Gestalt-Traumatherapie. Группа авторов
ressourcenorientierten Vorgehen, eine »Arbeit am Trauma ohne das Trauma selbst zu bearbeiten« (ebd.), sondern in die »erwachsene Erinnerung« (ebd.) zu integrieren.
Krieg und Gewalt
Fritz Perls selbst berichtete von einer Therapie eines traumatisierten KZ-Überlebenden in Südafrika: »Ein Soldat litt am ganzen Körper an blauen Flecken. Als letzter Ausweg wurde er zu mir geschickt. Dieser Soldat hatte einen Ausdruck tiefster Verzweiflung in seinen Augen und war leicht benommen. In der Armee hatten wir natürlich keine Zeit, mit Psychoanalyse oder ähnlichen Formen weitgreifender Psychotherapie herumzuspielen. Ich setzte ihn unter Pentothal und erfuhr, dass er in einem Konzentrationslager gewesen war. Ich sprach Deutsch mit ihm und führte ihn zurück zu den Momenten seiner Verzweiflung und löste den Block, der ihn hinderte zu weinen. Er weinte sich wirklich die Augen aus, oder sollen wir sagen, er weinte sich die Haut ab. Er erwachte in einem Zustand der Verwirrung und dann erwachte er wirklich und hatte die typische Satorieerfahrung, vollkommen und frei in der Welt zu sein. Schließlich ließ er das Konzentrationslager hinter sich und war bei uns. Die blauen Flecken verschwanden« (Perls 1981, 95). Leider ist über die weitere Entwicklung dieses Patienten nichts bekannt. Nach heutigem Kenntnisstand ist zu vermuten, dass diese einmalige Möglichkeit, seine Gefühle auszudrücken und sich innerlich zu lösen, sicher ein entscheidender Heilungsschritt war, der aber vielleicht doch ausreichte.
Crump (1984) berichtet über Gestalttherapie bei Vietnamveteranen, wobei die PTBS vor allem als unfinished business gesehen wird. Der Autor fand besonders die gestalttherapeutische Methode der Arbeit mit Sätzen, verbalen Wiederholungen, Abklärung der Bewusstheit und dem Geschehen eine Stimme zu verleihen geeignet. Crump führt aus, dass es für Vietnamveteranen z.T. unmöglich ist, emotional wahrzunehmen was sie sagen. Crump betont, dass die Arbeit mit Vietnamveteranen mit Vorsicht und nur auf der Grundlage einer sehr guten Ausbildung in Psychopathologie und Gestalttherapie durchzuführen ist. Speziell das Timing der Interventionen erfordere ausreichende Erfahrung, da Gestaltinterventionen intensive Gefühle und Konflikte rasch an die Oberfläche bringen könnten. Deshalb ist es wichtig zu wissen, wann der Klient dazu bereit und in der Lage ist. Crump geht dabei wiederholt auf die tragende Funktion einer empathischen Beziehung und eines verlangsamten Tempos des therapeutischen Prozesses ein. Serok (1985) beschreibt die Gestalttherapie einer Holocaust-Überlebenden, sowie mit einem traumatisierten Soldaten des Yom-Kippur-Krieges. In Anlehnung an Polster (Polster & Polster 1975, zit. nach Serok 1985) war es dabei notwendig, Parallelen zur alten Situation in der Gegenwart herzustellen. Im Erinnerungsprozess wird auch die Geschwindigkeit der Erinnerung variiert, verlangsamt und der Verarbeitungsfähigkeit der Klientin angepasst, sowie ausreichend Support aufgebaut. Butollo (1998) schildert ausführliche und bewegende Fallbeispiele des Bosnienkrieges und liefert eine Vielfalt gestalttherapeutischer Interventionen. Jossen (2003) gibt ein anrührendes Beispiel für die Gestalttherapie bei einer multipel kriegs- und gewalttraumatisierten jungen Frau. Rothkegel (1996) berichtet über Gestalttherapie mit Folteropfern. Hoffmann-Widhalm (1999) beschreibt die Anwendung gestalttherapeutischer Prinzipien und auftretende Schwierigkeiten bei bosnischen Kriegsflüchtlingen in einem Flüchtlingslager. Kosijer (1998) schildert die Gestalttherapie mit einer Jugendlichen aus Bosnien. Heimannsberg & Schmidt (1992) legten eine Sammlung von Beiträgen vor, in denen sich eine Reihe von Therapeuten mit der deutschen Vergangenheit und ihrer eigenen Verwobenheit in die Geschichte des Nationalsozialismus auseinandersetzen.
Krankheit, Behinderung, Unfall
Strümpfel (1992) beschreibt Gestalttherapie bei Aids. Micknat (2002) analysiert traumatische Prozesse bei geistiger Behinderung aus einer gestalttherapeutischen Perspektive. Wirth (2003) untersucht Traumatisierungen bei Hörbehinderten, bzw. beschreibt Ressourcenarbeit bei Hörbehinderten aus gestalttherapeutischer Sicht (Wirth 2008b), bei der besonders Gruppentherapie für Hörgeschädigte (Wirth 2008a) eine große Rolle spielt. Pröpper (2007) legt eine Arbeit über die traumatisierenden Auswirkungen von Krebserkrankungen vor. Wolf (1998) und Butollo (2003, 3) beschreiben die Gestalttherapie bei U-Bahnfahrern, die Suizidanten überfahren hatten. Besonders strukturelle Störungen können als »Behinderungen« begriffen werden (Dreitzel 2004, Kommentar zu Schaubild 17). Dadurch ist eine Annahme des »So-Seins« im Sinne der paradoxen Theorie der Veränderung möglich. Gestalttherapeutische Aspekte von (Hör-) Behinderung werden in Wirth (2006) genauer ausgeführt.
