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spielt, seine Schmachtlocke ist scharf übers rechte Auge gekämmt.
»Na, du schmuggelst ja doch immer ein Mädel mit! Und wenn du es unter dem Floß vor dem Wehrmeister verstecken müsstest.« Selbstgefällig streicht der Don Juan von der Wasserkante seine Stirnlocke mit der Handfläche zurecht.
Ein zerrunzelt-brauner Veteran packt seine Erinnerungen aus: »Ja, ja, früher – da war’s eine Kunst, zu flößen. Wenn man sich nicht auskannte, schwups, saß man auf dem Trockenen. Im zweiundachtziger Jahr, wie ich noch jung war, im Juni zweiundachtzig, bin ich mit zwei anderen Burschen am alten Buchta vorübergefahren. Der Buchta, das war ein guter Steuermann. Jetzt ist er schon lang tot. Also, damals, wie ich an ihm vorbeigefahren bin, war er gerade auf einer Sandbank steckengeblieben und musste Wasser stauen, um die Prahme3 flottzukriegen. Als wir vorbeischwammen, hat er geschimpft, der alte Buchta: ›Verfluchte Lausbuben! Wir alten Esel bleiben stecken, und die fahren glatt vorbei! Der Teufel soll euch holen!‹, hat er gebrüllt, der alte Buchta.«
Hätte der Nestor der Steuerleute hinzugefügt, ein solches Auffahren auf Sand könne heute nicht mehr vorkommen, so ließe sich glauben, diese wenig sensationelle Geschichte vom alten Buchta sei zur Illustration der Tatsache erzählt worden, dass einstmals selbst der erfahrenste Steuermann böse Fahrtunterbrechungen erleiden konnte. Aber der Erzähler hat darauf verzichtet. Offen und stolz rühmt er sich des Buchtaschen Zitats – Wortlaut und Datum hat er sich gemerkt, jahrzehntelang, in denen er etwa zwölfhundert Floßfahrten unternommen. Der Fluch des alten Buchta ist ihm ein kostbares Vermächtnis.
Ein Angestellter der Schifffahrtsgesellschaft tritt in die Gaststube und meldet, der Remorqueur, der andere Flöße bis Troja gezogen, sei eben zurückgekehrt. Aufbruch. Bald schwimmen wir wieder talwärts.
Im Karolinentaler Hafen werden je vier Flöße zu einem Schleppzug, dem »Transport«, rangiert, die beiden vorderen mit zwei Seilen an den Schleppdampfer gebunden, alle vier miteinander verknüpft. Jetzt ist Zeit zur Rast. Nur ab und zu müssen wir an den Vorderrudern arbeiten, um bei scharfen Biegungen des Flusses nicht an das Ufer anzurennen.
Steuermann und Flößer setzen sich auf einen umgestülpten Eimer, stecken die Pfeifen in Brand. Den Feuerherd baut ein Gehilfe, Rasenstücke schlichtet er auf einen Holzstoß, begießt sie mit Wasser und klatscht mit einer Schaufel das Erdreich glatt, wobei Kotpatzen auf uns fliegen; wir quittieren mit Schimpfworten. Von einem Rundbalken wird ein Stück abgesägt, klein gehackt und angezündet. Herdfeuer flackert über den Wassern.
Den großen irdenen Kochtopf haben wir »gekauft« – wir gaben einem der überall heranrudernden Marketender ein ansehnliches Stück Buchenholz dafür. Jetzt brodelt Kaffee darin, dem ein hoher Prozentsatz Rum beigemengt wird. Rücken an Rücken trinken wir den »Schwarzgespritzten«. Um die Fahrt braucht man sich nicht zu kümmern. Unbewegt und lautlos fährt das Vierfloß durch gestautes Wasser, nur sein Bug wird von den leichten Wellen des vorandampfenden Remorqueurs umspült. Dadurch, dass dem Fluss die Strömung genommen ward, hat auch die Uferlandschaft ihr Leben verloren. Den Bäumen, deren Zweige wie geknickt vornüberhängen, den Sträuchern, welche die Ränder des zum Teich gewordenen Flusses garnieren, fehlt das eilende, plätschernde Wasser. Eintönige Gegend. Die Balken des Floßes schaukeln nicht, man spaziert auf ihnen wie auf Parkettboden.
