Wagnisse in aller Welt. Egon Erwin Kisch

Wagnisse in aller Welt - Egon Erwin Kisch


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Mo­ham­med el Ha­bibs ist der Prinz Is­mail Bey, ein sehr di­cker, le­bens­lus­ti­ger und mit­teil­sa­mer Herr, der aus sei­nem zu­künf­ti­gen Herr­scher­pro­gramm kein Hehl macht und im­mer wie­der­holt, er wer­de sich bei der Thron­be­stei­gung einen or­dent­li­chen Rausch antrin­ken. Der Ver­wirk­li­chung die­ses Ent­schlus­ses sieht man in po­li­ti­schen Krei­sen mit Be­sorg­nis ent­ge­gen, denn auch die jet­zi­gen Räu­sche des star­ken Prin­zen kön­nen von nor­ma­len Men­schen nicht ge­ra­de als un­or­dent­lich qua­li­fi­ziert wer­den.

      Man hofft also, Mo­ham­med el Ha­bib wer­de noch lan­ge kei­nem Nach­fol­ger Platz ma­chen, und die Ara­ber, un­ter­drückt und aus­ge­po­wert, ver­eh­ren in der von Re­li­gi­on und Ge­setz vor­ge­schrie­be­nen Wei­se ih­ren Herr­scher, der ma­len und lie­ben und ko­chen und schnei­dern kann, nur das Bes­te sei­nes Lan­des will und sei­nen Ers­ten Mi­nis­ter ver­prü­gelt hat, »weil die­ser dem Vol­ke wie­der eine Steu­er auf­bür­den woll­te«.

      1 Schwa­dron <<<

      Schon hin­ter der Palacký­brücke, un­ter wel­cher der Mau­tein­neh­mer zu uns ge­ru­dert kam, um die Zahl der aus je zwölf Bal­ken zu­sam­men­ge­setz­ten drei­zehn Ta­feln zu kon­trol­lie­ren, nah­men wir eine schmä­le­re For­ma­ti­on an. Es hieß »ein­zeln ab­fal­len«, denn das Schitt­kau­er Wehr war in der Nähe, sein Durch­lass ist eng. Wäh­rend wir bis­her mit zwei ne­ben­ein­an­der be­fes­tig­ten Holz­ta­feln ge­fah­ren wa­ren, muss­te jetzt die lin­ke Floß­hälf­te los­ge­löst und hin­ten an­ge­bracht wer­den.

      Füh­rer und Ge­hil­fen hat­ten hart zu ar­bei­ten. Durch einen mäch­ti­gen Über­leg­baum wur­de der Vor­der­teil des Flo­ßes mit der nächst­fol­gen­den Ta­fel ver­bun­den, da­mit der Bug von der Ge­walt der Schleu­se nicht zu tief ge­ris­sen wer­de. Die Durch­schlag­stäm­me, die das Bal­ken­dut­zend zu­sam­men­hal­ten, wur­den sehr ge­nau an­ge­se­hen, ob sie nicht schad­haft ge­wor­den sei­en. Hier­auf ka­men die Wei­den­bän­der dar­an – sie knüp­fen die drei­zehn Ta­feln zu ei­ner Ein­heit: dem Floß. Man be­spreng­te sie, um ih­nen ihre Sprö­dig­keit zu neh­men, die Wucht des Schleu­sen­was­sers wür­de sie sonst zer­fet­zen.

      Mit Ener­gie und Schwung sta­chen wir die har­pu­nen­ar­ti­gen Sta­ken in den Moldau­grund und schrit­ten, uns mit dem gan­zen Kör­per ge­gen die ein­ge­bohr­te Stan­ge stem­mend, rüs­tig vor­wärts, wo­bei wir im­mer an der­sel­ben Stel­le blie­ben, da sich das Floß mit glei­cher Schnel­lig­keit in ent­ge­gen­ge­setz­ter Rich­tung be­weg­te.

      An den Ru­dern wa­ren wir be­schäf­tigt, ge­nau in die Ver­län­ge­rung der Schleu­se zu kom­men, was nicht leicht war, denn das Wehr liegt schief im Strom­strich, teilt sich ge­gen das lin­ke Ufer zu in zwei Arme, und das Floß, das mit Mühe rich­tig in die ers­te Schleu­se ein­ge­fah­ren ist, muss we­ni­ge Me­ter hin­ter­her, noch ganz in der Ge­walt des Ge­fäl­les, schon in die zwei­te di­ri­giert wer­den.

      Kra­chend schlu­gen die Stäm­me an den Schleu­sen­rand, aber un­ver­sehrt saus­te un­ser Ge­bälk durch Strö­mung und Gischt. Den Schweiß von der Stir­ne trock­nend, auf­at­mend, lenk­ten wir zum Alt­städ­ter Wehr ein.

