Zusammenarbeit im Betrieb. Klaus Boese

Zusammenarbeit im Betrieb - Klaus Boese


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Erwartungen an eine Person in einem sozialen System nennt man eine Rolle.

      Michael ist Ehemann, Vater, (wahrschein-lich auch noch Sohn, Bruder, Enkel), Mitfahrer, Kollege, Betriebsangehöriger, Schichtführer, Torwart, Freund und noch

      einiges andere. Er ist Mitglied in einer (nach oben nahezu offenen) Anzahl von Gruppen, und er spielt somit eine Anzahl von Rollen, muss die verschiedensten Er-wartungen erfüllen.

      Rolle: Summe der Erwartungen an eine Person in einem sozialen System.

      Position ist der Standort in einem sozialen Sys-tem

      Status = die Wertschätzung an eine Position

      Der Status z.B. einer Berufsgruppe ist natürlich nicht unbedingt einheitlich. Er ist von verschiedenen Faktoren abhän-gig. So ist z.B. das Bild von Politikern in der Öffentlichkeit nicht immer das Beste, wenn sie aber irgendwo erscheinen, wird der Verkehr umgeleitet, Ampeln ausge-schaltet und auch sonst kräftig gebuckelt.

      Aufgabe 27: Diskutieren Sie den Status der folgenden Berufe. Vergleichen Sie die Bedeu-tung des Berufes für die Gesellschaft mit der sozialen Anerkennung, die die Berufe jeweils erhalten:

      Straßenreiniger, Politiker, Krankenschwester, Showstar, Versicherungsvertreter, Lehrer, Arzt, Malermeister, Bischof, Großunternehmer, Gele-genheitsarbeiter, Meister für Bäderbetriebe.

      Bädermanagement - Grundlagen der Zusammenarbeit im Betrieb

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      Der Betrieb als System

      Vereinfachtes Betriebsmodell

      Hier sehen wir ein stark vereinfachtes Modell eines Betriebs. Die einzelnen Po-sitionen des Modells stehen untereinan-der in (Arbeits-) Beziehungen, z.B. Aus-bilder und Auszubildende. Vom Inhaber einer Position werden jeweils bestimmte Leistungen und Verhaltensweisen erwar-tet. Z.B. sollen Auszubildende pünktlich, höflich, lernbereit, u.v.m. sein. Ausbilder sollten Vorbild sein, usw. Die Summe dieser Erwartungen an eine Position ist eine Rolle (der Begriff kommt übrigens aus der Theatersprache). Der Status ei-ner Position ist der Ort auf einer sozialen Rangskala, der der jeweiligen Position zu-geschrieben wird. Es handelt sich dabei um die Wertschätzung, die der Position entgegengebracht wird.

      Aufgabe 28: Welche Rollenerwartungen werden an Sie bei Ihrer Arbeit gestellt? Sind Sie mit allen einverstanden?

      Was ist eigentlich ein System?

      Ein System ist ein Gebilde, das aus ein-zelnen Elementen besteht, die zueinan-der in Beziehung stehen, d.h. sie beein-flussen sich wechselseitig. Das System grenzt sich nach außen von der Umwelt ab, kommuniziert aber u.U. auch mit ihr. Das Ganze ist mehr als die Summe der Teile.

      Ein Sandhaufen ist kein System, da die einzelnen Elemente nicht untereinander in Beziehung stehen, ein Ameisenhaufen aber sehr wohl. Jede Ameise für sich ist wieder ein System, jedes Organ der Amei-se (haben die so was?) auch wieder. Je-der Mensch ist ein System, eine Gruppe ist ein soziales System.

      Interessante Versuche

      Sicher haben Sie schon einmal eine Fuß-ballübertragung gesehen, die auch einen Blick auf die Fanblöcke warf. Selbst bei gutartigem Verlauf eines Spieles sind hier Verhaltensweisen zu beobachten, die ein einzelner Fußballanhänger allein vor dem Bildschirm nie zeigen würde. Offenbar gelten hier in der großen Gruppe der Fan-kurve andere Regeln. An diesem Beispiel erkennt man aber auch, dass Gruppen nicht nur ihre eigenen Regeln haben, sie scheinen auch einen gewissen Schutz zu bieten (z.B. vor den Fans des gegne-

      Gruppenverhalten

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      rischen Vereins). Gleichzeitig üben Grup-pen auch einen gewissen Zwang aus. Es empfiehlt sich kaum, mitten in der Fan-kurve einen Torerfolg der anderen Mann-schaft zu bejubeln.