Gruppentherapie
Soziale Bindungen gelten als der grundlegendste Schutz gegen Traumatisierungen (van der Kolk et al. 2000, 324). Van der Kolk et al. sprechen von einer »Trauma-Schutzschicht« (trauma membrane) die von Familien, Kollegen und Freunden geschaffen wird. »In Anerkennung dieses Bedürfnisses nach Zugehörigkeit als Traumaschutz herrscht jetzt weitgehende Übereinstimmung, dass der zentrale Punkt bei der akuten Krisenintervention die Bereitstellung und Wiederherstellung der sozialen Unterstützung ist (ebd.). Eine Form der Gruppentherapie wird oft als Behandlung der Wahl für sowohl akut als auch chronisch traumatisierte Individuen angenommen. Die gemeinsame Geschichte kann ein Gemeinschafts- und Zugehörigkeitsgefühl erzeugen. (…) In einer Gruppe mit Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, sind die meisten traumatisierten Personen schließlich in der Lage, die passenden Worte zu finden, um zum Ausdruck zu bringen, was mit ihnen geschah (ebd., 325).
Die Gruppenmitglieder stellen dabei gleichrangige Peers dar, die spezifisches Verständnis, Support, aber auch Kontrolle ermöglichen. Die therapeutische Zweierbeziehung kann in ihrem Machtgefälle als zu riskant erlebt werden. Auch innerhalb einer gestalttherapeutischen Beziehung hat der Therapeut die Definitions- und Auswahlmacht, (Portele 1994, 96f, Hutterer-Krisch 2001), wenngleich er immer wieder versucht, die Vision des »Heilens aus der Begegnung« (Trüb 1964 zit. nach Portele 1994, 104) Realität werden zu lassen. Die Gefahr der von Trüb »Begegnungsflucht« genannten Neurose des Therapeuten, bei der er die Ich-Du-Beziehung in eine handhabbare Ich-Es-Beziehung zu verwandeln sucht, erscheint angesichts der Schwere und der möglichen Angst des Therapeuten vor seinen eigenen durch Traumaberichte ausgelösten Gefühlen bei der Therapie für Traumabetroffene besonders hoch. Sie können auch Folge einer Macht-Ohnmacht-Reinszenierung oder mehr noch einer Macht-Gehorsam-Konstruktion sein (Portele & Roessler 1994, 143f). Bowman (2002) berichtet von den Wirkungen informeller gestaltorientierter Gruppenprozesse als Unterstützung der natürlichen Verarbeitungsprozesse nach dem 11. September.
Dissoziationen
Dissoziative Phänomene werden nach Butollo (1999) zunehmend als wichtige Faktoren der Entstehung oder Aufrechterhaltung einer PTBS erkannt. Votsmeier (1999, 716f) stellt das Konzept der Dissoziation innerhalb der Gestalttherapie bei strukturellen Störungen vor. Mit Yalom (1980, zit. nach Votsmeier 1999) bezeichnet er Dissoziationen als »intrapersonale Isolation«, als Prozess, bei dem Teile von sich selbst abgespalten werden. Das Ziel der Therapie ist es, den Klienten zu helfen, diese abgespaltenen Teile wieder zu integrieren (Votsmeier 1999, 716). Dabei hebt Votsmeier das Goldsteinsche Stressmodell (Goldstein 1965, zit. nach Votsmeier 1999) hervor. Dabei werden Teilbereiche der inneren Prozesse vom Rest des Systems entfremdet, abgespalten und isoliert (ebd., 717).
Abb. 5: Dissoziation
Deistler & Vogler – Dissoziative Identitätsstörung
Für die Therapie extrem und komplex traumatisierter und missbrauchter Klientinnen mit Dissoziativen Identitätsstörungen (Multiplen Persönlichkeitsstörungen) legten Deistler & Vogel 2002 eine bereits in 2. Auflage (2005) erschienene bemerkenswerte Einführung in ihre Arbeit vor. Dabei wird auf Modelle der Gestalttherapie und der Integrativen Therapie zurückgegriffen. Dissoziation wird innerhalb des Kontaktprozesses in Anlehnung an Zinker (1982, zit. nach Deistler und Vogler 2005) entweder als Kontaktunterbrechung zwischen Rückzugs- und Empfindungsphase angesehen, oder mit Teschke (1999 zit. nach Deistler & Vogler 2005) als Unterbrechung zwischen Empfindung und Gewahrsein verortet. Vor allem ist daher die Kontaktphase der Empfindung des Eigenen gestört und unterbrochen, die Person ist so auf die Abwehr von Gefahren konzentriert, dass die Wahrnehmung der Empfindungen nicht mehr gelingen kann.
Dissoziationsprozesse werden von den Autorinnen als wertzuschätzende kreative Prozesse angesehen, ohne die ein Überleben in einem unerträglichen, hoch traumatisierenden Umfeld nicht möglich