      In Hol­le­scho­witz stel­len wir die Sch­reg­ge, den um eine ho­ri­zon­ta­le Ach­se dreh­ba­ren Rie­sen­bal­ken am Bug, senk­recht ins Was­ser, die Spit­ze bohrt sich tief in den Moldau­grund. Äch­zend bleibt un­ser Fahr­zeug ste­hen.

      Nun sprin­gen, ba­lan­cie­ren wir über die in brei­ter Front hier ver­an­ker­ten an­de­ren Flö­ße ans Land, in das Wirts­haus »Baštecký«. Das ist mit Flö­ßern dicht ge­füllt. Ge­sprächsthe­ma: In der Het­zin­sel­schleu­se sei­en zwei Prah­men aus­ein­an­der­ge­gan­gen, und die Be­man­nung, die selbst in Ge­fahr schweb­te, müs­se nun den gan­zen Tag ar­bei­ten, die Stäm­me wie­der­zu­fin­den und zu bin­den. Die Schleu­se ist schlecht, dar­über sind sich alle ei­nig. Auch ge­gen die An­sicht, dass die des­halb an die Statt­hal­te­rei ge­rich­te­te Ein­ga­be ohne Er­folg blei­ben wür­de, er­hebt sich kein Wi­der­spruch. Aber über die Art der Ab­wehr­maß­re­geln ent­spinnt sich eine De­bat­te.

      »Wir soll­ten ein­fach er­klä­ren, dass wir nicht durch­fah­ren!«

      Ein etwa vier­zig­jäh­ri­ger Mann, der ein­zi­ge von den Äl­te­ren, der kei­nen Schnurr­bart trägt, der ein­zi­ge, der das Haar nicht ge­schei­telt hat, son­dern auf­wärts ge­kämmt, ruft es laut durch die Stu­be.

      »Dann fah­ren eben an­de­re durch!« er­wi­dert ihm ein Di­cker vom Steu­er­mann­tisch und wen­det sich bei­fall­hei­schend zu sei­nen Nach­barn. Sie ni­cken, und mit sich zu­frie­den, tut der Di­cke einen Schluck aus sei­nem Bier­glas.

      »Da müs­sen wir’s an­ders ma­chen: pas­si­ve Re­sis­tenz – so­lan­ge die Schleu­se nicht aus­ge­bes­sert wird«, wirft da ein jun­ger Bursch ein, den eine über die lin­ke Ge­sichts­hälf­te, Kinn, Mund­win­kel und Ohr ver­lau­fen­de Schram­me ent­stellt, »wir soll­ten die Flö­ße aus­mes­sen. Und wenn ei­nes län­ger ist als hun­dert­drei­ßig Me­ter, soll­ten wir nicht dar­auf fah­ren – so wie es das Ge­setz vor­schreibt.«

      »Das ist un­mög­lich«, be­haup­tet ei­ner vom Rat der Al­ten. »Man kann doch die Stäm­me nicht ab­schnei­den, wenn sie um einen Me­ter län­ger sind!«

      »So müss­te eben eine Ta­fel we­ni­ger an­ge­kop­pelt wer­den«, meint der Floß­füh­rer mit der Schram­me.

      »Na, dann legt man sie als Fracht auf die Prah­men, und du bist ge­ra­de dort, wo du warst. Im Üb­ri­gen wür­de sich das Aus­mes­sen der Flö­ße nur ge­gen die Holz­händ­ler rich­ten, und die ha­ben mit der Schleu­se nichts zu tun.«

      »Die Holz­händ­ler ha­ben nichts da­mit zu tun«, der Glat­tra­sier­te mit dem auf­wärts ge­kämm­ten Haar lacht iro­nisch, »die Holz­händ­ler ha­ben nur so lan­ge nichts da­mit zu tun, so­lan­ge wir sol­che Scheiß­ker­le sind wie bis­her.«

      Auch der mit der Schram­me lässt nicht lo­cker. »Wenn sich die Her­ren der Sa­che an­neh­men, wür­de schnell Ab­hil­fe ge­schaf­fen!«

      »Dreck!« sucht ihn der Di­cke zu be­leh­ren. »Die Holz­händ­ler ha­ben sich ge­gen die gan­ze Kana­li­sie­rung ein­ge­setzt, weil sie die Flö­ße­rei fast rui­niert hat. Und was hat’s ih­nen genützt?«

      »Na, sie ha­ben sich doch schad­los ge­hal­ten!«

      »Wie­so hat die Kana­li­sie­rung den Floß­trans­port fast rui­niert?«

      »Weil sie die


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