Marketing. Richard Kühn

Marketing - Richard Kühn


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Aus praxisorientierter Sicht wird in diesem Buch für diese zweite Art der Segmentdefinition der Ausdruck fundierte Segmente vorgezogen. B 2-1 enthält ein Beispiel zur Illustration des Konzepts fundierter Marktsegmente.

       B 2-1: Empirisch fundierte Marktsegmente3

      Auf der Basis einer repräsentativen Erhebung des Reiseverhaltens bei 2000 Haushalten wurden durch das Institut für öffentliche Dienstleistungen und Tourismus der Universität St. Gallen für den Schweizer Reisemarkt vier Marktsegmente ermittelt, die wie folgt charakterisiert werden:

       Segment 1: „Emotionslose Alleinreisende“

      16.8% der Reisenden sind diesem Segment zuzuordnen. Es handelt sich dabei um überwiegend junge Reisende (60% jünger als 35 Jahre), die keine besonderen Anforderungen stellen. Als Reisegrund stehen Verwandtenbesuche und andere, auch nichtberufliche, ‚Zwangsfaktoren‘ im Vordergrund. Wegen der geringen Reisemotivation sind die Reisen dann auch sehr kurz (60% kürzer als drei Übernachtungen).

       Segment 2: „Kulturorientierte Hedonisten“

      Dieses Segment umfasst 21.7% der Reisenden. Die kulturorientierten Hedonisten begeistern sich vor allem für Kultur, aber auch Natur und legen einen hohen Wert auf Komfort. Es handelt sich dabei um zumeist gut ausgebildete Personen ab 45 Jahren, die oft aus Zweipersonenhaushalten stammen und meist auch zu zweit reisen. Die vorherrschenden Reisetypen sind Rundreisen, Städte- sowie Studienreisen.

       Segment 3: „Familienorientierte“

      28.7% der Reisenden sind diesem Segment zuzuordnen. Das wichtigste Reisemotiv ist, Zeit mit der Familie zu verbringen. Relativ wichtig ist aber auch noch die Möglichkeit, Sport zu treiben. Ca. 30% der Reisenden in diesem Segment sind jünger als 15 Jahre und reisen demnach zusammen mit drei oder vier anderen Personen aus dem gleichen Haushalt. Die Reisetypen sind hier in erster Linie Verwandtenbesuche sowie Sommer- und Winterferien in den Bergen.

       Segment 4: „Me(e/a)t-Marketer“

      Bei diesem Segment handelt es sich mit 32.8% um die zahlenmässig stärkste Gruppe. Höchstes Gewicht hat das Motiv, Zeit für den Partner zu haben. Weiterhin wichtig sind auch die Möglichkeiten, Sport zu treiben, etwas für die Schönheit zu tun, sich zu sonnen, zu baden und flexibel zu sein. Bei diesem Segment handelt es sich einerseits um Familien mit Teenagern und andererseits um junge Reisende. Vorherrschende Reisetypen sind Badeferien sowie Ferien im Schnee.

      Die Bedeutung der Marktsegmente liegt darin, dass sie entsprechend den Grundprinzipien des bedürfnisorientierten Marketing nach Angeboten verlangen, welche den spezifischen Bedürfnissen der entsprechenden Produktverwendergruppe angepasst sind. Die Nichtbeachtung dieses Prinzips wurde Henry Ford fast einmal zum Verhängnis, als er mit seinem berühmten Modell „Ford T“ weiterhin versuchte, den Gesamtmarkt zu bearbeiten, obwohl sich längst Marktsegmente gebildet hatten.

      Nicht zu verwechseln mit den am Typ des Produktverwenders orientierten Marktsegmenten sind „Teilmärkte“.

      Diese Bezeichnung wird verwendet, wenn ein Markt unter Benutzung von (häufig technischen) Produktmerkmalen in Untermärkte zerlegt wird. So kann beispielsweise der Uhrenmarkt unterteilt werden in die Teilmärkte Armbanduhren, Taschenuhren, Wanduhren, Standuhren und Wecker.

      a) Begriffe und Arten

      Absatzmittler gibt es in vielen Märkten. Sie sind gleichzeitig Kunden der Hersteller und Anbieter, die als Erbringer von Distributionsleistungen einen Marketingmix gestalten. Generell sind zwei Arten von Absatzmittlern zu unterscheiden.

      In den meisten Konsumgüter- und gewissen Industriegütermärkten fungieren Handelsunternehmen als Verteiler oder Distributoren.

      Handelsunternehmen kaufen gebrauchs- oder verbrauchsfertige Produkte der Hersteller und verkaufen sie weitgehend unverändert an Produktverwender.

