen 1 Uhr am äußersten Ende von Connewitz. Er ließ dem Kaiser einigemal kleine Erfolge rapportiren, bat aber zugleich wiederholt um Verstärkung. Napoleon selbst war gegen 3 Uhr in dieser Gegend. Erst am Abend gegen 10 Uhr hörte die Schlacht auf, bis auf einzelne Postengefechte, welche die ganze Nacht fortdauerten. Das Dorf Lößnig blieb beiden Theilen gemeinschaftlich, und alle französische Corps blieben in der Direction von Probstheida und Stötteritz unter den Waffen. In Connewitz blieben die Franzosen während der ganzen Nacht1), und rund herum bivouacquirten einzelne Abtheilungen.“
„Am 19ten gegen Morgen schienen sich die verschiedenen Corps der Franzosen mehr zu concentriren; doch blieben noch immer einzelne im Dorfe, und viele giengen ab und zu, bis gegen 8 Uhr ganz unerwartet Oesterreichische Landwehr erschien, mehrere Gefangene machte, und die Uebrigen bis gegen Leipzig hin verfolgte. Alle Franzosen, mit denen unser Referent in dieser Nacht zu sprechen Gelegenheit hatte, glaubten, der anbrechende Tag würde die Schlacht erneuern, und die ganze rückgängige Bewegung wurde überhaupt so still vollführt, daß der Erzähler und Mehrere, welche die Nacht in einem, unmittelbar an die Landstraße anstoßenden Garten wachend bivouacquirt hatten, nicht das Geringste davon bemerkten.“
„Am 19ten von 10 Uhr des Morgens an defilirten die Oesterreichischen Truppen, nämlich das Colloredo’sche Corps, so wie die Reserve durch Connewitz zurück. Sie schlugen die Straße nach Pegau ein, um dem fliehenden Feind zuvorzueilen.“
So weit die Privat-Relation, welche als Beitrag zum Ganzen nicht überflüssig seyn wird. In Dölitz wurde am 18ten der tapfere Erbprinz von Hessen-Homburg verwundet. Er hielt zu Pferde im Dorfe, als er einen Streifschuß am Stiefel erhielt. Er stieg vom Pferde, um zu sehen, ob der Fuß verletzt sey, doch war es nicht von Bedeutung. Indem er noch stand, erhielt er einen neuen Schuß in den Schenkel, der ihm nicht erlaubte, das Commando fortzuführen. Er gab es an den F. M. Lieut. Bianchi ab, und ließ sich nach Rötha bringen2).
Von Lößnig wendeten wir uns, Dösen rechts lassend, links, und giengen an einem Wäldchen hin, wo wir starke Verhaue3) bemerkten. Von hier aus erhebt sich das Terrain, und wir kamen zur Schäferei Meisdorf, welche, glaube ich, zum Rittergut von Wachau gehört; die Gebäude dieser Schäferei trugen noch die Spuren des hartnäckigen