Marketing. Richard Kühn

Marketing - Richard Kühn


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       Rechtswissenschaften (z.B. Informationen zu den rechtlichen Rahmenbedingungen)

       Ingenieur- und Naturwissenschaften (z.B. Informationen über Produkteigenschaften und Produktionsprozesse)

      Um die Erkenntnisse aus allen relevanten Wissensbereichen bei Marketingüberlegungen berücksichtigen zu können, wird ein Gedankenrahmen benötigt. Dieser soll es ermöglichen, die verschiedenen Aspekte des Marktgeschehens systematisch zu erfassen und abzubilden. Einen derartigen Gedankenrahmen bietet der Systemansatz. Seine Anwendung erlaubt es, das komplizierte Netz von Beziehungen zwischen den Menschen, die am Austauschprozess eines Marktes teilnehmen, zu ordnen und in seinen Zusammenhängen zu begreifen. Menschen spielen im Markt sowohl als Mitglieder von Organisationen (Unternehmen, staatlichen Institutionen etc.) als auch als Privatpersonen eine zentrale Rolle. Sie bestimmen letztlich das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage.

      Der Systemansatz wurde insbesondere von Ulrich als Hilfsmittel zur Erfassung betriebswirtschaftlicher Tatbestände propagiert.1 Für seine Anwendung ist die Definition des Systembegriffs von zentraler Bedeutung.

      Ein System wird im Allgemeinen verstanden als

       eine geordnete Gesamtheit von Elementen,

       die bestimmte Eigenschaften oder Merkmale aufweisen und

       zwischen denen Beziehungen bestehen oder hergestellt werden können.

      Diese Begriffsumschreibung ist formal und abstrakt. Ein System gewinnt erst konkreten Inhalt, wenn man ausgehend von einem bestimmten Anwendungszweck festlegt, was als System, als Elemente und als Beziehungen angesehen werden soll.

      Der aus Marketingsicht interessierende Anwendungszweck des Systemansatzes ist die Beschreibung des Marktgeschehens als Grundlage für ein besseres Verständnis der Marktzusammenhänge und Marktentwicklungen. Bezogen auf diesen Zweck liegt es nahe,

       als System einen spezifischen Absatzmarkt zu wählen,

       Elemente als Gruppen von Unternehmen, von anderen Organisationen oder von Einzelpersonen aufzufassen, die im Austauschprozess des Marktes spezifische Rollen spielen (z.B. Konsumenten, Handel, Konkurrenten),

       die Beziehungen in erster Linie als Übertragung von materiellen Gütern, Dienstleistungen, Informationen und Geldmittel zwischen diesen Elementen zu definieren und

       von den vielen möglichen Eigenschaften, mit denen die Elemente näher beschrieben werden können, vor allem jene zu beachten, die das Kaufverhalten der Produktverwender und das Angebotsverhalten der Hersteller beeinflussen (z.B. die Bedürfnisse der Produktverwender sowie alle diese Bedürfnisse mitbeeinflussenden Faktoren).

      Das Marktsystem ist in die marktrelevante Umwelt eingebettet. Entwicklungen von Umweltfaktoren verändern die Eigenschaften der Systemelemente und beeinflussen damit wesentlich die langfristige Entwicklung des betrachteten Marktes. Im Allgemeinen werden folgende Arten von Umweltfaktoren unterschieden:

       Wirtschaftliche Umweltfaktoren (z.B. konjunkturelle Situation, Wechselkurse, Rohstoffpreise)

       Demographische und soziale Umweltfaktoren (z.B. Alters- und Einkommensstruktur der Bevölkerung, Wertewandel, Interessenverbände)

       Technologische und ökologische Umweltfaktoren (z.B. neue Technologien, Umweltbelastung)

       Politische und rechtliche Umweltfaktoren (z.B. Steuersystem, Wettbewerbspolitik, Markenrechte)

      Abbildung 2-1 zeigt eine standardisierte Darstellung eines Marktes als System. Die Struktur dieses Marktsystems dürfte für eine Reihe von Konsumgütermärkten typisch sein, muss aber für viele Dienstleistungs- und Investitionsgütermärkte entsprechend den dort herrschenden Verhältnissen angepasst werden. Es kommt vor allem häufig vor, dass kein Element „Handel“ vorhanden ist oder dass mehrere Stufen von Handelsorganisationen oder von Produktverwendern zu berücksichtigen sind.