      Zum Thema Gruppenzwang wurden schon zahlreiche Experimente durchge-führt. (Der gesellschaftspolitische Hin-tergrund zu diesen Untersuchungen war u.a. der Versuch, die Geschehnisse in Deutschland zur Zeit des Nationalsozi-alismus verstehen zu können, man den-ke z.B. an die Goebbels-Rede 1943 im Berliner Sportpalast.) So wurden z.B. Testgruppen zusammengestellt, die die Aufgabe hatten, die unten dargestellten Längen zu vergleichen:

      Es handelt sich hierbei um eine bekann-te optische Täuschung. Normaler Weise sind die beiden Innenlinien exakt gleich lang, durch die Pfeile, die das eine Mal nach außen gehen und das andere Mal nach innen, wirkt die obere Figur kürzer als die untere. In diesem Fall wurde aber die obere Figur tatsächlich noch ein biss-chen gekürzt, so dass sie nicht nur kürzer erscheint, sondern auch wirklich kürzer ist. Es wurden Gruppen mit jeweils acht

      Testpersonen zusammengestellt, die die-se Aufgabe gestellt bekamen. In der Re-gel wurden die Schätzungen richtig abge-geben.

      Nun wurden andere Testgruppen zusam-mengestellt, die allerdings aus nur einer wirklichen Testperson und sieben Stroh-männern bzw. –frauen bestanden. Diese Strohleute behaupteten nun, die untere Linie sei kürzer als die obere. Und siehe da: Die wirklichen Testpersonen schlos-sen sich zwar keineswegs immer, aber doch wesentlich häufiger als im ersten Fall (als die Strohleute richtig schätzten) der offensichtlich falschen Meinung an. Ein typischer Fall von Gruppenzwang.

      Was ist eine Gruppe?

      Nicht jede beliebige Ansammlung von Menschen ist eine Gruppe. Eine Gruppe ist der Zusammenschluss mehrerer Men-schen, die sich gegenseitig beeinflussen und steuern und damit besondere zwi-schenmenschliche Beziehungen sowie einen inneren Zusammenhalt aufweisen.

      Was macht eine Gruppe aus?

      a) Sie hat ein Gruppenziel. Das kann z.B. gemeinsame Freizeitgestaltung, die Erreichung eines Schulabschlus-ses oder fünf Kilo in fünf Wochen ab-nehmen sein.

      Bädermanagement - Grundlagen der Zusammenarbeit im Betrieb

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      b) Es gibt ein Gruppenbewusstsein, ein „Wir-Gefühl“, das die Gruppenzusam-mengehörigkeit darstellt, z.B. bei Fan-gruppen von Fußballmannschaften, Klassenverbänden, Mannschaften. Die Mitglieder identifizieren sich mit der Gruppe.

      c) Es gibt Gruppennormen. Normen sind gemeinsame Standards für das eigene Handeln, was ist gut bzw. er-laubt, was ist schlecht oder verboten. Normen können z.B. sein: Fairness, den Ball nicht in die Hand zu nehmen (beim Fußball), den Ball nicht mit dem Fuß zu spielen (beim Handball), keine Drogen zu nehmen, Gewalt abzuleh-nen, u.v.m.

      d) Es gibt eine Gruppenstruktur. Nicht jedes Mitglied einer Gruppe hat die gleichen Aufgaben und somit werden auch verschiedene Anforderungen an die Einzelnen gestellt. Nehmen wir als Beispiel eine Fußballmannschaft: Tor-wart und Verteidigung sollen den „Kas-ten“ sauber halten, die Stürmer sollen die Tore schießen. Der Torwart darf in-nerhalb des Strafraumes den Ball in die Hand nehmen, er sollte aber nur selten am gegnerischen Strafraum auftau-chen. Es gibt „Manndecker“, die einen bestimmten Spieler der gegnerischen Mannschaft hautnah abschirmen und

      es gibt einen Mannschaftsführer, der bei Streitfragen mit dem Schiedsrichter verhandelt und der stets Vorbild sein sollte. Ähnlich verhält es sich auch mit anderen Gruppen. Überall herrscht eine bestimmte Aufgabenverteilung. Nicht jeder muss bzw. soll alles ma-chen. Es gibt verschiedene Rollen. Meistens gibt es einen Gruppenfüh-rer, der zu den meisten Mitgliedern der Gruppe einen guten Draht hat und dessen Autorität anerkannt wird. Zu Konflikten kann es kommen, wenn die Führungsposition umstritten


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