Umso mächtiger der Kontrast, wenn’s durch die Schleusen geht. Etwa zweihundert Schritte vor dem Wehr wendet sich der Dampfer mit einem schrillen Pfiff, die vier Komponenten des Transports knüpfen sich voneinander und vom Remorqueur los und schnellen einzeln – Distanzen von je vierhundert Metern einhaltend – durch die Schleusen.
Aufjauchzen möchte man! Wellen überschwemmen die Balken, peitschen das lodernde Herdfeuer, in das helle Klatschen der Wogen mischt sich dumpfes Krachen der Randbalken, die gegen die Steinwände des flüssigen Hohlweges Sturm laufen und jeden Augenblick zu zerschellen drohen. Manche Tafeln sind durch das darüberschlagende Wasser verdeckt – es sieht aus, als seien die Binden entzweigegangen, das Floß in seine Bestandteile zerrissen.
Die Plattform der Prahme, die erste Tafel, ist vollständig unter den schäumenden Wassermassen vergraben, trotzdem der am zweiten Floßglied befestigte Mastbaum sie krampfhaft hochzerrt. In der Mitte der zweiten Floßtafel steht der Steuermann, an ihrem rechten und linken Rand wir Gehilfen.
Und wenn das Ende der Schleuse nahe ist, der Bug aus der Flut emportaucht, rennen wir, der Wogen nicht achtend, die hoch über unsere Wasserstiefel schlagen, zu den Rudern. Es gilt nach innen zu steuern, sonst würde das künstliche Gefälle unsere schwanke Prahme auf die Uferböschung schleudern.
Kaum sind wir durch, so glätten sich die Wässer, die Hölzer ordnen sich parallel, und an den Exzeß, dessen Spielball man eben war, erinnert nichts mehr. Wirf einen Blick zurück: Ein Floß saust kämpfend hinab …
Hinter jeder Schleuse sammelt sich der Transport von Neuem, ein anderer Schleppdampfer wird vorgespannt bis zum nächsten Wehr.
In Jedibab, einem von Gott und Menschen verlassenen Nest: Nachtquartier. Die Flöße kommen hier in der Dunkelheit an, und da sie die Kammerschleuse nicht mehr passieren können, wandert die Bemannung in das Dorf, zwanzig Minuten auf jämmerlichem Weg – besser geht es sich auf runden, schwimmenden Stämmen. In der Schenke essen wir hartes Brot und ein weiches Ei und trinken warmes Bier. Dann wird Stroh ins Wirtslokal geschafft, und man legt sich hin.
Scharfer Regen peitscht die Fensterscheiben. Das nimmt man schadenfroh zur Kenntnis, denn einer von uns hat erklärt, es falle ihm nicht ein, das teure Hotellogis zu bezahlen (in Jedibab beträgt der Preis für das Nachtlager acht Heller, in einigen anderen Stationen wird nichts berechnet), und ist auf dem Floß geblieben. Wir anderen malen uns aus, wie wir ihn am Morgen uzen wollen. Aber dazu kommt es nicht.
Als um Viertel zwei Uhr nachts aufgestanden und die Weiterreise angetreten wird, gießt der Himmel noch immer Wassermassen auf das Floß, das oben ebenso nass ist wie unten. Die Balken sind glatt, bei jedem Schritt rutscht man aus und fällt in das tote Wasser zwischen den Balken. Finstere Berge liegen wenige Schritte vor uns und verstellen den ganzen Strom – Wolken sind es.
Weiter geht die Fahrt, ununterbrochen, ununterbrochen, aber da sich die Distanz zwischen uns und dem schwarzen Gebirge durch Stunden nicht verringert und im Nebel die Ufer nicht erkennbar sind, scheint es, als ob die Prahme, von einer unsichtbaren Schregge festgehalten, sich nicht von der Stelle rühre.
Uns knurrt der Magen. Im