      Handelt es sich bei den angesprochenen Produktverwendern um Privathaushalte, werden die entsprechenden Distributoren als „Einzelhändler“ oder „Detailhändler“ bezeichnet. Beispiele reichen von Grossunternehmen wie Migros, Coop über mittelgrosse Verteiler wie Interdiscount, Mediamarkt bis zu Klein- und Kleinstfirmen in Form von klassischen Lebensmittelgeschäften (man spricht auch von „Tante Emma Läden“) und Modeboutiquen. Erfolgt der Verkauf dagegen primär an Unternehmen, Verwaltungen oder an andere Händler (insbesondere Detailhändler), so spricht man von „Grosshändlern“ oder „Grossisten“. Diese haben in vielen Märkten ihre frühere Bedeutung verloren, da grosse Hersteller mit grossen Detailhandelsunternehmen direkt in Kontakt stehen und keine weiteren Vermittler benötigen. Es gibt jedoch weiterhin eine Reihe von Märkten, in denen die Grosshandelsstufe eine Rolle spielt. Als Beispiele lassen sich u.a. der „Baumaterialhandel“, der auf den Verkauf an Landwirtschaftsunternehmen spezialisierte „Landhandel“ oder der „Gastronomie-Grosshandel“ als Belieferer der Gaststätten, Hotels und Kantinen erwähnen.

      Die zweite Art von Absatzmittlern, Absatzmittler im engeren Sinne, umfassen Unternehmen, die auf fremde Rechnung, normalerweise gegen Provision, Vertragsabschlüsse zwischen Anbietern von materiellen Gütern insbesondere aber auch von Dienstleistungen und Produktverwendern vermitteln.

      Absatzmittler im engeren Sinn spielen insbesondere in Dienstleistungsmärkten eine wesentliche Rolle. Als Beispiele lassen sich u.a. Makler als Vermittler von Versicherungen oder Finanzanlagen sowie Reisebüros als Vermittler von Tourismusdienstleistungen anführen.

      In gewissen Märkten übernehmen auch Personen bzw. Organisationen Absatzmittler-, insbesondere Zwischenhandelsfunktionen, die von Marketinglaien nicht als Händler eingestuft werden. Dies gilt z.B. für Veterinäre, die Tierheilmittel weiterverkaufen, oder für Treuhandunternehmen, die Versicherungsverträge vermitteln.

      Nicht zu den Absatzmittlern zählen dagegen die von einem Unternehmen selbst angestellten und entlöhnten Verkaufsorgane (Vertreter, Reisende) sowie die Verkaufsfilialen. Da deren Einsatz weitgehend führungsmässig gesteuert werden kann, werden sie aus Marketingsicht zu kontrolliert einsetzbaren „Instrumenten“ und damit Bestandteil der Elemente Unternehmen bzw. Konkurrenzunternehmen.

      b) Absatzwege und Absatzkanäle

      Aus der Sicht der Hersteller übernehmen Absatzmittler für diese wichtige Marketingaufgaben, insbesondere Distributionsaufgaben (mit der Bereitstellung der Waren für Produktverwender) und Verkaufsaufgaben durch Verkäufereinsatz oder Gestaltung von Selbstbedienungsgeschäften. Für die Übernahme dieser Aufgaben wird der Absatzmittler mit einer Marge entschädigt. Für den Hersteller entsteht somit die Frage, ob er die Produktverwender direkt bedienen soll, oder ob es sich lohnt, z.B. Grosshändler und/ oder Detailhändler einzuschalten.

      Werden zur Erledigung der Marketingaufgaben Absatzmittler eingeschaltet, so wird von einem indirekten Absatzweg gesprochen. Gelangt ein Unternehmen dagegen unmittelbar – ohne Mithilfe von Absatzmittlern – an die Produktverwender, so gebraucht es einen direkten Absatzweg.

      Der indirekte Absatz ist in Konsumgütermärkten der Normalfall. Es existieren allerdings bedeutsame Ausnahmen wie z.B. der Direktverkauf ab Fabrik im Möbel- und Textilmarkt. Im Investitionsgüterbereich wird häufiger und im Dienstleistungsbereich sogar vorwiegend der direkte Absatzweg verwendet.

      Existieren für den indirekten Absatzweg verschiedene Typen von Handelsunternehmen oder von anderen Absatzmittlern, so spricht man von Absatzkanälen.

      Präziser lassen sich Absatzkanäle definieren als Gruppen von Organisationen,

       die sich primär durch ein bestimmtes Marketingauftreten gegenüber den Produktverwendern,

       häufig aber auch durch ein bestimmtes Einkaufsverhalten gegenüber den Produzenten auszeichnen.

      So werden in Konsumgütermärkten auf der Detailhandelsebene


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