      Abb. 2-1: Das Marktgeschehen als System

      In Abbildung 2-1 werden folgende Elemente unterschieden:

       das Unternehmen, aus dessen Sicht die Marktsituation erfasst werden soll

       die Konkurrenzunternehmen, die im gleichen Markt aktiv sind

       die Produktverwender, die als Käufer und Verwender im Markt auftreten

       die Absatzmittler, insbesondere die Händler, die in der Distribution und/ oder im Verkauf eine Rolle spielen

       externe Beeinflusser, deren Meinungen für die Kaufentscheide der Produktverwender und u.U. auch der Absatzmittler von Bedeutung sind

      Die Elemente „eigenes Unternehmen“ und „Konkurrenzunternehmen“ repräsentieren die Angebotsseite des betrachteten Marktes. Die Begriffe sind nicht weiter erklärungsbedürftig. Es sind jedoch einige ergänzende Bemerkungen am Platz, um ihre Anwendung zur Erfassung des Marktgeschehens zu präzisieren.

      Unternehmen sind oft mit verschiedenen Angeboten auf mehreren, wenn nicht vielen Märkten tätig. Im vorliegenden Zusammenhang geht es um die Beschreibung eines spezifischen Absatzmarktes und der für ihn relevanten Anbieter. Es macht deshalb Sinn, als „eigenes Unternehmen“ nur jene Unternehmensteile und Ressourcen für eine Marktanalyse zu berücksichtigen, die für die Gestaltung des marktrelevanten Angebots von Bedeutung sind. Speziell bei grossen diversifizierten Firmen sind in diesem Sinn je nach betrachtetem Markt nur bestimmte Sparten, Betriebsgesellschaften oder Vertriebsniederlassungen als Gestalter des konkret interessierenden Marketingmix zu erfassen. Andererseits ist zu beachten, dass zur Gestaltung und Realisierung des Marketingmix auf die Leistungen anderer Gesellschaften des Unternehmens und insbesondere auch auf Leistungen von unternehmensexternen Lieferanten zurückgegriffen werden kann. Man denke etwa an Werbeagenturen, Transportunternehmen und Lohnproduzenten, deren Beitrag zum Marketingerfolg einer Firma wesentlich sein kann. Für eine umfassende Analyse z.B. von Stärken und Schwächen erscheint es deshalb oft zweckmässig, gewisse interne und externe Leistungserbringer als Teil des Elements „eigenes Unternehmen“ aufzufassen.

      Als Wettbewerber sind in vielen Märkten neben den direkten Konkurrenten, die im Wesentlichen technologisch vergleichbare Produkte anbieten, sog. Substitutionskonkurrenten zu beachten. Darunter versteht man Anbieter, welche die für den betrachteten Markt relevanten Kundenbedürfnisse mit Hilfe technologisch andersartiger Leistungen zu befriedigen suchen. So wird z.B. die Schweizer Post in ihrem angestammten Markt für Briefpost nicht nur in zunehmenden Masse von ausländischen Postunternehmen als direkten Konkurrenten, sondern insbesondere auch von E-Mail-Anbietern als Substitutionskonkurrenten bedrängt. Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten zur Berücksichtigung der Substitutionskonkurrenz: Man kann sie entweder in das Element „Konkurrenzunternehmen“ integrieren, oder als Umweltfaktor auffassen, welcher die Nachfrage im betrachteten Markt negativ beeinflusst. Im Allgemeinen wird geraten, sie als Umweltfaktoren aufzufassen, um das (im Detail) zu analysierende System nicht zu überlasten und den Analyseaufwand zu begrenzen. Eine Integration in das Element „Konkurrenzunternehmen“ ist nur zu empfehlen, wenn zu spezifischen Substitutionskonkurrenten besonders intensive, für die Gestaltung spezifischer Marketingmassnahmen wichtige Wettbewerbsbeziehungen existieren.

      a) Begriffe und Arten

      Das Element „Produktverwender“ erfasst alle effektiven und potentiellen Nachfrager im betrachteten Markt. In Anlehnung an das anglosächsische Wort „enduser“ wird bewusst ein Ausdruck gewählt, der marktunabhängig ist und deshalb zur Beschreibung von Konsumgüter-, Industriegüter- als auch


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